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Fragenübersicht Der frühere Präsident der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, ist tot. - Wie beurteilst du sein politisches Lebenswerk?
1 - 20 / 25 Meinungen+20Ende
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30.08.2022 22:51 Uhr
Ohne ihn wäre wohl vieles nicht möglich gewesen, was dann so eintrat. Er selbst wollte wohl das System reformieren und nicht zerstören und hat aber dann doch die Möglichkeiten geöffnet, die dann Europa die Freiheit gab. Sein politisches Ende war wohl in Anbetracht seines Lebenswerkes sehr unwürdig. Leider haben die Umstände es wohl nicht anders zugelassen. Einerseits die Reformer, die mehr und schneller sein wollten, andererseits die Bewahrer. Er wurde hier wohl zerrieben und Jelzin hat ihn wohl auch fest gelinkt.

Für mich ist er sicher einer jener, der zu den Großen des 20. Jhdt zählt.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 30.08.2022 22:54 Uhr. Frühere Versionen ansehen
30.08.2022 22:52 Uhr
Oh mein Gott, sie haben Michail Gorbatschow getötet. Bastarde! Und das ausgerechnet in Zeiten wie diesen.

Aber sein Wirken bewerte ich natürlich wohlwollend. Er hat den Kommunismus stark geschwächt, auch wenn das nicht seine Absicht war.
30.08.2022 22:53 Uhr
Zitat:
Ohne ihn wäre wohl vieles nicht möglich gewesen, was dann so eintrat. Er selbst wollte wohl das System reformieren und nicht zerstören und hat aber dann doch die Möglichkeiten geöffnet, die dann Europa die Freiheit gaben. Sein politisches Ende war wohl in Anbetracht seines Lebenswerkes sehr unwürdig. Leider haben die Umstände es wohl nicht anders zugelassen. Einerseits die Reformer, die mehr und schneller sein wollten, andererseits die Bewahrer. Er wurde hier wohl zerrieben und Jelzin hat ihn wohl auch fest gelinkt.

Für mich ist er sicher einer jener, der zu den Großen des 20. Jhdt zählt.


Diese Meinung ehrt dich Nuberl!
Das hätte ich so nicht erwartet.

Chapeau!
30.08.2022 22:55 Uhr
Überwiegend positiv, da er die deutsche Wiedervereinigung durch seine Politik erst ermöglicht hat.

Außerdem hat er Möglichkeiten geschaffen den kalten Krieg zu beenden, um zu echten
und nachhaltigen Entspannungen kommen.

Er war NICHT der Bestatter der Sowjetunion, er hat versucht sie zu retten.

Das ein Faschist, Kriegsverbrecher und Völkermörder wie Putin jetzt Russland zurück in die Isolation befördert, wird ihm in seinem Grab nicht zur Ruhe gereichen.
31.08.2022 00:12 Uhr
So ein Zufall, ich hatte heute noch an ihn gedacht.

Sein Wirken ist aus unserer heutigen Perspektive natürlich sehr positiv zu bewerten.

Eigentlich hatte Russland in seiner ganzen Geschichte nur zwei gute Anführer, Gorbatschov und Jelzin. Alle anderen waren oder sind Despoten.
31.08.2022 00:44 Uhr
Ein Held meiner jungen Jahre. Möge er in Frieden ruhen. Als Reformer der SU kam er leider 20 Jahre zu spät.
31.08.2022 01:20 Uhr
Es ist die gängige Mode, Gorbatschow für seine Demokratisierungen zu loben und für die Freiheit, die er Europa beschert habe.

Letzteres war aber überhaupt nicht sein Ziel gewesen. Die Freiheit hätte er ja nicht "erkämpft". Ihm ist wohl eher das gesamte System unter der Hand weggebroselt und am Ende hat er praktisch seine gesamte Sowjetunion opfern müssen. Oder besser gesagt: Er hat sie ausliefern müssen. Aus dem Erbe der Sowjetunion haben sich dann verschiedene Diadochen ihre eigenen Anteile herausgerissen: die Parteichefs der Republiken wurden zu absolutistischen Herrschern. Es ist ja ein schlechter Witz, was für absurde Diktaturen die mittelasiatischen Republiken wurden. Und die RSFSR, also Russland, übernahm der KGB.

Es ist von Gorbatschows politischem Erbe praktisch nichts übrig geblieben. Und Gorbatschow hat sich diese Tatsache später dann schöngelogen.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 31.08.2022 01:21 Uhr. Frühere Versionen ansehen
31.08.2022 01:24 Uhr
Zitat:
Eigentlich hatte Russland in seiner ganzen Geschichte nur zwei gute Anführer, Gorbatschov und Jelzin.


Gorbatschow - meinetwegen. Jelzin - sicherlich nicht.
31.08.2022 01:34 Uhr
Zitat:
Es ist die gängige Mode, Gorbatschow für seine Demokratisierungen zu loben und für die Freiheit, die er Europa beschert habe.

