Thema: Wer ist und zu welchem Ende strebt ...Neuer Beitrag
Von: Parenthèse (bracket) Das Volk 05.11.2012 22:51 Uhr
"Liebe Hilde"

Lieber Erich, lieber Enver, lieber Josef Wissarionowitsch ...

Ralf, du wärst dir wahrscheinlich sogar für sowas nicht zu blöde ...
Von: Nein. Kernsozialistische Partei 24.10.2012 12:37 Uhr
Liebe Hilde,

nun kam ich endlich dazu, deinem Text die nötige Aufmerksamkeit zu widmen. Es ist immer noch für mich ein schwieriger Text. Du stellst "den Sozialrevolutionär" als eine Person vor, die ich mal frech als Praktiker des Kommunismus bezeichnen würde. Klar, Ismen gibt es reichlich und Definitionen sind in Überzahl zur Hand. Nähern wir uns dem Begriff mal von der Intention der Akteure her.

Zu Marxens Zeiten und in veränderter Weise auch heute ist das Leben in der modernen europäischen Gesellschaft unnötig schwer. Obwohl von Jahr zu Jahr die Fähigkeit der Menschen in dieser Gesellschaft von Arbeitsteilung, Privatbesitz und Konkurrenz wächst, nie dagewesene Güterberge zu produzieren, nie gekannte Medizin zu erzeugen, immenses Wissen und Kulturgut fast beliebig zu verbreiten, haben die meisten Menschen doch ihre liebe Not mit dem ganz normalen Auskommen über Monat und Jahr, mit dem Aushalten immer größerer Anforderungen an sie. Dieser eklatante Widerspruch stachelt die Revolutionäre. Sie haben bemerkt, dass auch die härtesten Lohnkämpfe keinen Ausweg zeigen, dass Bildung und Anstrengung nur im Einzelfall einen Aufstieg auf der Leiter bedeutet, aber nicht die unteren Ränge verschwinden lassen. Mit Marx kennen sie einige Erklärungen und Gründe, warum das so ist. Sie meinen, in einer anderen Ordnung besser zu fahren, das Notwendige gemeinsam und planvoll tun um möglichst viel Zeit und Güter für die individuelle Lebensgestaltung zu gewinnen, die die Gesellschaft dann weiter auch nichts angeht. An diesem Programm wird der Praktiker das Geschehen messen, wenn er aufhören will, irgendwelchen Ismen und Philosophen hinterherzuwanken.

Du sagst, "Im Zentrum des Strebens steht nicht der Mensch, sondern ein Kollektiv." Wenn das so ist, dann ist die Agenda der jeweils am Drücker befindlichen Gruppen offenbar eine falsche. Ja, das technisch mögliche Niveau gibt es nicht ohne Kooperation. Das Individuum bringt die Güterberge nicht allein hervor, auch nicht seinen Anteil daran. Aber nein, die Gemeinschaft ist nicht der Zweck, sondern die Methode, den Zweck zu befördern: Mit möglichst wenig gemeinsamer, zusammen verabredeter Arbeit die Mittel herzustellen, damit so rücksichtslos wie möglich jeder das seine tun kann und die nötigen Dinge dazu hat. Ich denke, das siehst du ähnlich, wenn du schreibst:

"Der Sozialrevolutionär begreift den konkreten Menschen als ein Einzelwesen, das dennoch ohne ein Kontinuum nicht existieren, mehr noch: als ein Einzelwesen, das ausschließlich in einem Kontinuum ein Einzelwesen sein kann."

Die Theoriescheißer können sich Axiome und Imperative noch und nöcher ausdenken, der einzige Imperativ des Menschen bleibt sein Wille und sein Streben, diesen umzusetzen. Das gemeinsame Handeln als probates Mittel dazu zu begreifen und der heutigen Klassenordnung innerlich in Gedanken wie schließlich in Taten eine Absage zu erteilen, weil sie zu diesem Zweck nichts taugt, das muss jeder für sich schaffen. Agitation, Argumentation, Anschauung und zur Not auch mal ein Tritt vors Schienbein können da anregen, aber letztlich bleibt es eine individuelle Leistung. Die gemeinsame Veränderung der Gesellschaft ist letztlich also Privatsache ihrer Glieder. Und das ist gut so.
Von: Parenthèse (bracket) Das Volk 24.10.2012 00:04 Uhr
Kleider sind schon wichtig.
Von: Irre Das Volk 23.10.2012 23:49 Uhr
Um eure semantische Debatte um Namen, Schall und Rauch kurz zu unterbrechen, werfe ich mal eben schnell meine zwei Hauptkritikpunkte an dem Text in den Thread.

