Lieber Doler!
Heiß umfehdet, wild umstritten
Liegst dem Erdteil du inmitten,
Einem starken Herzen gleich.
Hast seit frühen Ahnentagen
Hoher Sendung Last getragen,
Vielgeprüftes Österreich,
Vielgeprüftes Österreich.
So lautet die dritte Strophe der österreichischen Bundeshymne und das erscheint mir nicht nur im Geiste der Zeit (1946) als Paula Preradović diese Zeilen schrieb passend, sondern erst recht in unseren Tagen, wo es sehr rund zugeht und viele wichtige Entscheidungen zu treffen sind.
Wir haben in den letzten Tagen einiges erlebt und durchlebt in diesem Land. Zuerst dachten wir es kommt eine Koalition der christdemokratischen, sozialdemokratischen und der liberalen Kräfte. Doch diese konnten sich nicht einigen, wie man den Weg gehen soll, den wir nun gehen müssen. Wo soll gespart werden, wie soll gespart werden und wo sollen die Steuern erhöht werden, damit der Haushalt wieder in Ordnung kommt. Welche Maßnahmen muss man setzen, damit die Wirtschaft wieder läuft. Wie bekommt das Pensionssystem und das Sozialversicherungssystem zukunftsfit.
Wir wissen alle, dass sich die Parteien gegenseitig der Blockade beschuldigt haben und ich habe hier schon Links der Neos und auch der Volkspartei eingestellt. Wobei es für mich spannend war, dass die Neos sich beim ÖVP-Obmann sowie Klubobmann für das Klima bedanken und nicht bei den Sozialdemokraten. Das ließ auch bei mir die Glocken läuten, dass es wohl nicht so gut um das Klima bestellt ist, wie man dachte und wie uns erzählt wurde. Anscheinend war auch der Bundespräsident sehr überrascht.
Rasch wechselte auch die ÖVP ihre Meinung über Kickl, dass dieser ein untragbarer Mensch wäre und seine Positionen zu radikal und untragbar sind. Gewiss wird das einige verstören und gewiss wird ihr das noch lange nachhängen.
Wobei es noch immer nicht gesagt ist, dass diese Regierung (blau-schwarz) kommt und man noch abwarten muss. Es gibt einige Punkte, die sich noch als Knackpunkte herausstellen könnten und am Ende könnten wir dann in einem Monat dort stehen, wo wir heute stehen. Ich denke hier an die Politik zu Russland und ich denke hier an das Beschaffungsprogramm Skyshield.
Persönlich denke ich, dass es besonders schwierig gewesen wäre eine solche Koalition, wie sie angedacht war und an der seit Herbst gearbeitet wurde, auch arbeitsfähig umzusetzen. Zu sehr habe ich noch die Jahre 2007 bis 2017 in Erinnerung, wo die Volkspartei und Sozialisten keine Gelegenheit ausgelassen haben sich gegenseitig zu foulen. Wo man Leute vorschickte, um Ministerratsbeschlüsse zu blockieren und wo man auch über Vororganisationen wie Kammern und Gewerkschaften spielte, wo die Ministerialdemokratie eingesetzt wurde um die eigenen Leute zu stoppen, wenn sie sich zu weit in die Richtung des Gegners bewegte und Ministerkabinette die Fouls legten. Wo man sich gegenseitig nicht die Butter am Brot gönnte und jeder Erfolg, der den anderen dienen könnte bei seiner Klientel blockierte, unterlief und sich foulte.
Das fing schon 2007 an, als man dem sozialdemokratischen Kanzler ausrichtete, dass er ein Irrtum der Geschichte ist und man es auf rasche Wahlen anlegt, um diesen Fehler zu beseitigen.
Dieser Stil und diese Art hat die Freiheitlichen unter Strache erst wieder groß gemacht und dieser Stil hätte wohl auch das Wachstum der Freiheitlichen unter Kickl weiter gefördert, die aktuell bereits mit 35-37 Prozent in den Umfragen und somit weiter über ihrem Ergebnis von Herbst gehandelt wird.
