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Fragenübersicht Der Begriff "Deutschland" bezeichnet nicht die BRD, sondern den gesamten deutschsprachigen Kulturraum. Kannst Du dieser These zustimmen?
1 - 18 / 18 Meinungen
09.01.2022 22:20 Uhr
Davon habe ich vor dem erwähnten Posting noch nie etwas gehört.

Mir war ein deutschsprachiger Kulturraum geläufig.

Insbesondere die deutschsprachigen Schweizer werden sich freuen, auf diese Weise zum Teil Deutschlands zu werden.
09.01.2022 22:23 Uhr
Zitat:
Davon habe ich vor dem erwähnten Posting noch nie etwas gehört.

Mir war ein deutschsprachiger Kulturraum geläufig.

Insbesondere die deutschsprachigen Schweizer werden sich freuen, auf diese Weise zum Teil Deutschlands zu werden.


Sorry für die Ablehnung!
Aber die Schweizer verstehen sich tatsächlich eher als Deutsche. Das durfte ich schon mehrfach erfahren.
Bei den österreichern und vor allem bei den Liechtensteinern sieht das ganz anders aus.
10.01.2022 02:13 Uhr
Erstmal ist schon sprachhistorisch das Wort "Deutschland" sehr viel älter als es der deutsche Nationalstaat ist. Ergo kann es sich als Bezeichnung eines Gebietes gar nicht explizit auf einen Nationalstaat beziehen.

Es war auch nie sinngleich mit dem Begriff des "Heiligen Römischen Reichs", da die nicht germanischsprachigen Gebiete dieses Reiches nie dazugezählt wurden. Ergo kann es sich auch nicht auf einen Staat beziehen, der kein Nationalstaat ist. Wenn "Deutschland" (ihne Zusatz) also weder einen Nationalstaat bezeichnet, noch einen Staat, der kein Nationalstaat ist, bleibt nur noch die Erklärung, dass es gar keinen Staat bezeichnet, sondern etwas anderes.

Übrigens war das "Heilige Römische Reich" ganz explizit nicht "deutscher Nation", da es auch ganz offiziell "Latein" (ein Klammerbegriff für italienisch und französisch inkl. Übergangsdialekten) und "wendisch" (Klammerbegriff für slawische Sprachen) zu den Sprachen seines Reiches zählte und sogar ganz explizit ein Vorrecht des Deutschen im Reich ablehnte. Der Ausdruck "Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation" kam daher auch nie in der Eigenbezeichnung dieses Staates vor, der sich nur ethnisch neutral "Heiliges Römisches Reich" nannte, wobei auch "Römisch" keine ethnische Bezeichnung war, sondern die beanspruchte Staatstradition aus dem Imperium Romanum ausdrückte.

Sprachgeschichtlich am Treffendsten ist die Deutung als Bezeichnung für einen Kulturraum, ähnlich wie das Wort "Kurdistan" ein Ausdruck für einen Kulturraum ist und nicht nur für einzelne irakische bzw. iranische Provinzen, die so heißen. "Kurdistan" als Kulturraumbegriff schließt nämlich in jedem Fall auch türkische Gebiete ein, die allesamt nicht den Ausdruck "Kurdistan" im offiziellen Namen haben. Man kann übrigens ohne logischen Bruch ein stolzer Kurde sein, der das Erbe seines Volkes pflegt und an seine Kinder weitergibt, gleichzeitig aber einen staatlichen Seperatismus Kurdistans aus welchem Grund auch immer ablehnen.

Ebenso gibt es den Ausdruck "Arabien", obgleich es keinen Staat gibt, der den glaubwürdigen Anspruch erheben könnte, ganz Arabien zu umfassen. Es mangelt auch nicht an Menschen, die sich stolz als "Araber" bezeichnen, ohne unbedingt eine Vereinigung aller arabischen Staaten zu fordern.

Analog dazu ist der Ausdruck "Deutschland" auch wesentlich älter als jeder Staat, der diesen Kulturraum vertreten könnte. Es gibt nichtmal einen logischen Grund, warum sich ein Staat zwingend in einem einzigen Kulturraum oder ein Kulturraum zwingend in einem Staat manifestieren müsste. Die Schweiz oder Belgien sind etwa funktionierende Staaten, die seit ihrem Bestehen verschiedene Kulturräume beherbergen, bei denen der zweitgrößte Kulturvertreter nicht nur marginale Größe hat. Man kann der Schweiz oder Belgien keineswegs die Staatlichkeit abstreiten, wohl aber das Repräsentieren eines eigenen Kulturraumes.

