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Fragenübersicht Brauchen wir eine Finanztransaktionssteuer?
Anfang-2018 - 37 / 37 Meinungen
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31.07.2012 20:41 Uhr
@ angelus_novus

solange wie bedürfnisbefriedigung nicht der grund für produktion...

Der Haken an dieser Sichtweise ist der, daß wir uns unserer Bedürfnisse selbst nur unzureichend bewußt sind.

Daran scheitert das Marxsche Projekt einer rationellen Regelung der Produktion. Märkte sind zwar alles andere als perfekt, aber dennoch gelingt bei ihnen durch die Entscheidung Kauf/Nicht-Kauf die Rückmeldung zu den Produzenten besser.

(Ich stütze mich hier auf die Ausführungen von Tor_Nørretranders in seinem Buch Spüre die Welt.)
31.07.2012 20:43 Uhr
Zitat:
Das aktuelle Finanzwesen ist noch unproduktiver als das Umräumen von Supermarktregalen - es besteht zu einem großen Teil aus Wetten auf dieses Umräumen und Wetten auf diese Wetten.


Dann sollte man doch in diesem Fall die Wettgewinne besteuern und nicht das bloße Umräumen der Wetten.
31.07.2012 20:45 Uhr
@ sol1:

"Der Haken an dieser Sichtweise ist der, daß wir uns unserer Bedürfnisse selbst nur unzureichend bewußt sind. "

richtig, aber nicht weil wir uns dieser bedürfnisse niemals bewusst sein könnten, sondern weil im kapitalismus nun einmal das kapital die bedürfnisse präformiert, definiert und diktiert.

als zeitdiagnose ist deine bewertung also zutreffend, mehr aber auch nicht.

"Märkte sind zwar alles andere als perfekt, aber dennoch gelingt bei ihnen durch die Entscheidung Kauf/Nicht-Kauf die Rückmeldung zu den Produzenten besser."

warum sollte dies im falle konsum/nicht-konsum anders sein?
31.07.2012 20:57 Uhr
@ angelus_novus

richtig, aber nicht weil wir uns dieser bedürfnisse niemals bewusst sein könnten, sondern weil im kapitalismus nun einmal das kapital die bedürfnisse präformiert, definiert und diktiert.

Das ganze dicke Buch von Nørretranders (die Passagen über Markt- und Planwirtschaft finden sich auf S. 560-565) zielt darauf ab, uns die geringe Spannbreite unserer bewußten Wahrnehmung und Kommunikation im Vergleich zu der unserer unbewußten zu verdeutlichen.

Es handelt sich um eine fundamentale Barriere und nicht eine, die durch das Wirtschaftssystem gesetzt wäre.

In Nørretranders' Worten:

"Das grundsätzliche Problem aber dürfte sein, daß Menschen sich selbst nicht vollkommen durchschauen und ihre Bedürfnisse nicht über die geringe Bandbreite der Sprache formulieren können."
31.07.2012 21:08 Uhr
@ sol:

ich habe das buch nicht gelesen, kann mir aber denken worauf das hinaus läuft.

nur 3 punkte:
1. ist ein bedürfnis nicht erst erst durch seine bewusstheit ein bedürfnis. das schreiende kind dürfte sich nicht bewusst sein, dass es hunger hat, hunger hat es aber trotzdem.
2. scheint das buch auf ontologische allgemeinheiten abzustellen. eine vermischung von naturwissenschaften, psychologie und soziologie halte ich immer dann für gefährlich wenn sie ort und zeit ihrer entstehung nicht reflektiert.
3. affirmiert eine solche theorie einen zustand der ohnmacht und bewusstlosigkeit und verkennt eine fundamentale qualitative differenz zwischen gesellschaftsformationen. "die" bedürfnisse in der steinzeit waren andere als im feudalismus, waren andere als im kapitalismus und auch die im kapitalismus werden andere gewesen sein, als die einer postkapitalistischen gesellschaft.

oder ist das bedürfnis nach einem rennwagen mit kunstledersitz ein "natürliches"?
31.07.2012 21:13 Uhr
Zitat:
richtig, aber nicht weil wir uns dieser bedürfnisse niemals bewusst sein könnten, sondern weil im kapitalismus nun einmal das kapital die bedürfnisse präformiert, definiert und diktiert


Wenn Du unter Kapitalismus "Marktwirtschaft" verstehst, dann ist an dieser These doch nichts dran.
Eine Firma kann für ihre Produkte Werbung machen, ob ich aber wirklich glaube, dass ich das Produkt brauche, das bleibt in der Marktwirtschaft eindeutig mir überlassen.

