Thema: KSP unterstützenNeuer Beitrag
Von: Wandelbar Das Volk 26.02.2019 09:20 Uhr
Beim erneuten Lesen dieses Fadens stellt sich bei mir eine Wehmut über das Fehlen einer aktiven RKP ein.

Bei der iGeL würde ich mir ja wünschen, dass Sol1 und oder Hordes of Chaos öfter da wären und einfach die Startseite aktualisieren und die Partei ein bisschen pflegen, sodass überhaupt wieder als eine solche wahrgenommen werden kann.
Von: Compadre (Maduro) Das Volk 20.02.2019 20:31 Uhr
Das Angebot steht. Etwas dunkelgrün würde uns durchaus nicht schaden.
Von: Roter Stern (Roter Stern) Das Volk 27.01.2019 11:05 Uhr
Ich schließe mich Maduro an. Ihr seid übrigens herzlich eingeladen bei uns mitzumachen, falls hier in den nächsten Tagen die Lampen ausgemacht werden.
Von: Compadre Das Volk 17.01.2019 20:52 Uhr
Also KSP unterstützen finde ich immer noch eine gute Idee. :)
Von: Irre Das Volk 12.10.2012 10:19 Uhr
Ich mach hier mal weiter (auch in der Hoffnung, dass auch Revo wieder in die Debatte einsteigt :-) )

Zitat:
Extrem überspitzt heißt das also für Deutschland die Fußball-Bundesliga wird verboten?


Das Verbieten ist verboten. ;-)

Zitat:
Mehr Identifikation als beim Fußball findet doch nirgends statt, man hat diese unsäglichen Fähnchen überall im Wind flattern sehen, sobald irgendeine WM oder EM naht.


Right. Wobei hier zu klären wäre, wo genau hier die Identifikation konkret anfängt. Eine bestimmte Fussballmannschaft gut zu finden oder ihr bei einem Spiel die Daumen zu drücken sehe ich noch nicht als zwingend problematisch an. Sondern die beginnt m.E. erst, wenn diese Unterstützung zu einer unhinterfragten Konstante wird, im Sinne eines einmal Fan von XY, immer Fan von XY sowie den damit einhergehenden massenpsychologischen Reflexionsausfall.

Zitat:
Etwas weiter gedacht, müsste repräsentative Poltik abgeschafft werden, weil sie eine Entmündigung darstellt?


Politik als Ganzes muss überwunden werden bzw. die Illusion diese wäre ein autonomer abgetrennter Bereich vom gesellschaftlichen Ganzen.

Ohne (zumindest in Ansätzen) mündige Individuen ist direkte Demokratie, sind Volksabstimmungen und dergleichen sogar etwas, was mir großes Unbehagen bereitet.

Zitat:
Oder könnte hier das Modell von Liquid Feedback und Delegated Voting zum Kern einer Politik aller mündigen Individuen werden?
(Wäre interessant was Adorno dazu gesagt hätte.)


Ich mutmaße mal, dass Adorno darauf verwiesen hätte, dass Demokratie und die dieser vorausgesetzte Mündigkeit der Individuen keine technisch zu lösende Frage sind.
Von: Wiolant (Bimbiss) Das Volk 24.09.2012 19:51 Uhr
Extrem überspitzt heißt das also für Deutschland die Fußball-Bundesliga wird verboten? Mehr Identifikation als beim Fußball findet doch nirgends statt, man hat diese unsäglichen Fähnchen überall im Wind flattern sehen, sobald irgendeine WM oder EM naht.

Etwas weiter gedacht, müsste repräsentative Poltik abgeschafft werden, weil sie eine Entmündigung darstellt? Oder könnte hier das Modell von Liquid Feedback und Delegated Voting zum Kern einer Politik aller mündigen Individuen werden?
(Wäre interessant was Adorno dazu gesagt hätte.)
Von: Irre Das Volk 24.09.2012 02:45 Uhr
@Bimbiss