Der Bedeutungswandel des Begriffes Deutschland hat eigentlich das Folgende auf sich: Ursprünglich bezeichnete er das Land, in dem deutsch gesprochen wurde. Auch innerhalb Deutschlands umstritten war dabei immer die Zugehörigkeit von Gebieten, in denen fremde Sprachen mehr als nur marginal vertreten waren, das Deutsche aber ebenfalls mehr als nur marginal war, etwa Böhmen. Hingegen wurden die unbestritten romanischsprachigen Gebiete nie zu Deutschland gezählt, selbst wenn sie zum Heiligen Römischen Reich gehörten; kontinental-westgermanische Gebiete hingegen selbst dann, wenn sie sich vom Reich gelöst hatten. Dies kommt etwa im englischen Ausdruck "Dutch" zum Ausdruck, das auf die alte Selbstbezeichnung der Niederländer zurückgeht.

So lange es gar keinen deutschen Nationalstaat gab, stellte das auch niemand in Frage. Man konnte sich als Deutschen bezeichnen und loyaler Untertan eines jedweden Staates sein, ohne dazu seine Heimat zu verlassen.

Übrigens ist es gar nicht sonderlich relevant, wie sich jemand selber sieht, sondern eher, was objektiv der Fall ist. Beispielsweise würde nur ein Narr abstreiten, dass Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Serbien einen einheitlichen Sprachraum bilden, selbst die Kultur ist jenseits der Religion ausgesprochen homogen. Dass sich die Volksgruppen dort gewiss nicht als Einheit sehen, wurde in den 90ern grausig unter Beweis gestellt, ändert aber nichts daran, dass es ein relativ einheitlicher Kulturraum ist, jedenfalls jenseits der Konfessionsfrage.

Ähnliches gilt übrigens auch für Ukrainer, Weißrussen und Russen, die allesamt einen ostslawischen Raum repräsentieren. Völlig unabhängig davon, ob man sie in einer staatlichen Einheit sehen will oder nicht. Hingegen gehören Tschetschenien oder Kalmückien zweifelsfrei nicht zu diesem Kulturraum, jedoch ebenso zweifelsfrei zu einem Staat, der den Namen eines ostslawischen Volkes trägt, nämlich zu Russland.

Jeder deutsche Staat der Geschichte, war immer nur ein Staat, der mehr oder auch weniger genau auf der Fläche des deutschen Kulturraumes lag. Man könnte die BRD auch "Bundesrepublik in Mitteleuropa" nennen. Dann gäbe es dennoch unbestreitbare Mitteleuropäer, die außerhalb dieser Grenzen leben. Die Frage wäre nur, wie die sich nennen sollen, wenn sie nicht dieser BRM beitreten wollen. Ähnlich wie auch Mexikaner, Kanadier oder Guatemaler unbestreitbar Amerikaner, aber keine US-Bürger sind, die Genannten aber ein Verwechslungsproblem mit der Selbstbezeichnung "Amerikaner" haben, wenn sie keinen Beitritt zu den USA wünschen.

Der Begriff "deutsch" verhält sich analog. Er bezeichnet einen Raum, der kulturell definiert ist. Unser Staat und seine Vorläufer waren lediglich Staaten, die einen wesentlichen Teil dieses Raums umfasst haben. Diese Staaten haben aber nie den Kulturraum definiert und es wäre auch falsch zu meinen, dass Kulturraum und Staat zur unbedingten Deckungsgleichheit gebracht werden müssten. Es kann ganz im Gegenteil sogar gut sein, wenn sich ein Kulturraum auf mehrere Staaten verteilt. Dann zeigt sich nämlich, ob ein Staatssystem wirklich das beste für die jeweilige Kultur ist oder ob es auch anders funktionieren kann.

Beispielsweise beansprucht die kremltreue Propaganda heute, dass die "harte Hand" die richtige Staatsform für Ostslawen sei. Sie fürchtet es daher, dass z.B. die Ukraine das Gegenteil beweist. Wenn die es nämlich mit einem anderen System besser hinkriegt, kann keiner sagen, das sei eben eine andere Kultur.

Eine vergleichbare Entwicklung gab es auch bei uns. Es gab Zeiten, in denen sowohl die inländische Propaganda, wie auch manche ausländische Beobachter, wie etwa der damals sehr junge und naive John F. Kennedy glaubten, der Faschismus sei das Richtige für ein Volk wie die Deutschen. Dabei lebten z.B. die Schweizer vor, dass Deutschland ohne kulturellen Bruch auch demokratisch in Koexistenz mit anderen Kulturräumen existieren kann.

Es öffnet also eine ganz wesentliche Gedankenwelt, Staaten inklusive unserem gedanklich von den Kulturräumen zu trennen, die sie vordergründig zu repräsentieren scheinen, mit denen sie aber quasi nie deckungsgleich sind.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 10.01.2022 02:18 Uhr. Frühere Versionen ansehen
10.01.2022 08:10 Uhr
Ja, ich kann dieser These etwas abgewinnen. Dazu muß man keine territorialen Ansprüche stellen. Es ist wohl mehr eine Gefühlssache.
10.01.2022 09:28 Uhr
Deutschland bezeichnet für mich das Staatsgebiet der Bundesrepublik. Von daher stimme ich der These nicht zu.
10.01.2022 10:03 Uhr
Zitat:
Es ist wohl mehr eine Gefühlssache.