Mich hindert jedenfalls kein Kapitalist daran, mich meines Lebens zu freuen, ohne Luxusgüter zu besitzen. Ein asketischer Lebensstil steht überhaupt nicht im Gegensatz zu einer marktwirtschaftlichen Denkweise. Ich bin sozusagen der lebende Beweis dafür.
31.07.2012 21:25 Uhr
"Wenn Du unter Kapitalismus "Marktwirtschaft" verstehst, dann ist an dieser These doch nichts dran."

diese unterscheidung kapitalismus/marktwirtschaft ist ideologisches geschwurbel. was spätestens seit den großen landenteignungen in england vorliegt ist kapitalismus, dessen grundlage nicht irgendein markt ist, sondern dessen grundlage ist, dass güter produziert werden um auf dem markt verkauft zu werden, also die produktion von waren.

märkte, waren und geld gibt es wohl seit jahrtausenden, der unterschied ist aber, dass in keiner präkapitalistischen gesellschaft die produktion auf den tauschakt ausgerichtet war.
z.b. nachzulesen hier: http://www.amazon.de/The-Great-Transformation-Gesellschaften-Wirtschaftssystemen/dp/3518278606/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1343769574&sr=8-1

"Eine Firma kann für ihre Produkte Werbung machen, ob ich aber wirklich glaube, dass ich das Produkt brauche, das bleibt in der Marktwirtschaft eindeutig mir überlassen. "

da passiert dir der übliche irrtum die gesellschaftliche komponente wegzustreichen und die gesamte ökonomie auf einzelne willensakte zu reduzieren. dadurch vergisst du 1. das es nicht einzelne akte, sondern ihre abstrakte aufeinanderbezogenheit ist, die überhaupt erst so etwas wie "markt" möglich macht und 2. das die gesamte veranstaltung, die du "marktwirtschaft" und die ich "kapitalismus" nenne erst durch gewalt entstehen konnte und diese gewalt noch bis heute in verträgen mitschwingt. jeder arbeitsvertrag ist eine freiwillige und zugleich erzwungene legitimierung von gewalt.

"Mich hindert jedenfalls kein Kapitalist daran, mich meines Lebens zu freuen, ohne Luxusgüter zu besitzen."

nö, luxus ist ja auch gar nicht für die gesamtheit der menschen vorgesehen und würde konsequent zu ende gedacht nur bedeuten, dass der kapitalistische luxus die erde in eine große wüste verwandeln würde.

"Ein asketischer Lebensstil steht überhaupt nicht im Gegensatz zu einer marktwirtschaftlichen Denkweise."

schonmal was von der "protestantischen ethik" max webers gehört? dessen these ist, dass erst der protestantismus die ideellen und kulturellen grundlagen für den modernen kapitalismus geschaffen hat und zwar durch innerweltliche askese und akkumulation.

http://www.amazon.de/Die-protestantische-Ethik-Geist-Kapitalismus/dp/3406602002/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1343769931&sr=1-1
31.07.2012 21:34 Uhr
"Gewinne" aus fiktivem Kapital besteuern ist wirklich fresh. So wird die Blase in die Haushalte geholt und zu lustiger Letzt sollen auch noch Politiken gegen die "Diktatur des Finanzkapitals" aus diesem heraus finanziert werden. Und wenn sie wirkt die Steuer, die Kapitalflucht abnimmt? Was sind dann diese "linken" Finanzierungspläne WERT?

Nein, diese Attac-Weltanschauung ist es doch wirklich nennt, was den Kladderadatsch verhindert. Dann doch lieber die alte Schule: Vermögen und hohe Einkommen besteuern bis hin zur Einkommensgrenze. Gegebenenfalls ne kleine Staatsanleihe.
31.07.2012 21:37 Uhr
@ angelus_novus

ist ein bedürfnis nicht erst erst durch seine bewusstheit ein bedürfnis. das schreiende kind dürfte sich nicht bewusst sein, dass es hunger hat, hunger hat es aber trotzdem.

Irgendein verrückter Ökonom wird es sicher fertigbringen, dieses schreiende Kind in einer Marktlogik zu analysieren - das hat aber nichts mit Nørretranders' Analyse des Problems zu tun.

Es geht viel mehr darum, in welchem System die Rückkopplung zum Produzenten besser funktioniert - in einem System, in dem der Konsument entscheidet, ob er eine Ware zu einem bestimmten Preis kauft oder in einem, wo die Menschen ihre Bedürfnisse so formulieren müssen, daß eine zentrale Planung darauf aufbauen kann.

scheint das buch auf ontologische allgemeinheiten abzustellen. eine vermischung von naturwissenschaften, psychologie und soziologie halte ich immer dann für gefährlich wenn sie ort und zeit ihrer entstehung nicht reflektiert.