"Menschen, die blind in Kollektive sich einordnen, machen sich selber schon zu etwas wie Material, löschen sich als selbstbestimmte Wesen aus. Dazu passt die Bereitschaft, andre als amorphe Masse zu behandeln (...) Eine Demokratie, die nicht nur funktionieren, sondern ihrem Begriff gemäß arbeiten soll, verlangt mündige Menschen. Man kann sich verwirklichte Demokratie nur als Gesellschaft von Mündigen vorstellen (...) Die Konkretisierung der Mündigkeit besteht darin, dass die paar Menschen, die dazu gesonnen sind, mit aller Energie darauf hinwirken, dass die Erziehung eine Erziehung zum Widerspruch und zum Widerstand ist."(Theodor W. Adorno, Erziehung nach Auschwitz, in: Erziehung zur Mündigkeit)

Auf der Agenda stünde also die (Er-)Findung von organisatorischen Formen, die diese Konkretisierung der und zur Mündigkeit in Angriff nähme und Schritt für Schritt gesellschaftlich zu vertiefen und zu verallgemeinern in der Lage wäre.

Nur eines ist dabei von vornherein klar, nämlich dass ein solcher organisierter Prozess von Aufklärung und Antizipation freier Vergesellschaftung nur jenseits und gegen identitäres Denken, entmündigende Kollektivsubjekte oder Massenorganisation stattfinden kann und wird.
Von: Wiolant (Bimbiss) Das Volk 13.09.2012 08:00 Uhr
Irre,
ja, bedingt.
Mir ist die Sichtweise vom Grundsatz her schon klar, aber es gibt eben keine Aussage, wie denn die Bewusstwerdung in Gang gesetzt wird, wie denn ein Impuls erfolgen kann, wie eine Reflexion initiiert wird.

Müssen denn die emanzipatorischen Kräfte in Demut verharren und auf die Erkenntnis der Massen warten?

Mir fehlt der revolutionäre Funke...
Von: Irre Das Volk 11.09.2012 16:36 Uhr
@Revo

Zitat:
"Die bürgerliche Gesellschaft von Eigentümern, besonders jene, die als Mittelsmänner im Handel wirkten, und bestimmte Typen von Fabrikanten, mußten das unabhängige Denken fördern, selbst wenn es von ihren besonderen Interessen abweichen musste. [...] Im gegenwärtigen Zeitalter der Großindustrie ist der unabhängige Unternehmer nicht mehr typisch. [...] Die Individualität verliert ihre ökonomische Basis" (Horkheimer 2007, S. 158f)


Ich sehe darin eher eine eher deskriptive Schilderung der sozialhistorischen Bedingungen der Aufklärung bzw. der durch eben jene Aufklärung freigesetzten Potentiale von Individualität und Freiheit.
Dass diese Aufklärungstendenz sich dann in der Folge immer wieder gegen sich selber kehrt aufgrund der mit ihr einhergehenden instrumentellen Vernunft und Naturbeherrschung, wird ja von Adorno/Horkheimer nun wahrlich nicht ausgeblendet, sondern ist ganz im Gegenteil sogar zentraler Kern der gesamten KT.
Aber es ging der KT ja niemals darum die spezifische Kritik an diesem Doppelcharakter der Aufklärung in eine pauschale Gegenaufklärung zu kehren, sondern die emanzipativen Potentiale der Aufklärung dahingehend zu radikalisieren, indem sie sie über ihre eigenen Bedingungen aufklärt und den darausresultierenden instrumentellen Charakter zu kritisieren.

Zitat:
Soweit ich die kritische Theorie und Psychoanalyse an dieser Stelle verstehe (wie gesagt pirmär Sekundärliteratur, die ich gerade für Prüfungen lerne): der autoritäre Charakter ist Ergebnis einer Sozialisation, die gerade keine starke Vaterfigur (und mit stark ist nicht autorität, sondern (wirtschaftlich) selbständig gemeint) mehr anbietet, an der man an eigenes Ich-Ideal entwickeln könnte. Vielmehr entsteht der autoritäre Charakter gerade dann, wenn man anstatt einer ausgeprägten Ich-Identität Vershmelzungswünsche mit einem idealisierten Objekt entwickelt. Dieses idealisierte Objekt kann nun das Kollektivsubjekt Nation oder eben der Führer sein.


