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Fragenübersicht Bundesverfassungsgericht erlaubt Einsatz militärischer Mittel im Inland - Was sagst Du dazu?
1 - 20 / 33 Meinungen+20Ende
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17.08.2012 11:40 Uhr
Interessantes Urteil mit klarer Grenzziehung, wie ich finde.
Ich kann damit gut leben.
17.08.2012 11:54 Uhr
Scheiße. Nun hat es Wolfgang "die Bundeswehr muß im Inneren eingesetzt werden" Schäuble also doch noch geschafft. Ein Tiefpunkt in der Geschichte des Bundesverfassungsgerichts. Ein Lob dem Richter, der als einziger ein Sondervotum gegen die Militärdiktatur eingelegt hat. Ich hoffe sehr, nie die Umsetzung dieses Urteils erleben zu müssen.
17.08.2012 11:56 Uhr
@Pomerius
Findest Du Dein Urteil nicht etwas übertrieben?
Es gibt doch klare Vorgaben, wann sie darf und wann eben nicht.
17.08.2012 12:09 Uhr
@ *Mensch*
Zitat:
Findest Du Dein Urteil nicht etwas übertrieben?

Nein. Den "Einsatz spezifisch militärischer Kampfmittel" im Inneren über das bisher in der Verfassung enthaltene zu erlauben - und sei es auch unter "klaren Vorgaben" (wenn es sie denn gäbe!) - ist ein gefährlicher Dammbruch. Schäuble und Konsorten wollten immer den ganzen Arm, und die Richter sind so naiv zu glauben, sie würden sich mit dem kleinen Finger zufriedengeben. Ich zitiere aus dem Minderheitenvotum:

Zitat:
Abgesehen von dem extremen Ausnahmefall des Staatsnotstandes, in dem nur zur Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer als letztes Mittel auch Kampfeinsätze der Streitkräfte im Inland zulässig sind (Art. 87a Abs. 4 GG), ist die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit Aufgabe allein der Polizei. Ihre Funktion ist die der Gefahrenabwehr und nur über hierfür geeignete und erforderliche Waffen darf die Polizei verfügen; hingegen sind Kampfeinsätze der Streitkräfte auf die Vernichtung des Gegners gerichtet, was spezifisch militärische Bewaffnung notwendig macht. Beide Aufgaben sind strikt zu trennen. Hiermit zieht unsere Verfassung aus historischen Erfahrungen die gebotenen Konsequenzen und macht den grundsätzlichen Ausschluss der Streitkräfte von bewaffneten Einsätzen im Inland zu einem fundamentalen Prinzip des Staatswesens. Mit anderen Worten: Die Trennung von Militär und Polizei gehört zum genetischen Code dieses Landes [...]. Wer hieran etwas ändern will, muss sich nicht nur der öffentlichen politischen Debatte stellen, sondern auch die zu einer Verfassungsänderung erforderlichen parlamentarischen Mehrheiten (Art. 79 Abs. 2 GG) für sich gewinnen. Im Anschluss an das Urteil des Ersten Senats war demgemäß eine Änderung des Grundgesetzes beabsichtigt, um den am 11. September 2001 deutlich gewordenen Gefahren des internationalen Terrorismus effektiv begegnen zu können. Das Vorhaben scheiterte, weil sich - trotz der damaligen "großen" Regierungskoalition - für die von der Bundesregierung beabsichtigte Zulassung "militärischer Mittel" generell in "besonders schweren Unglücksfällen" im Bundestag nicht die erforderliche Mehrheit fand und allenfalls eine Begrenzung militärischer Kampfeinsätze zur Abwehr von Angriffen aus der Luft oder von See aus hätte erreicht werden können [...]. Der Plenarbeschluss gibt nun das, was für die Bundesregierung vor drei Jahren gegen einen der Koalitionspartner - und auch gegen die Stimmverhältnisse im Bundesrat - nicht durchsetzbar war.