Das Buch ist in der Tat interdisziplinär angelegt, aber mit Reflexion der historischen Zusammenhänge.

affirmiert eine solche theorie einen zustand der ohnmacht und bewusstlosigkeit und verkennt eine fundamentale qualitative differenz zwischen gesellschaftsformationen.

Diesen Einwand verstehe ich nicht.

"die" bedürfnisse in der steinzeit waren andere als im feudalismus, waren andere als im kapitalismus und auch die im kapitalismus werden andere gewesen sein, als die einer postkapitalistischen gesellschaft.

Das wird nicht geleugnet. Es wird sogar ausdrücklich darauf verwiesen, daß Märkte erst in der industriellen Wirtschaftsweise ihre zentrale Stellung erlangt haben - und daß es nicht für alle Zeiten so bleiben muß.
31.07.2012 21:51 Uhr
Zitat:
diese unterscheidung kapitalismus/marktwirtschaft ist ideologisches geschwurbel.


Deshalb kläre ich bei Diskussionen mit Linken gerne ab, was sie unter "Kapitalismus" verstehen. Einheitlich ist deren Definition nicht. Bevor man seitenlang aneinander vorbeidiskutiert, wollte ich deshalb klarstellen, was Du darunter verstehst.

Zitat:
märkte, waren und geld gibt es wohl seit jahrtausenden, der unterschied ist aber, dass in keiner präkapitalistischen gesellschaft die produktion auf den tauschakt ausgerichtet war.


Das sehe ich für meinen Teil als Fortschritt an. Ich habe keinengrünen Daumen. Ich bin ganz froh darüber, dass jemand anders für mich Nahrungsmittel produziert und ich mich auf eine Weise revanchieren kann, in der ich besser bin als im Gemüseanbau.

Zitat:
da passiert dir der übliche irrtum die gesellschaftliche komponente wegzustreichen und die gesamte ökonomie auf einzelne willensakte zu reduzieren.

Als Individuum die gesellschaftliche Komponente wegzustreichen, kann erlernt werden. Klar, es gibt Leute, die mich für minderwertig halten, weil ich keinen Luxusschlitten fahre. Ich muss aber deren Meinung nicht übernehmen, sondern kann darauf pfeifen und ohne Boliden glücklich sein.

Zitat:
2. das die gesamte veranstaltung, die du "marktwirtschaft" und die ich "kapitalismus" nenne erst durch gewalt entstehen konnte und diese gewalt noch bis heute in verträgen mitschwingt. jeder arbeitsvertrag ist eine freiwillige und zugleich erzwungene legitimierung von gewalt.


Ich sehe vor allem die Alternativen als Gewalt an. Ich kann einen Arbeitsvertrag schliessen, mit wem ich will. Ich kann mich sogar arbeitslos melden und bekomme trotzdem das physische Existenzminimum.

Zitat:
nö, luxus ist ja auch gar nicht für die gesamtheit der menschen vorgesehen und würde konsequent zu ende gedacht nur bedeuten, dass der kapitalistische luxus die erde in eine große wüste verwandeln würde.

Das kann gut sein. Luxus als Statussymbol definiert kann nicht jeder haben, da nunmal 90% nicht zu den obersten 10% gehören können. Die Frage ist, inwiefern ich gezwungen werde, diesen Statuswettlauf mitzumachen. Ich habe mich aus dem Rennen verabschiedet, gönne aber jedem, der es will, mitzulaufen. Wer möchte kann sich auch im Boxring die Nase blutig hauen lassen, auch wenn letztlich nur einer den Pokal kriegen kann und die anderen sozusagen umsonst bluten. So lange ich nicht in den Ring steigen muss, sehe ich keine problematische Gewalt vorliegen.

Zitat:
dessen these ist, dass erst der protestantismus die ideellen und kulturellen grundlagen für den modernen kapitalismus geschaffen hat


Kann gut sein, dass dem so ist. Ich verstehe aber nicht ganz, was denn verwerlich daran ist, wenn ich keinen Luxusschlitten fahre aber jemand anders, der glaubt ihn unbedingt zu brauchen, diesem auch gönne. Wo ist da die Gewalt, die Du in der Marktwirtschaft siehst?
31.07.2012 22:54 Uhr
"
Irgendein verrückter Ökonom wird es sicher fertigbringen, dieses schreiende Kind in einer Marktlogik zu analysieren - das hat aber nichts mit Nørretranders' Analyse des Problems zu tun."

ein ökonom schafft das sicher. ein ökonomiekritiker würde darauf insistieren, dass die kapitalistische marktlogik (und um nichts anderes geht es ja hier) letzten endes nicht nur schreiende, sondern hungernde und sterbende kinder produziert.