Das ist dann aber schon ein Unterschied ums Ganze, ob ich von einer autoritären Vaterfigur spreche oder von einem zumindest im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten tendenziell unabhängigen bzw. sich individualisierenden Orientierungspunkt spreche.
Und Letztgenanntes rekurriert eben m.E. auf die Entstehung des Bürgertums als Voraussetzung der Aufklärung überhaupt erstmal unter den damals gegebenen historischen Bedingungen.

Zitat:
Tatsächlich habe ich aus meiner Lektüre der Kritischen Theorie den Eindruck, dass das emanzipierte Individuum nur eine Idealisierung des bürgerlichen Subjekts ist.


Meine Lesart ist da eigentlich genau gegenteiliger Natur, nämlich dass die KT auf die eigentlichen Ideale der Aufklärung abhebt und diese explizit gegen das bürgerliche Subjekt und dessen Subjektform in Stellung bringt. Sprich wie oben geschrieben eine Radikalisierung der Aufklärung als Reflexionsprozess über ihre eigenen Bedingungen und mithin als Kritik an ihren irrationalen Tendenzen und identitären Kategorien.

Zitat:
Allein schon wenn du von einer existenziellen Einheit sprichst, ist das für mich ein Widerspruch zum Anspruch, dieses sollte sich ohne Zwang und mannigfaltig realisieren. Die Kohärenzanforderungen, Handlungsfähigkeit usw. setzen das Subjekt normativ unter Zwang sich diesen Anforderungen und Zurechnungsschemata entsprechend zu verhalten und intern zu verarbeiten. Die Ich-Identität ist ja gerade Ausdruck dieser Gewalt, die man sich selbst antun muss, um ein einheitliches Subjekt zu werden.
Meine Stoßrichtung ist also: Subjektivität ist zwangsläufig Zwang und Herrschaft, wenn das Subjekt als Einheit, als autonom, als aus sich heraus vernünftig usw. angerufen wird.
"das sich selbstbewußt vergesellschaftende Individuum" scheint mir als Beschreibungsformel bereits das ganze Dilemma zu beeinhalten. Woher kommt diese Selbsttransparenz, die du im Begriff selbstbewußt annimmst? Woher kommt die (Handlungs-)Kompetenz zur Vergesellschaftung? Bei dir scheint mir das alles aus einem als Prämisse gesetzten Subjekt zu entspringen, dessen Wesen irgendwie angenommen, aber nicht erklärt wird.
Ich würde dem entgegensetzen, dass eine emanzipatorische Subjektivität das Subjekt eben nicht dem Zwang von Selbstransparenz (was durch das Unbewusste auch ein Ding der Unmöglichkeit ist), autonomer Handlungsfähigkeit und Einheit unterwirft, sondern das Subjekt mit seinen Schwächen, mit seiner konstitutiven Angewiesenheit auf andere, mit seiner Intransparenz, seiner eingeschränkten Handlungsfähigkeit anerkennt. Auch dafür gibt es gerade bei Adorno Zitate: "Geliebt wirst Du einzig dort, wo schwach Du Dich zeigen kannst, ohne Stärke zu provozieren" ;-)


Ich glaube wir sind da viel dichter in unseren Einschätzungen beisammen als es anfangs den Eindruck machte. ;-)
Wenn ich von „existenzieller Einheit“ spreche, meine ich damit keine identitäre Einheit, sondern dann ist das eher eine Anleihe aus dem Existenzialismus, speziell von Sartre und nochmehr von Jean Améry, bezogen auf das existenzielle leibliche Dasein. Denn gerade die Bewußtwerdung über die Verletzlichkeit jener je eigenen existenziellen Leiblichkeit durch andere, durch die Angewiesenheit auf andere in der Gesellschaft halte ich eben für einen konstitutiven emanzipatorischen Impuls infolge der reflexiven Einsicht, dass diese existenzielle Verletzlichkeit unüberwindlich ist und keine identitäre Bewußtseinsform (wozu auch die poststrukturalistischen Körperpolitiken gehören) und Seinsweisen je etwas daran zu ändern vermögen.
Sondern eben nur eine Gesellschaftlichkeit, „wo schwach Du Dich zeigen kannst, ohne Stärke zu provozieren“ (Adorno).
Das sich solchermaßen reflektierende Subjekt erkennt die Sinnlosigkeit seiner identitären Subjektform und die Unfreiheit der es in diese Form pressenden Gesellschaftlichkeit und antizipiert potenziell die „Einheit des Vielen ohne Zwang“ (Adorno, Negative Dialektik), wobei im „Vielen“ bereits das, was du Dezentrierung des Subjekts nennst, impliziert wird, nämlich die Angewiesenheit auf andere, die stetige gesellschaftliche Vermittlung des Individuums. Und ohne Zwang verweist auf die Befreiung dieser Vermittlungen von den herrschenden gesellschaftlichen Zwängen, also auf die befreite Gesellschaft, in welcher dieser Prozess nur allumfänglich zu realisieren wäre.