Zum einen halte ich das Begründungsschema zur Ablehnung der Kritischen Theorie für nicht schlüssig, da als Hauptgrund hierfür die Existenz positiver Aussagen als voraussetzende Bedingung von jedweder Diskursfähigkeit postuliert wird. Einen Diskurs kann ich aber auch mittels negativer Aussagen über das Abzuschaffende führen, wodurch der Communismus auf dessen Negativfolie darstellbar würde. Und darüberhinaus halte ich auch die These für kritikabel, dass die Bedeutung des Communismus in dessen Diskursivität liegen soll. Weder der Kapitalismus noch der Communismus können ihrem Wesen nach auf einen Diskurs reduziert werden, sondern sind/wären in erster Linie ganz praktische und materielle Veranstaltungen.

Und mein zweiter etwas weniger gewichtiger Kritikpunkt wäre die in dem Text vorgenommene Verwechslung respektive Identifizierung von Marx und dem Marxismus (in dessen Form als "wissenschaftlicher Sozialismus").


Nun denn, soviel von mir zu dem ansonsten recht gefälligen Text. Ich mache mir dann jetzt erstmal ne neue Kanne Kaffee und schaue weiter eurer Debatte um des Kaisers Kleider zu. ;-)
Von: Parenthèse (bracket) Das Volk 23.10.2012 22:11 Uhr
Mannomann. Ja. Du wählst doch nicht unwissend in diesem Forum und mit deinen Anliegen diesen Namen. Heiße auch dein Goldfisch so, oder deine Nachbarin oder sei eine Zufallsoperation daran Schuld. Dir ist die besondere Person bekannt, die diesen Namen trug - und du willst damit eine Wirkung erzielen. Da muss wirklich nicht weiter drumherum laviert werden.
Von: HildeBenjamin Das Volk 23.10.2012 22:02 Uhr
Das bedeutet nun: Entscheidend ist nicht, was gesagt wird, sondern entscheidend ist, wer etwas sagt. Fragezeichen.
Von: Parenthèse (bracket) Das Volk 23.10.2012 21:54 Uhr
Gehen wir jetzt mal nicht zu weit weg. Ich bin kein bedingungsloser Verehrer von Rosa Luxemburg.

Du möchtest hier bei dol, seit deinem Eintritt mit diesem Account, zu einem, sagen wir, im weitesten Sinne, sozialistischen Diskurs beitragen. Dein Text hier hat ja interessante Sätze, über die bei einem Tässchen Tee engagiert zu plaudern sein könnte.

Aber: Absender spielen eine Rolle beim Austausch von Worten. Wollte hier mit mir jemandem über sozialistische Perspektiven der Sozialpolitik reden wollen, der sich PeterHartz nennen würde - ich gebe es zu - ich hätte gewisse Vorbehalte. Gäbe jemand ein Traktat zu lesen mit dem Titel "Gegen die Gewalt des Staates" und er sendete seine Worte unter dem Namen "Gustav Noske" - ja - es machte mich auf eine bestimmte Weise voreingenommen.