Nein, denn Deutschland ist ein völkerrechtlich zu betrachtender Begriff und ist daher entsprechend der Grenzen, die auch schon Justice2 nannte zu sehen.
Für die Territorien, in denen Deutsch gesprochen wird, hat sich der Begriff: "Deutschsprachiger Raum" etabliert.
10.01.2022 10:04 Uhr
nein, ich sehe das nicht so und bin auch der meinung, dass die deutschsprachigen staaten insgesamt so ausdifferenzierte kulturen entwickelt haben, dass das auch zu einem etwaigen gemeinsamen verständnis nicht passt.
10.01.2022 10:05 Uhr
Zitat:
Aber die Schweizer verstehen sich tatsächlich eher als Deutsche.


Na dann fahr mal nach Genf und verbreite dort die These - Viel Vergnügen schon mal.
10.01.2022 10:09 Uhr
In Bellinzona und Lugano (Schweiz) fühlt sich jedenfalls auch kaum jemand als Deutscher, die sind sehr italienisch geprägt.
10.01.2022 10:10 Uhr
Zitat:
Zitat:
Aber die Schweizer verstehen sich tatsächlich eher als Deutsche.


Na dann fahr mal nach Genf und verbreite dort die These - Viel Vergnügen schon mal.


Es geht in dieser Umfrage um den deutschsprachigen Kulturraum.
Somit bezog sich mein Statement selbstverständlich auf den deutschsprachigen Teil.

Die Genfer sehen sich selbst auch eher als Franzosen.
10.01.2022 10:10 Uhr
Allerdings gibt es in Ostbelgien das Phänomen, dass die Menschen dort lieber Deutsch, als Flämisch oder Französisch sprechen und sich auch eher an Deutschland orientieren, als an anderen Nachbarstaaten.
10.01.2022 10:11 Uhr
Zitat:
Die Genfer sehen sich selbst auch eher als Franzosen.


Nö - als französisch-sprechende Schweizer.
10.01.2022 10:29 Uhr
Zitat:
Allerdings gibt es in Ostbelgien das Phänomen, dass die Menschen dort lieber Deutsch, als Flämisch oder Französisch sprechen und sich auch eher an Deutschland orientieren, als an anderen Nachbarstaaten.


Die gehören in Belgien auch zur deutschsprachigen Gemeinschaft, die wiederum Teil der Region Wallonie ist.
10.01.2022 11:03 Uhr
@Widu Wildgeist

Ich habe zwar zugestimmt, aber ich würde für den deutschen Kulturraum nicht von "Deutschland" sprechen - nicht zuletzt, weil das zum Verwechseln mit Staaten führt, die diesen Namen tragen.
10.01.2022 13:25 Uhr
Bei allem Patriotismus: nein.
10.01.2022 13:28 Uhr
Nein, das halte ich für Unsinn. Deutschland ist ein fester geografischer Raum. Wenn es um das deutschsprachige Kulturgebiet geht sollte man das dazu schreiben.
10.01.2022 21:35 Uhr
Das ganze Deutschland soll es sein? Toul ist eine deutsche Stadt. Toulon, Metz und Strassburg sind es sowieso. Wer das leugnet, ist ein Revisionist oder Bonapartist. ;-)
10.01.2022 21:49 Uhr
Letztendlich läuft ohnehin alles auf eine Frage hinaus: Was ist deutsch? - Das war nicht nur der Titel eines Aufsatzes von Richard Wilhelm Wagner, sondern auch eine Frage, welche in die "Leitkulturdebatte" paßt. Wer gwenau hinsieht, stellt fest, dass die Mentalitäten und Kulturen der sogenannten Deutschen sich sehr unterscheiden. Aktuell gibt es ein Forschungsprojekt zu Vokabular und Grammatik im "deutschsprachigen Raum". Es ist bemerkenswert, eine echte, einheitliche deutsche Sprache gibt es nicht. Regional gibt es sogar enorme Unterschiede in der Grammatik. Nüchtern betrachtet gibt es keine deutsche Staatsethnie. Die Bundesrepublik Deutschland ist mehr Staatsnation als Nationalstaat. Gemeinsam ist den Tedesci der gemeinsame, ähnlich klingende Grundwortschatz. Aber schon beim Schlachter beginnen die Kommunikationsprobleme: Metzger, Fleischer ... dazu kommen unterschiedliche Speisegewohnheiten und Benennungen. Brühklops, Frikadelle, Bullette ...
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