P.S.: Eigentlich müßte ich damit zumindest indirekt auch deine Frage mitbeantwortet haben, @Bimbiss.
Von: Revolution Das Volk 10.09.2012 17:04 Uhr
@irre

so, bin derzeit im abschlussprüfungsstreß, deswegen ist das jetzt alles mit bescheidenem aufwand zusammengestückelt:
ich habe wohl kritik der instrumentellen vernunft und dialektik der aufklärung verwechselt, denn in der dialektik der aufklärung kommt das thema der subjektivität des freien unternehmers nur indirekt vor, wenn die ohnmacht der arbeiter beschrieben wird. in der instrumentellen vernunft heißte es

[blockquote]"Die bürgerliche Gesellschaft von Eigentümern, besonders jene, die als Mittelsmänner im Handel wirkten, und bestimmte Typen von Fabrikanten, mußten das unabhängige Denken fördern, selbst wenn es von ihren besonderen Interessen abweichen musste. [...] Im gegenwärtigen Zeitalter der Großindustrie ist der unabhängige Unternehmer nicht mehr typisch. [...] Die Individualität verliert ihre ökonomische Basis" (Horkheimer 2007, S. 158f) [/blockquote]

Die Studien zum autoritären Charakter habe ich nicht durchgearbeitet, da beziehe ich mich insbesondere auf Sekundärliteratur. Ein zentrales Argument, auf das ich mich bezogen habe ist aber folgendes:

[blockquote]Bei der Entstehung der autoritären Charakterstruktur spielen verschiedene Aspekte eine Rolle. Zu nennen wäre erstens der Wandel in der Familienstruktur des Spätkapitalismus durch den Autoritätsverlust des „pater familias“, konkret ausgelöst durch sich verschärfende soziale Bedingungen in der Weimarer Republik und die damit einhergehende Vernachlässigung seiner Versorgerfunktion. Steht die Auseinandersetzung mit der väterlichen Autorität noch für eine rationale Vermittlung gesellschaftlicher Anforderungen und die Möglichkeit eine autonome Ich-Struktur zu entwickeln, wird diese später durch eine irrationale Anpassung an unmittelbare gesellschaftliche Zwänge und Autorität ersetzt. (Quelle: http://www.nadir.org/nadir/initiativ/antira-leipzig/archiv/a10.htm[/blockquote]

Soweit ich die kritische Theorie und Psychoanalyse an dieser Stelle verstehe (wie gesagt pirmär Sekundärliteratur, die ich gerade für Prüfungen lerne): der autoritäre Charakter ist Ergebnis einer Sozialisation, die gerade keine starke Vaterfigur (und mit stark ist nicht autorität, sondern (wirtschaftlich) selbständig gemeint) mehr anbietet, an der man an eigenes Ich-Ideal entwickeln könnte. Vielmehr entsteht der autoritäre Charakter gerade dann, wenn man anstatt einer ausgeprägten Ich-Identität Vershmelzungswünsche mit einem idealisierten Objekt entwickelt. Dieses idealisierte Objekt kann nun das Kollektivsubjekt Nation oder eben der Führer sein.

"Ich bin mir ehrlich gesagt nicht ganz sicher worauf du hinauswillst und ich habe ein wenig das Gefühl, dass du das von der KT kritisierte (bürgerlich-monadische) Subjekt einerseits und das sich selbstbewußt vergesellschaftende Individuum andererseits tendenziell ineinssetzt?!
Jenes emanzipierte Individuum jedoch wäre aber eben gerade nur jenseits und gegen den Identitätszwang der bürgerlichen Subjektform zu verwirklichen. Gleichsam als existenzielle Einheit der individuellen Mannigfaltigkeit ohne Zwang."