Ich denke auch, dass man nicht vergessen darf, dass es einer Partei wie ÖVP, die doch breit im Bereich der Mitte bis Mitte-rechts aufgestellt ist, wohl auch nicht wirklich gutgetan hätte, mit einer Koalition mit zwei Linksparteien. Vor allem nicht unter den oben beschriebenen Bedingungen und auch nicht mit einer SPÖ, die meines Erachtens weit nach links gerutscht ist und nichts mehr gemein hat mit der SPÖ unter Vranitzky und Lacina, mit der man auch Projekte, wie die Abschaffung der Vermögenssteuer angehen konnte, da diese eine Bagatellsteuer auf Silberlöffel war, die kaum etwas brachte. Hier träumt die SPÖ von Beträgen, die nicht zu holen sind. Babler ist wohl niemand, mit dem eine heutige Volkspartei einen Staat machen kann und es ist wohl auch zu hinterfragen, ob er nicht so weit links wie Kickl rechts steht. Womit die Frage aus Sicht der Volkspartei ist, mit wem soll es überhaupt noch gehen?
Das ist wohl ebenso eine Frage der Zeit. Das Land darf nicht regierungsfrei und handlungsunfähig sein. Man ist Bestandteil eines Europas, welches auf jeden einzelnen Staat angewiesen ist, gerade in diesen Zeiten, wo wir einen Krieg im Osten haben und nicht wissen, was jener Staat treibt, der eigentlich von uns immer als Anker und Rückhalt nach 1945 gesehen wurde.
Zudem für mich persönlich sich auch die Frage stellt, ob in einer Regierung mit rot die Volkspartei nicht nach rechts ausrinnt. Diese Gefahr muss man einfach sehen und dann kommt die FPÖ noch stärker raus. Das ist rein parteistrategisch gedacht, aber eine Frage, die sich auch andere stellen sollten, weil das sich natürlich auch auf die Mehrheitsverhältnisse und Möglichkeiten auswirkt.
Daher denke ich, es ist nicht unbedingt der falsche Weg, wenn auch natürlich nach den Worten der letzten Monate mit einem Glaubwürdigkeitsproblem behaftet, wenn man nun den Weg zur FPÖ aufmacht.
Vielleicht wäre es vernünftiger gewesen, wenn man zuerst mit der FPÖ gesprochen hätte, weil dann hätte die ÖVP die SPÖ als Karte in der Hand gehabt und somit einige Punkte besser verhandeln können. So steht sie nun mit dem Rücken zur Wand und muss wohl oder übel vieles schlucken, will sie es nicht auf Neuwahlen anlegen, welche die FPÖ noch stärken machen würden.
Daher kann ich meine persönlichen Gedanken nur mit der Bitte an die handelnden Personen abschließen, dass sie es schaffen einen vernünftigen gegenseitigen Umzug aufzubauen und sie es auch schaffen, dass man etwas für das Land tut. Man wurde gewählt, weil etwas für das Land geschehen soll und nicht für Befindlichkeiten, die man untereinander pflegt. Was bis jetzt war, muss vergessen sein. Herr Kickl darf nicht mehr beleidigt sein, weil er 2019 als Innenminister von der ÖVP in Zusammenarbeit mit dem Bundespräsidenten abberufen wurde und die Volkspartei darf nicht jedes Wort aus dem Wahlkampf nachtragen. Nur so kann etwas für das Land geschehen und nur so kann man etwas gestalten.
Natürlich muss die FPÖ da und dort auch Kompromisse eingehen und wir nicht alles umsetzen können, was sie sich so ausdenkt. Sie muss auf die anderen zugehen und muss aus der Rolle einer Fundamentalopposition rausfinden. Wenn sie von einem ehrlichen und geraden Umgang spricht, dann muss sie das auch mit Leben erfüllen, wenn sie wirklich die Partei der Leute sein will, wie immer propagiert.
Man darf also gespannt sein, wie es weiter geht und man darf wohl auch hoffen, dass die Vernunft auch mal alle österreichischen Parteihauptquartiere findet.
Es geht um das Land und seine Zukunft.
Euer Kanzler
EvaHulzinger[09.01.2025 04:40]