und

Zitat:
Letztlich wirft der Plenarbeschluss auch die Frage auf, was durch den nun erweiterten Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Inneren an Vorteilen für den Schutz der Bevölkerung namentlich vor terroristischen Angriffen erreicht werden kann. Die Antwort lautet: wenig bis nichts. [...] Es lässt sich nicht leugnen und ist positiv zu bewerten, dass die Antwort des Plenums deutlich hinter dem aus der Vorlagefrage ersichtlichen Anliegen des Zweiten Senats zurückbleibt, das auf eine Umgestaltung der Regelungen des Katastrophennotstandes hin zu einer subsidiären allgemeinen Gefahrenabwehr mit militärischen Waffen zielte. Gleichwohl hat das Plenum aber zugunsten eines geringen, praktisch kaum realisierbaren Gewinns an Sicherheit die Zulässigkeit des Einsatzes der Streitkräfte im Inneren mit Hilfe derart unbestimmter Rechtsbegriffe erweitert, dass militärische Einsätze zu innenpolitischen Zwecken nicht ausgeschlossen werden können. Für einen kaum messbaren Nutzen wurden fundamentale Grundsätze aufgegeben.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 17.08.2012 14:12 Uhr. Frühere Versionen ansehen
17.08.2012 12:10 Uhr
Und wie man Terror und Terroristen in den "demokratischen Ländern" definiert, haben wir in den letzten Jahren ja gesehen. Unter diesen Decknamen wurden und werden weiterhin souveräne Staaten überfallen.
17.08.2012 12:11 Uhr
Da haben die "Notstandsgesetze" ja nicht umsonst so lange in der Schublade gelegen.
17.08.2012 12:18 Uhr
Die Bundeswehr hat ja nicht umsonst eine "deutsche Kleinstadt" auf dem Übungsfeld nachbauen lassen und übt Niederschlagung von Demonstrationen, Hausdurchsuchungen und Straßenkampf. Sollte ja nur für den weltweiten Einsatz geübt werden.

Kasernierte Polizei( Ausrüstung wie das Heer) und Bundeswehr in Zukunft gegen die Bevölkerung?Wehrpflichtige gibt es nicht mehr, nur noch Freiwillige.Traditionen gibt es in der Richtung ja. Hoffen können wir nur noch auf ein Besinnen der Armee, indem sie wie die NVA nicht gegen das eigene Volk zu nutzen ist. Aber mitlerweile können ja auch Nichtdeutsche Polizisten und Bundeswehrangehörige werden.
17.08.2012 12:21 Uhr
Wenn man Politik erreichen will, muss man Politik machen. Das Bundesverfassungsgericht ist kein Wächterrat der guten Sitten sondern nur ein Rechtsorgan, das guckt, ob ein Gesetz ordentlich zustande kommt und zu den übergeordneten Regeln des Grundgesetzes passt.

Für alles andere muss man selbst politisch um Mehrheiten kämpfen.
17.08.2012 12:23 Uhr
Kurz und knapp: Ich finde das sehr bedauerlich! Ich lehne das von Grund auf ab!
17.08.2012 12:36 Uhr
Zitat:
Was nützt es, politisch den Einsatz der Bundeswehr verhindern zu können, wenn einem das Verfassungsgericht in den Rücken fällt?


Sobald ein verfassungsgemäßes Gesetz solche Einsätze explizit ausschließt, ist das Gericht "draußen".
17.08.2012 12:50 Uhr
Der SPD könnte eine linke Kanzlerin das vielleicht abpressen, aber momentan muss man einfach zur Kenntnis nehmen: Die Wähler wählen nicht so. Die Wähler wählen Parteien, die Krieg grundsätzlich akzeptieren, Demonstranten zB in Stuttgart abräumen lassen, die Gesetze machen, die du kritisierst. Ohne Umdenken der Wähler gibt es nicht das, was wir wollen.
17.08.2012 12:59 Uhr
Das ist mir schon klar. Nur diese Sache unterscheidet sich fundamental von dem "Problem", daß sich eine Mehrheit findet, die Dinge tut, die mir nicht gefallen. Für diese Art Bundeswehreinsätze im Inneren gab es bisher eben keine verfassungsändernde Mehrheit (und gibt es auch weiterhin nicht), aber das Gericht hat nun die Verfassung überdehnt und Einsätze erlaubt, die Bundestag und Bundesrat bisher immer verhindert haben.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 17.08.2012 14:59 Uhr. Frühere Versionen ansehen
17.08.2012 13:01 Uhr
schade, dass das gericht dieses urteil gefällt hat. ich hätte das grundgesetz an dieser stelle für eindeutig gehalten. ich bin sehr gespannt, wann ein politiker anfängt die grenzen des urteils auszuloten.
17.08.2012 13:02 Uhr
Zitat:
aber das Gericht hat nun die Verfassung überdehnt und Einsätze erlaubt, die Bundestag und Bundesrat bisher immer verhindert haben.


In der Sache gefällt mir das nicht, aber das Gericht hat die Rechtslage nicht verändert, sondern behauptet, sie sei von vorneherein "passend".
17.08.2012 13:15 Uhr
Offenbar nichts aber auch rein gar nichts gelernt aus der Geschichte. Es hatte gute und historische Gründe, weshalb Bundeswehreinsätze im Innern bislang tabu waren. Hier wurde klar die Verfassung geändert und mal wieder gibts als Vorgabe v.a. interpretierbares Geschwurbel. "Katastrophische" Entscheidung, die da gefällt wurde.
17.08.2012 14:01 Uhr
Vielen Dank an Pomerius für seinen Hinweis auf das Sondervotum des Richters Gaier.