Tatsächlich habe ich aus meiner Lektüre der Kritischen Theorie den Eindruck, dass das emanzipierte Individuum nur eine Idealisierung des bürgerlichen Subjekts ist. Allein schon wenn du von einer existenziellen Einheit sprichst, ist das für mich ein Widerspruch zum Anspruch, dieses sollte sich ohne Zwang und mannigfaltig realisieren. Die Kohärenzanforderungen, Handlungsfähigkeit usw. setzen das Subjekt normativ unter Zwang sich diesen Anforderungen und Zurechnungsschemata entsprechend zu verhalten und intern zu verarbeiten. Die Ich-Identität ist ja gerade Ausdruck dieser Gewalt, die man sich selbst antun muss, um ein einheitliches Subjekt zu werden.
Meine Stoßrichtung ist also: Subjektivität ist zwangsläufig Zwang und Herrschaft, wenn das Subjekt als Einheit, als autonom, als aus sich heraus vernünftig usw. angerufen wird.
"das sich selbstbewußt vergesellschaftende Individuum" scheint mir als Beschreibungsformel bereits das ganze Dilemma zu beeinhalten. Woher kommt diese Selbsttransparenz, die du im Begriff selbstbewußt annimmst? Woher kommt die (Handlungs-)Kompetenz zur Vergesellschaftung? Bei dir scheint mir das alles aus einem als Prämisse gesetzten Subjekt zu entspringen, dessen Wesen irgendwie angenommen, aber nicht erklärt wird.
Ich würde dem entgegensetzen, dass eine emanzipatorische Subjektivität das Subjekt eben nicht dem Zwang von Selbstransparenz (was durch das Unbewusste auch ein Ding der Unmöglichkeit ist), autonomer Handlungsfähigkeit und Einheit unterwirft, sondern das Subjekt mit seinen Schwächen, mit seiner konstitutiven Angewiesenheit auf andere, mit seiner Intransparenz, seiner eingeschränkten Handlungsfähigkeit anerkennt. Auch dafür gibt es gerade bei Adorno Zitate: "Geliebt wirst Du einzig dort, wo schwach Du Dich zeigen kannst, ohne Stärke zu provozieren" ;-)
Von: Wiolant (Bimbiss) Das Volk 09.09.2012 17:22 Uhr
schön und gut, aber Irres Frage an mich ist ganz richtig: es ist zu "schwammig".

daher formuliere ich meine Frage um: Wie kriegen wir die freie Assoziation hin? Welchen inneren Antrieb braucht der Einzelne, welchen äußeren Antrieb braucht das Kollektiv?
Von: Irre Das Volk 09.09.2012 14:57 Uhr
@Revo

Zitat:
@angelus @irre da lese ich die dialektik der aufklärung anders: der untergang des freien unternehmers wird als regression beschrieben, insbesondere der verlust der polit-ökonomischen basis für eine starke ich-identität.


Worauf genau in der DdA beziehst du dich mit dieser These? Ist mir nämlich ehrlich gesagt gänzlich unklar.

Zitat:
zweite annahme der frankfurter schule in den studien zum autoritären charakter ist unter bezugnahme auf die psychoanalyse, dass eine starke ich-identität sich nur unter der bedingung einer auseinandersetzung mit einer starken vaterfigur entwickeln könnte (die patriarchale familienstruktur voraussetzt).


Die Studien zum autoritären Charakter argumentieren doch exakt umgekehert, nämlich das die autoritäre Unterdrückung kindlicher Triebe und Bedürfnisse durch eine dominante Vater-Figur den autoritären Charakter befördern. Und gerade dies wird doch einer Kritik unterzoegen.

Zitat:
ich teile auch diese scharfe entgegensetzung zwischen freiem unternehmer und formiertem subjekt (das überschätzt die determinierung der subjektivierung durch die kulturindustrie) nicht.


Die Präformierung des bürgerlichen Konkurrenzsubjekts erfolgt ja auch nicht nur durch die Kulturindustrie, sondern durch das gesamte Ensemble der fetischisierten, verdinglichten Verhältnisse und den daraus resultierenden identitären Kategorien verhafteten abstrakten Denkformen.