Kurzum - micht interessiert, bevor ich über Elaborate rede, die Urheberschaft, der Sinn hinter einem Pseudonym, die Richtung, aus der die Worte kommen.
Von: HildeBenjamin Das Volk 23.10.2012 21:22 Uhr
... auch wenn die geistige Verbindung zwischen zwei Namen ein und dieselbe sein kann.
Von: Parenthèse (bracket) Das Volk 23.10.2012 21:16 Uhr
Ja, in der Tat, Namen sind nicht nur Schall und Rauch.
Von: HildeBenjamin Das Volk 23.10.2012 21:07 Uhr
Hätte ich mich doch bloß Rosa Luxemburg genannt ...
Von: Parenthèse (bracket) Das Volk 23.10.2012 17:25 Uhr
War Hilde Benjamin eigentlich Sozialrevolutionärin, und wenn ja, zu welchem Ende hat ihr Engagement geführt?
Von: Nein. Kernsozialistische Partei 22.10.2012 18:03 Uhr
Das hat aber mehr Absätze und Überschriften. Ich nehm mir die Tage mal Zeit - ist heute alles irgendwie scheiße.
Von: HildeBenjamin Das Volk 22.10.2012 15:49 Uhr
Das ist nicht einmal ein Drittel der Länge des KSP-Programms ... ;)
Von: Nein. Kernsozialistische Partei 22.10.2012 15:33 Uhr
tl;dnr
Von: HildeBenjamin Das Volk 22.10.2012 14:41 Uhr
... ein Sozialrevolutionär?

Teil I

"Ein Gespenst geht um in Europa - das Gespenst des Kommunismus." Auch nach über 160 Jahren hat dieses geflügelte Wort, mit dem Marx und Engels seinerzeit ihr "Manifest der Kommunistischen Partei" einleiteten, nichts an Aktualität eingebüßt. Einzig die geographische Eingrenzung gilt so heute nicht mehr: Der Kommunismus ist längst ein weltweit gefürchtetes Gespenst geworden.
Hierin zeigt sich jedoch auch die traurige Realität, die mit diesem Satz beschrieben wird: Der Kommunismus ist lediglich "Gespenst", d.h. unkörperliches und übernatürliches Geistwesen, das rational nicht zu fassen ist, dem menschlichen Verständnis also verborgen bleibt, und deshalb Angst und Schrecken verbreitet. So ist es ganz natürlich, dass die Meinungen darüber, was genau nun als "Kommunismus" zu gelten habe, im politischen Diskurs meilenweit auseinanderliegen und der Kommunismus faktisch wie ideell recht eigentlich gar nicht existiert: Wo die einen in der ehemaligen Sowjetunion, in China oder Choson-Korea seine Verwirklichung sehen wollen, da sehen die anderen nur Stalinismus, Maoismus und Juche-Ideologie. Wo die einen ihn in Vietnam, Kambodscha oder Osteuropa ausgemacht haben wollen, da gibt es für die anderen nur Nationalbolschewismus, Agrarianismus und Militärdiktaturen. Und wo die einen hoffnungsvoll nach Afrika oder Südamerika blicken, um wenigstens hier einen Funken Kommunismus zu erhaschen, da dekonstruieren die anderen diese Hoffnung als Produkte und Spätausläufer bourgeoiser Kolonialmacht, als Nachkommen des kriegerischen Imperialismus, der kapitalistischen Landnahme. Kurzum: Die Gespensterjäger wissen selbst nicht, was sie wo suchen sollen oder gar wollen.
Und dennoch gibt es eine Gemeinsamkeit all derjenigen, die den Kommunismus suchen. Denn jenseits all der Zersplitterung und Zerstückelung, jenseits von Fraktionierung und Frakturierung, jenseits von Zwiespalt und Zwietracht gibt es einen Punkt, in dem echter Konsens herrscht. Dies paradoxerweise gerade in der Frage, die zugleich am einfachsten und doch am schwierigsten zu beantworten ist: Was ist der Kommunismus? Die Antwort: Die klassenlose Gesellschaft.
Doch schon die Folgefrage - "Was darf ich mir darunter vorstellen?" - birgt den Samen der Spaltung in sich. Wo beispielsweise Lenin durch seine Marx-Exegese zum Schluss kam, dass dies die flächendeckende Kombination aus Rätedemokratie und Stromnetz sei (demnach war die Sowjetunion übrigens nie kommunistisch), da treten ihm die Ikonoklasten der Kritischen Theorie entgegen und negieren die Möglichkeit, mit Marx irgendeine positive Aussage zu dieser Gesellschaft tätigen zu können.
Der Sozialrevolutionär nun, obgleich auch er den Kommunismus als die klassenlose Gesellschaft begreift und anstrebt, widerspricht beiden Seiten. Es ist nicht damit getan, irgendwelche formalen oder materiellen Geschenke zu verteilen - der Kommunismus kennt keine eigene Staatsform. Und wenn der Kommunismus als Wirklichkeit in die Geschichte treten soll, dann muss ein vernünftiger Austausch über ihn möglich werden - damit gerade auch positive Aussagen über ihn. Das heißt nun nicht, dass man ihn in jedem einzelnen Detail beschreiben und darstellen können muss; doch die Essenz, seine Substanz muss verständlich sein. Anderenfalls ist kein Diskurs möglich und der Kommunismus wird bedeutungslos.