Letzteres war aber überhaupt nicht sein Ziel gewesen. Die Freiheit hätte er ja nicht "erkämpft". Ihm ist wohl eher das gesamte System unter der Hand weggebroselt und am Ende hat er praktisch seine gesamte Sowjetunion opfern müssen. Oder besser gesagt: Er hat sie ausliefern müssen. Aus dem Erbe der Sowjetunion haben sich dann verschiedene Diadochen ihre eigenen Anteile herausgerissen: die Parteichefs der Republiken wurden zu absolutistischen Herrschern. Es ist ja ein schlechter Witz, was für absurde Diktaturen die mittelasiatischen Republiken wurden. Und die RSFSR, also Russland, übernahm der KGB.

Es ist von Gorbatschows politischem Erbe praktisch nichts übrig geblieben. Und Gorbatschow hat sich diese Tatsache später dann schöngelogen.


Ich finde das trifft es ganz gut. Für ein paar Jahre haben wir von diesem Zerfallsprozess profitiert. Das macht ihn für viele bei uns zum Helden. Aus meiner Sicht ist das übertrieben.
31.08.2022 06:34 Uhr
Ich würde aber noch nachwerfen, dass es wohl auch einzupreisen wäre, dass sich Gorbatschow gewandelt hat im Rahmen seines politischen Lebens. Er war sicher ein gläubiger Kommunist als er in das Amt reinging, am Ende war er dann wohl schon mehr am Weg zum Sozialdemokraten als er wieder rauskam.

Es ist auch richtig, dass er wohl reformieren wollte und vieles anders lief als er dachte, aber ich würde sagen, er hätte sich auch stemmen können. Er hat die Breschnew-Doktrin aufgehoben. Er hat in der Sowjetunion selbst Demokratisierungsprozesse eingeleitet, wenn er auch hoffte, dass das noch unter dem Deckmantel lief, so hat er sich dann nie dagegen gestemmt, wenn das dann selbst entwickelnd über seine Vorgaben und Vorstellungen lief.

Er stemmte eine Aufgabe, die praktisch gesehen unmöglich war. Dafür hat er diese Aufgabe 7 Jahre gemeistert, ehe es vorbei war. 1991 wurde er von Jelzin gelegt, wie ich es sehe. Auch er beschreibt es so. Ich denke seine Sicht ist hier richtig.

31.08.2022 06:38 Uhr
Gorbatschow hat wichtige Reformen in der Sowjetunion angestossen, die seine Nachfolger vom Tisch gewischt haben und so den Zerfall der Sowjetunion besiegelt haben. Das heutige Gebilde der Nationalstaaten mit despotischen Herrschern verursacht die Probleme, an denen die Welt momentan zu knabbern hat.
31.08.2022 06:49 Uhr
Zitat:
Gorbatschow hat wichtige Reformen in der Sowjetunion angestossen, die seine Nachfolger vom Tisch gewischt haben und so den Zerfall der Sowjetunion besiegelt haben. Das heutige Gebilde der Nationalstaaten mit despotischen Herrschern verursacht die Probleme, an denen die Welt momentan zu knabbern hat.


Das kann man so sagen....wenn man es sich einfach machen will.

Bei dieser Betrachtung vergisst du den Westen komplett.
Das Sendungsbewusstsein der USA ist allgegenwärtig um die Welt zu beglücken.
Aber manche wollen nicht beglückt werden.
31.08.2022 06:52 Uhr
Ohne ihn wäre Deutschland nicht wiedervereint.

Ich finde das positiv.
31.08.2022 06:55 Uhr
Zitat:
Das kann man so sagen....wenn man es sich einfach machen will.

Bei dieser Betrachtung vergisst du den Westen komplett.
Das Sendungsbewusstsein der USA ist allgegenwärtig um die Welt zu beglücken.
Aber manche wollen nicht beglückt werden.


Zu Gorbatschow könnte man hier Seiten füllen. Sein Leben war vielschichtig und er hat tiefe Spuren hinterlassen. Die Rolle der USA ist ein Kapitel, das viele zusätzliche Seiten füllen würde. Dazu habe ich - zumindest um diese Uhrzeit - noch keine Lust.
31.08.2022 06:57 Uhr
Zitat:
Ohne ihn wäre Deutschland nicht wiedervereint.


Wiedervereint im Sinne von übernommen durch die Bundesrepublik. Es hätte etwas Gutes werden können, wenn man die DDR von innen heraus reformiert hätte. Davon hätte auch die BRD nachhaltig profitiert.

31.08.2022 07:54 Uhr
Er hat die richtigen Schlussfolgerungen aus dem. Niedergang der Sowjetunion gezogen: vorsichtige Demokratisierung statt zentralistischer Diktatur, Beendigung des Afghanistankriegs, Einleitung umfassener Abrüstungsgespräche mit den USA statt andauernder Aufrüstung, vorsichtige Öffnung der Wirtschaft statt fortdauernder Rezession. Leider blieb ihm zu wenig Zeit, um seine politischen Vorstellungen durchzusetzen. Bezeichnenderweise war es ein gescheiterter Putsch und der anschließende Verrat seines ursprünglich Verbündeten Jelzin, der seine politische Karriere 1991 beendete.