Zitat:
das subjekt als reflexionsfigur der bürgerlichen gesellschaft kann ich nicht als einheit/element (d.h. als ungeteilte entität) fassen, sondern da ist aus meiner sicht zur bestimmung insbesondere die abhängigkeit vom sozialen aber auch von anderen subjekten und deren prozesshafte vermittlung zu bedenken.


D'accord. Wären die Menschen uns ihre bürgerliche Subjektform tatsächlich eine nicht mehr unterscheidbare Einheit, so wäre die Totalität auch vollendet, jede Nicht-Identität sowohl in Potenz wie Latenz getilgt und Emanzipation kategorisch verunmöglicht.

Zitat:
da komm ich dann aber nicht mehr beim autonomen subjekt, sondern maximal beim post-autonomen, dezentrierten subjekt an, das gerade was vernunft, handlungsfähigkeit usw. angeht, notwendigerweise an solchen starken ich-idealen scheitern muss. diese krisenerfahrung, an der subjekt-bildung zu scheitern und immer wieder zu scheitern, aber damit nicht alleine zu sein, ist für mich der ausgangspunkt einer kritischen bestimmung von möglichkeiten von emanzipation.


Ich bin mir ehrlich gesagt nicht ganz sicher worauf du hinauswillst und ich habe ein wenig das Gefühl, dass du das von der KT kritisierte (bürgerlich-monadische) Subjekt einerseits und das sich selbstbewußt vergesellschaftende Individuum andererseits tendenziell ineinssetzt?!
Jenes emanzipierte Individuum jedoch wäre aber eben gerade nur jenseits und gegen den Identitätszwang der bürgerlichen Subjektform zu verwirklichen. Gleichsam als existenzielle Einheit der individuellen Mannigfaltigkeit ohne Zwang.
Von: Revolution Das Volk 08.09.2012 16:06 Uhr
@angelus @irre da lese ich die dialektik der aufklärung anders: der untergang des freien unternehmers wird als regression beschrieben, insbesondere der verlust der polit-ökonomischen basis für eine starke ich-identität. zweite annahme der frankfurter schule in den studien zum autoritären charakter ist unter bezugnahme auf die psychoanalyse, dass eine starke ich-identität sich nur unter der bedingung einer auseinandersetzung mit einer starken vaterfigur entwickeln könnte (die patriarchale familienstruktur voraussetzt). das hat ihnen nicht zu unrecht von feministischer seite den vorwurf eingebracht als maßstab gelungener ich-bildung patriachale gesellschafts- und familienformen vorauszusetzen. in beiden fällen wird der männliche konkurrenz-kapitalist zur schablone einer verlorenen ich-identität, die gegen das massenindividuum in stellung gebracht wird. ich teile auch diese scharfe entgegensetzung zwischen freiem unternehmer und formiertem subjekt (das überschätzt die determinierung der subjektivierung durch die kulturindustrie) nicht. das subjekt als reflexionsfigur der bürgerlichen gesellschaft kann ich nicht als einheit/element (d.h. als ungeteilte entität) fassen, sondern da ist aus meiner sicht zur bestimmung insbesondere die abhängigkeit vom sozialen aber auch von anderen subjekten und deren prozesshafte vermittlung zu bedenken. da komm ich dann aber nicht mehr beim autonomen subjekt, sondern maximal beim post-autonomen, dezentrierten subjekt an, das gerade was vernunft, handlungsfähigkeit usw. angeht, notwendigerweise an solchen starken ich-idealen scheitern muss. diese krisenerfahrung, an der subjekt-bildung zu scheitern und immer wieder zu scheitern, aber damit nicht alleine zu sein, ist für mich der ausgangspunkt einer kritischen bestimmung von möglichkeiten von emanzipation. sonst landet man bei dem performativen widerspruch der frankfurter schule: das vernünftige subjekt als voraussetzung der emanzipation zu bestimmen, seine möglichkeit aber zu bestreiten.
Von: Irre Das Volk 07.09.2012 17:33 Uhr
@angelus