Was bedeutet es also, von der "klassenlosen Gesellschaft" zu sprechen? Es bedeutet zunächst, zwei eigentlich gegensätzliche Dinge unter einem gemeinsamen Dach zu vereinigen. "Klassenlos" heißt, den Menschen jenseits kollektiver Notwendigkeit - sei sie nun materiell, juristisch oder biologisch konstruiert - anzusehen. Ihn also als Einzelwesen, als Individuum zu begreifen. "Gesellschaft" wiederum heißt, den Menschen in der Gruppe seiner Mit-Menschen zu verorten. Ihn also in einen Zusammenhang zu stellen, als Teil eines Kontinuums zu begreifen. Es ist dies die uralte Spannung, die uns in der abendländischen Philosophie als Gegensatz zwischen Parmenides und Heraklit, zwischen Atomismus und Pneumatismus begegnet, und die mittlerweile ebenso in den politischen Diskurs wie auch in die moderne Physik - vermittels der Spannung zwischen Quantenmechanik und Relativitätstheorie - Eingang gefunden hat. Im 19. Jahrhundert trat dieser Gegensatz durch die Bildung von Parteien (von lat. pars - der Teil) deutlich in den Vordergrund. Gemeinhin wird seitdem grob zwischen dem Sozialismus und dem Liberalismus getrennt, die beide je zu einem Pol in dieser Spannung tendieren: der Sozialismus zum Kontinuum, der somit das Etikett des Kollektivismus' trägt; der Liberalismus zum Einzelwesen, der somit das Etikett des Individualismus' trägt. Freilich ergeben sich in der Praxis erhebliche Grauzonen, und in einem unumkehrbaren Widerspruch stehen beide Zweige mitnichten. So konstatierte beispielsweise der liberale Vordenker Ludwig von Mises, dass sich Sozialismus und Liberalismus hinsichtlich des angestrebten Ziels nicht unterscheiden würden, während der anarchistische Zweig innerhalb des Sozialismus das Individuum von aller eingrenzender Notwendigkeit befreien möchte.
Es ist Karl Marx zu verdanken, dass die Konnotationen im zeitgenössischen Diskurs so sind wie sie sind: der Sozialismus und das Kollektiv, der Liberalismus und das Individuum. Die Kategorie der sozio-ökonomischen Klasse, die er mit dem "wissenschaftlichen Sozialismus" einführte, mag zwar ein praktikables Instrument der Kritik der herrschenden Verhältnisse gewesen sein. Doch als Grundlage eines politischen Faciendum kann sie nur eine Schieflage herbeiführen: Im Zentrum des Strebens steht nicht der Mensch, sondern ein Kollektiv. Die "Diktatur des Proletariats" ist unfähig, die klassenlose Gesellschaft hervorzubringen; sie kann nur dazu führen, eine bestimmte Klasse als Norm zu definieren, die sämtliche Menschen absorbiert und folglich eine Zwingherrschaft über sie etabliert. Der vermeintlichen Herrschaft des Individuums - namentlich des kapitalistischen Unternehmers - stellt sie die Herrschaft eines zum Individuum erhobenen Kollektivs entgegen, in welchem der Einzelne nurmehr ein Zahnrad in der großen Maschine, ein Atom im sinn-los umherwabernden Molekül darstellt. Doch auch die Kehrseite führt in die Leere: Prominent vor allem durch die Anhänger des Hedonismus betrieben, soll das Individuum unumschränkt verwirklicht werden. Alles, was dieser Verwirklichung im Wege steht, jegliches Ding, das dem Individuum irgendeine Beschränkung auferlegen könnte, wird negiert und bekämpft. So wird der Einzelne zu seinem eigenen Kosmos, er bleibt infolge jedoch all-eine und isoliert, unfähig zur Beziehung mit einem anderen, damit auch entfremdet von seinen Mitmenschen. Im Zentrum des Strebens steht nicht der Mensch, sondern eine Emanzipation als Selbstzweck, welche den Menschen letztendlich von sich selbst emanzipiert (ihn also aus der Verfügung über sich selbst "befreit").
Der Sozialrevolutionär nun - obgleich er sowohl das Einzelwesen wie auch das Kontinuum, in welchem es sich befindet, als Realität anerkennt - stellt nicht irgendein Abstraktum, sei dies die Geschichte, die Klasse, die Nation, der Staat oder gar die Emanzipaton, in den Mittelpunkt seines Strebens, sondern den konkreten Menschen. Dieser ist es, der einen Zweck an sich und für sich, also einen Selbst-Zweck darstellt. Der Sozialrevolutionär begreift den konkreten Menschen als ein Einzelwesen, das dennoch ohne ein Kontinuum nicht existieren, mehr noch: als ein Einzelwesen, das ausschließlich in einem Kontinuum ein Einzelwesen sein kann. Die Frage, die im Anschluss an Mises (siehe oben) gestellt werden muss - "Welcher Weg ist der richtige: Zuerst Freiheit, dann Gleichheit (Liberalismus), oder zuerst Gleichheit, dann Freiheit (Sozialismus)?" -, stellt sich für den Sozialrevolutionären als Tautologie dar, da dem konkreten Menschen, diesem Selbst-Zweck also, die Freiheit Gleichheit und die Gleichheit Freiheit ist. Das ist allerdings nur der Fall, weil der Sozialrevolutionär ein Menschenbild teilt, welches einzigartig aus der Philosophiegeschichte heraussticht: er sieht den konkreten Menschen als Person.