Ein Blick auf den dort erwähnten vierten Absatz des GG-Artikels 87a macht klar, welches Faß das Bundesverfassungsgericht mit dieser Entscheidung unnötigerweise aufgemacht hat:

Zitat:
Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann die Bundesregierung, wenn die Voraussetzungen des Artikels 91 Abs. 2 vorliegen und die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei und des Bundesgrenzschutzes beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen. Der Einsatz von Streitkräften ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangen.
17.08.2012 14:16 Uhr
Noch zwei Abschnitte aus dem Sondervotum, die verdeutlichen, daß jene damals schon umstrittenen Kriterien, die in den Notstandsgesetzen der 1960er festgelegt wurden, aufgeweicht werden:

Zitat:
Entgegen der Auffassung des Plenums hat der Rechtsausschuss
des Bundestages im Rahmen der Notstandsgesetzgebung im Jahr 1968 eine
klare Entscheidung getroffen und in seinem damaligen Bericht, der
Grundlage für den Gesetzgebungsbeschluss des Bundestages zur
Verfassungsänderung war, unmissverständlich vorgeschlagen, den Einsatz
militärisch bewaffneter Streitkräfte auf den Staatsnotstand als eine
besonders gefährdende Situation des inneren Notstandes (Art. 87a Abs. 4
GG) zu beschränken. Zudem lässt das Plenum völlig außer Acht, dass zur
Zeit der Notstandsgesetzgebung eine weitergehende Zulassung des
Einsatzes militärisch bewaffneter Einheiten der Streitkräfte im Inneren
politisch nicht durchsetzbar gewesen wäre. Im Einklang damit steht die
Systematik, die das Grundgesetz mit der Implementierung der
„Notstandsverfassung“ erfahren hat. Die strikte Trennung der Regelung
des Katastrophennotstandes einerseits von der des inneren Notstandes
andererseits belegt, dass diese beiden Fälle des Streitkräfteeinsatzes
im Inneren völlig unterschiedliche, sich nicht überschneidende
Anwendungsbereiche haben und deshalb nicht durch die Zulassung
spezifisch militärischer Bewaffnung auch in Fällen des
Katastrophennotstandes vermengt werden dürfen.

(...)

Der Plenarbeschluss kann mit den von ihm entwickelten Kriterien eine
Umgehung der engen Voraussetzungen des inneren Notstandes nach Art. 87a
Abs. 4 GG durch die weniger strengen Voraussetzungen des
Katastrophennotstandes nicht verhindern. Der Versuch der weiteren
Eingrenzung des bewaffneten Streitkräfteeinsatzes durch das Erfordernis
eines „unmittelbar bevorstehenden“ Schadenseintritts „von
katastrophischen Dimensionen“ wird der nötigen Klarheit und
Berechenbarkeit nicht gerecht. Es handelt sich um gänzlich unbestimmte,
gerichtlich kaum effektiv kontrollierbare Kategorien, die in der
täglichen Anwendungspraxis - etwa bei regierungskritischen
Großdemonstrationen - viel Spielraum für subjektive Einschätzungen, wenn
nicht gar voreilige Prognosen lassen. Das ist jedenfalls bei
Inlandseinsätzen militärisch bewaffneter Streitkräfte nicht hinnehmbar.
Im Schatten eines Arsenals militärischer Waffen kann freie
Meinungsäußerung schwerlich gedeihen.


http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg12-063.html
17.08.2012 14:22 Uhr
Bereitet sich da ein machterhaltungsgesteuertes Establishment auf den Ernstfall vor?
17.08.2012 14:25 Uhr
Mir wäre wohler bei dem Gedanken, dass das Konzept 'Terroristischer Angriff' aufs genaueste definiert wäre.

Vielleicht noch kombiniert mit der Verpflichtung, dass militärische Mittel erst eingesetzt werden dürfen, wenn zivile nicht mehr ausreichend sind.
17.08.2012 14:38 Uhr
Zitat:
Die Bundeswehr hat ja nicht umsonst eine "deutsche Kleinstadt" auf dem Übungsfeld nachbauen lassen und übt Niederschlagung von Demonstrationen, Hausdurchsuchungen und Straßenkampf. Sollte ja nur für den weltweiten Einsatz geübt werden.
Hast Du evtl. auch überprüfbare Belege für diese Deine Aussagen?
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