Was mir gerade bei einer zweiten Lesung deines Posts durch den Kopf schießt, ist, ob nicht gerade die immer weiter zunehmende Ausdifferenzierung der Welt, der Wegfall tradierter identitärer Muster und Orientierungspunkte (also z.B. die Auflösung alter politischer Bindungen (z.B. Volksparteien), die Klassenfragmentierung und dem damiteinhergehenden Verlust des Klassenbewußtseins, der zunehmende reale Wegfall familiärer Bindungen etc.pp.) nicht neben der zunehmenden Atomisierung in Gestalt vermasster Monaden zugleich auch zumindest potentiell überhaupt erst die Nicht-Identität von Individuum und Welt ins Bewußtsein rücken kann.
Wobei ich hier Bewußtsein noch nicht als reflektiertes Bewußtsein meine, sondern eher im Sinne des sartre'schen An-Sich ...
Von: angelus_novus Das Volk 07.09.2012 12:47 Uhr
jedes "ich" ist eine abgrenzung, nur ist jedes einzelne ich ja resultat der vermittlung zwischen gesellschaft, äußerer natur und innerer natur. der moderne massenmensch und vor allem das in der totalitären masse aufgehende individuum ist ja unter anderem nur in einem unpathologischen sinne als einzelwesen denkbar, dessen ich konstitution fehlgeschlagen ist.

@ revolution:

deshalb stimme ich dir in einem gewissen sinne zu, nämlich das individuum vor existentialistischen verkürzungen zu bewahren, das monadendasein zu brechen, welches im zentrum der kritik der dialektik der aufklärung steht.
deshalb muss ich dir im punkte "patriarchalität" deutlich wiedersprechen. die dialektik der aufklärung zeigt ja schonungslos auf, dass die ich-konstitution der bürgerlichen gesellschaft, die form bürgerlicher subjektivität, selbst in das geflecht von herrschaft, gewalt und instrumenteller beherrschung innerer und äußerer natur eingebunden ist. auch wenn dies adorno und horkheimer oft vorgeworfen wird, so sind sie doch keine apologeten bürgerlicher subjektivität. subjektivität ist nur denkbar als die aufhebung des monadentums, als radikale befreiung jedes individuums welches resultat und vorraussetzung eines subjektes selbstbewusste menschheit ist.

die frage, wie der weg dorthin aussehen kann ist eine andere.
Von: Irre Das Volk 07.09.2012 11:37 Uhr
@Revo

Schön dich mal wieder hier zu lesen. :-)

Zum Thema: Du beziehst dich auf den Beginn meines dritten Absatzes? Damit wollte ich jetzt eigentlich gar nicht so sehr auf eine einheitliche Ich-Identität rekurrieren, sondern eher auf das einzelne existenzielle Dasein. Ich hätte statt "Einheit" im Kontext des Satzes auch von dem kleinsten Element o.ä. sprechen können.
Von: Revolution Das Volk 07.09.2012 10:46 Uhr
das ich ist mit sicherheit keine einheit. vielleicht die fiktion einer einheit. vielmehr würde ich sagen, geht es darum die dezentrierung des subjekts ernst zu nehmen und es eben nicht mit anforderungen an kohärenz und handlungsfähigkeit zu überfordern. diese starke ich-identität, wie sie in der dialektik der aufklärung beschworen wird, halte ich nicht für progressiv, sondern für patriarchal.
Von: Irre Das Volk 07.09.2012 01:27 Uhr
Dass jedes menschliche Individuum letztlich nur als gesellschaftlich vermitteltes Individuum stattfindet bzw. stattfinden kann, ist natürlich unstrittig. Deswegen schrieb ich ja auch von einer Assoziation. ;-)

Die entscheidende Frage dabei aber ist doch, ob er diese gesellschaftlichen Vermittlungen bewußt gestaltet oder diese ihm als Zwang gegenübertritt. Ob er diese gesellschaftlichen Vermittlungen zum Zwecke eines schönen Lebens selbst(bewußt) gestaltet oder nur als Mittel für ihm übergeordnete gesellschaftliche Zwecke oder im Rahmen identitärer Fremdzuschreibungen funkioniert bzw. agiert

Denn die kleinste Einheit auch jedes Ich-Du ist das einzelne existenzielle Ich in seiner Angst und Verzweiflung oder seinen leiblichen Empfindungen von Leid, Schmerz oder Trauer. Und einzig die Reflexion des je einzelnen sich dessen bewußtwerdenden Individuums entscheidet, ob er Du oder Es zum je anderen sagt und die gesellschaftlichen Verhältnisse dementsprechend einrichtet.
Von: Parenthèse ((Padauz)) Das Volk 07.09.2012 00:30 Uhr
Ja, ich weiß nur immer nicht, ob der Mensch so einzeln gedacht werden sollte.