Gorbatschow hat die Welt sicherer und friedlicher gemacht. Dank ihm hatte ich bis vor kurzem keine Sorge mehr, dass jemand auf die Idee kommt, mit Atomraketen die Welt zu vernichten. Der Nachnachfolger Gorbatschows ist nun wieder am Atomknopfdrücker.
31.08.2022 08:18 Uhr
Zitat:
Zitat:
Ohne ihn wäre Deutschland nicht wiedervereint.


Wiedervereint im Sinne von übernommen durch die Bundesrepublik. Es hätte etwas Gutes werden können, wenn man die DDR von innen heraus reformiert hätte. Davon hätte auch die BRD nachhaltig profitiert.



Ja, das ist damals mies gelaufen. Aber nach über 30 Jahren ist das bald Schnee von gestern.
31.08.2022 08:37 Uhr
Ich glaube in den letzten Jahren hat sich der Blick auf Gorbatschows Perestroika ziemlich ins Nüchterne gewandelt. Es wird zunehmend festgestellt, dass Gorbatschow und seine Leute die Sache ziemlich konzeptionslos angegangen sind. Es lag sicherlich nicht an der fehlenden Reformierbarkeit des bürokratischen Sozialismus allein, dass Gorbatschow scheiterte. Ich glaube, dass Gorbatschow zusammen mit seinen Reformen sich auch die Mittel wegreformierte, mit denen er die Umgestaltung überhaupt ausführen hätte können.

Ich habe Mal wieder das Buch von Eric Hobsbawm "Das Zeitalter der Extreme" rausgeholt. Und mir nochmal durchgelesen, was Hobsbawm über die Perestroika schreibt. Hobsbawm kommt zu dem Schluss, dass die Sowjetunion am Ende der Breschnew-Zeit ein System halbfeudaler Partikularinteressen und Abhängigkeiten gewesen sei. Und was Gorbatschow letztlich geleistet habe, wäre gewesen, eigentlich die Autorität der letzten verbliebenen Zentralgewalt zu zerstören, nämlich die der kommunistischen Staatspartei. Das Land sei dann genau an diesen feudalen Bruchlinien auseinander gefallen. Die Partei war im Eimer, neue demokratische Institutionen, gedacht als Wiederbelebung der Sowjets, gab es nicht und noch nicht einmal konzeptionell.

Gorbatschow, zuletzt als Präsident der UdSSR amtierend, hatte gar keinen reale Machtbasis mehr.

Hobsbawm schreibt als Fazit:

Zitat:
Charmant, aufrichtig, intelligent und zutiefst von den Idealen eines Kommunismus durchdrungen, den er seit Stalins Aufstieg korrumpiert sah, war Gorbatschow paradoxerweise zu sehr Organisator für das Tohu wabohu der demokratischen Politik, das er selbst herbeigeführt hatte. Er war zu sehr ein Mann der Komitees, um entscheidende Aktionen ausführen zu können. Und seine Erfahrungen hatten zuwenig mit dem Alltag im städtischen und industriellen Rußland zu tun - den er nie zu meistern brauchte, um dasselbe Gespür für die Realitäten an der Ba sis haben zu können wie die alten Parteibosse. Sein Problem war nicht so sehr, daß er über keine effiziente Strategie für die Wirtschaftsreform verfügte - selbst nach seinem Sturz hatte die niemand-, als daß ihm die Alltagserfahrungen seines Landes fremd geblieben waren.


Eigentlich muss man im Rückblick sagen, dass Gorbatschows Politik, mit der er die Sowjetunion eher durcheinander brachte, anstatt sie wirklich umzugestalten, verantwortungslos gewesen ist. Es war eigentlich Gorbatschow, der die Sowjetunion der Breschnew-Zeit in das Oligarchen-Paradies der 1990er Jahre überführte. Jelzin, eigentlich permanent besoffen, nahm da einfach nur den Faden auf.

31.08.2022 09:20 Uhr
Und ansonsten muss man vielleicht noch anfügen:

Es ist dieses objektive Zerstörungswerk von Gorbatschows Politik gewesen, die im Westen pauschal und von aller Welt als "Freiheit" und in Russland als Schmach und Desaster wahrgenommen wird. Und wahrscheinlich ist es eben darum in Russland mit der Demokratie zunehmend schlechter bestellt.


31.08.2022 09:23 Uhr
Gorbatschow muss man wohl wirklich einfach als einen der ganz Großen des letzten Jahrtausends bezeichnen. Subjektiv hat er sein "Land" in den "Ruin" getrieben und damit objektiv für die Welt erstmal was richtig, richtig Gutes und Großes vollbracht. Den kalten Krieg auf Eis zu legen und sich Frieden und Koexistenz anzunähern, das war schon enorm und tat der Welt lange Zeit richtig gut. Was seine Nachfolger dann damit anfingen, war, ist und bleibt eine Schande.
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