Was bedeutet das? Es heißt: Der Mensch ist nicht nur Individuum als kleinste unteilbare Einheit in einem großen Ganzen, sondern hier, durch dieses Individuum, tönt etwas Einzigartiges hindurch (lat. per-sonare). Etwas, das diesem Individuum die Fähigkeit zur Urheberschaft verleiht, es also zum handelnden Subjekt macht. Etwas, das ihm Verantwortung ermöglicht, ihm also die Fähigkeit zur Vereinigung verleiht, da es gleichsam Teilhaber der Fähigkeit zu Verzicht und Hingabe ist. Nur ein handelndes Subjekt kann antworten. Nur wer auch auf das Reden verzichten kann, ist fähig zur Antwort. Und nur wer seine Antwort hingibt, der kann kommunizieren, d.h. Vereinigung praktizieren.
Freilich ist dieses Menschenbild nicht zwingend in dem Sinne, dass es sich aus dieser oder jener Untersuchung oder empirischen Erhebung ableiten ließe. Im Gegenteil: Es ist vielmehr Voraussetzung für solcherlei Untersuchungen, denn nur wo der Mensch als Person gedacht wird, da kann er nach Verständnis streben, da kann er tatsächlich Verstehen, d.h. "mit Stand versehen", denn dieses funktioniert nur dort, wo man - als handelndes Subjekt - die Fähigkeit besitzt, auf einen eigenen Standpunkt auch zu verzichten.
Zwingend wird dieses Menschenbild gleichwohl, wenn es wirklich um die klassenlose Gesellschaft geht. Es ist der Person vorbehalten, als Einzelwesen in eine Beziehung zu treten und somit als Individuum innerhalb eines Kontinuums zu existieren, also die beiden Gegensätze neben- und bei-einander zu leben, sie letztlich realiter zu vereinen. Alle Bemühungen, die klassenlose Gesellschaft auf der Basis eines Abstraktums zu verwirklichen, sind in dieser Hinsicht defizitär, da sie den Menschen nur bruchstückhaft, nicht aber in seiner Gesamtheit wahrnehmen und ihm letztlich kein Ansehen als Person, d.h. keine Würde zusprechen. Nur die Person kann die klassenlose Gesellschaft hervorbringen. Die Person zu verwirklichen heißt, die klassenlose Gesellschaft zu verwirklichen.