Das Ich ist ja nicht so klar abgrenzbar vom Du und den anderen, wir lernen durch Nachahmung, gehen Verbindungen ein, sind bereits in Verbindungen und Geschichten geboren, natürlich geht es immer auch um Emanzipation aus solchen Verbindlichkeiten, aus den für falsch oder einengend empfundenen, aber das wird wieder durch andere begünstigt, besteht im Dialog, durch Spiegelungen, durch Rückgriffe auf andere Informationen und Erzählungen. Menschen tragen ja nicht alles in sich, woraus sie autonom etwas entfalten könnten.
Von: Irre Das Volk 06.09.2012 12:27 Uhr
@Bimbiss

Die freie Assoziation jener, für die der Communismus nur vom Individuum aus(gehend) gedacht werden kann.

Antwort zu schwammig, zu unbefriedigend?

Eine andere Antwort gibts aber kaum, denn ein Masterplan existiert genauowenig wie ein revolutionäres Kollektivvsubjekt außer eben den Einzelexemplaren der Gattung Mensch. ;-)
Von: Wiolant (Bimbiss) Das Volk 06.09.2012 08:03 Uhr
Was ist die Alternative abseits solcher Slogans?
Die linke Volksfront? Ich sehe da weder einen Bedarf, noch eine Basis.
Auf das Erstarken von Massenorangisation möchte ich ebenfalls nicht setzen, zum einen aus Unglauben an die Mobilisierung der Massen, zum anderen aus den Erfahrungen der deutschen Vergangenheit.

Also was soll es sein?
Von: angelus_novus Das Volk 06.09.2012 01:40 Uhr
der weg dahin auf jeden fall eher, als die bildung selbstreferentieller rackets.

nieder mit dem linksdeutschen sektenwesen!
Von: Parenthèse ((Padauz)) Das Volk 06.09.2012 00:05 Uhr
Aber jetzt mal ganz ehrlich, angelus, ist Kommunismus wirklich nur so eine solopsistische Nummer?
Von: Parenthèse ((Padauz)) Das Volk 05.09.2012 23:19 Uhr
Ich persönlich kann mir kaum was Vergnüglicheres vorstellen als Ernsthaftigkeit.
Von: Irre Das Volk 05.09.2012 23:08 Uhr
"Der Kommunismus wird höchst vergnüglich sein, oder er wird nicht sein." (Franz Schandl)
Von: Parenthèse ((Padauz)) Das Volk 05.09.2012 22:15 Uhr
Die meinen das bestimmt gar nicht ernst. Ernst ist ja auch uncool, vielleicht sogar leninistisch.
Von: Parenthèse ((Padauz)) Das Volk 05.09.2012 22:14 Uhr
Hehe.
Von: Irre Das Volk 05.09.2012 18:28 Uhr
Wobei ich mich ja immer frage, warum auf dem Sticker zwei Personen abgebildet sind.
Von: Parenthèse ((Padauz)) Das Volk 05.09.2012 18:15 Uhr
Joa, toller Sticker.
Von: angelus_novus Das Volk 05.09.2012 17:31 Uhr
http://linkesticker.blogsport.de/2007/11/19/mein-kommunismus-funktioniert-nur-alleine/
Von: Parenthèse ((Padauz)) Das Volk 05.09.2012 15:06 Uhr
Gute Frage. Welche Rolle soll die SII zwischen SIP, PsA, iGel, RKP, SII eigentlich genau einnehmen.
Von: Irre Das Volk 04.09.2012 23:57 Uhr
Warum?
Von: Wiolant (Bimbiss) Das Volk 04.09.2012 20:16 Uhr
http://www.dol2day.com/index.php3?position=6200