" in einem System, in dem der Konsument entscheidet, ob er eine Ware zu einem bestimmten Preis kauft oder in einem, wo die Menschen ihre Bedürfnisse so formulieren müssen, daß eine zentrale Planung darauf aufbauen kann. "

wieso muss diese planung denn zentralisiert sein und warum sollte es überhaupt eine planung im eigentlichen sinne geben? heute produzieren alle blind vor sich hin, menschen verhungern und das sollte das geeignete mittel sein die distribution zu "planen"?

"Diesen Einwand verstehe ich nicht."

der einwand besagt, dass es immer eine zeitperspektive gibt, dass die gesellschaftlichen verhältnisse unser denken, unsere gefühle und unsere bedürfnisse bis in die tiefsten poren zumindest prägen. das argument, dass heute etwas nicht funktioniert ist noch lange kein argument dafür, dass es in der zukunft auch nicht funktionieren kann.

"Das sehe ich für meinen Teil als Fortschritt an. Ich habe keinengrünen Daumen. Ich bin ganz froh darüber, dass jemand anders für mich Nahrungsmittel produziert und ich mich auf eine Weise revanchieren kann, in der ich besser bin als im Gemüseanbau."

dann verwechselst du aber arbeitsteilung und warenproduktion. nur idioten wollen die arbeitsteilung abschaffen. was ich abschaffen möchte ist die blindheit der arbeit und des ökonomischen betriebs. die erlangung der kontrolle der individuellen tätigkeit durch das individuum und die kontrolle der gesellschaftlichen tätigkeit durch die gesellschaft.

"Als Individuum die gesellschaftliche Komponente wegzustreichen, kann erlernt werden. Klar, es gibt Leute, die mich für minderwertig halten, weil ich keinen Luxusschlitten fahre. Ich muss aber deren Meinung nicht übernehmen, sondern kann darauf pfeifen und ohne Boliden glücklich sein."

da beziehst du dich wieder auf ein individuelles verhalten, welches für den fortgang des kapitalismus vollkommen irrelevant. kapitalismus ist die verwertung von wert, die produktion um der produktion willen. das unterstützt du mit jedem warenkauf.

"Ich sehe vor allem die Alternativen als Gewalt an. Ich kann einen Arbeitsvertrag schliessen, mit wem ich will. Ich kann mich sogar arbeitslos melden und bekomme trotzdem das physische Existenzminimum. "

das ist ja das perfide an der nummer. die menschen gauckeln sich selbst vor, sie und nur sie allein wären verantwortlich für ihr schicksal. das führt dann zu den perversesten aussagen über den hungernden kongolesen, der selbst schuld sei an seinem hungertod.

gewalt ist die enteignung des produzenten durch den produktionsmittelbesitzenden. das ist ja das irre: die menschen unterwerfen sich freiwillig einem gewaltverhältnis und finden das sogar gut.

"Das kann gut sein. Luxus als Statussymbol definiert kann nicht jeder haben, da nunmal 90% nicht zu den obersten 10% gehören können."

darum geht es mir nicht primär. primär geht es mir darum, dass dieses system auf endlosen wachstum programmiert ist, den es nicht geben kann. ressourcen und platz werden ihr ende finden.

"Die Frage ist, inwiefern ich gezwungen werde, diesen Statuswettlauf mitzumachen. Ich habe mich aus dem Rennen verabschiedet, gönne aber jedem, der es will, mitzulaufen. "

wie gesagt: um status geht es gar nicht. es geht darum, dass noch das brot, welches du beim bäcker kaufst nicht produziert wurde um hunger zu stillen, sondern um verkauft zu werden.

"Kann gut sein, dass dem so ist. Ich verstehe aber nicht ganz, was denn verwerlich daran ist, wenn ich keinen Luxusschlitten fahre aber jemand anders, der glaubt ihn unbedingt zu brauchen, diesem auch gönne. Wo ist da die Gewalt, die Du in der Marktwirtschaft siehst?"

die gewalt liegt darin, dass menschen nicht freiwillig tätig werden um bedürfnisse zu befriedigung und sich selbst zu entfalten, sondern ihre lebenszeit verkaufen, um überleben zu können.
31.07.2012 23:16 Uhr
@ angelus_novus

wieso muss diese planung denn zentralisiert sein und warum sollte es überhaupt eine planung im eigentlichen sinne geben?

Ohne Planung geht es in einer komplexen Wirtschaft nicht. Die Frage ist, auf welchen Informationen sich die Planer stützen können.

heute produzieren alle blind vor sich hin, menschen verhungern und das sollte das geeignete mittel sein die distribution zu "planen"?

Hier bringst du Produktion und Distribution durcheinander.

der einwand besagt, dass es immer eine zeitperspektive gibt, dass die gesellschaftlichen verhältnisse unser denken, unsere gefühle und unsere bedürfnisse bis in die tiefsten poren zumindest prägen. das argument, dass heute etwas nicht funktioniert ist noch lange kein argument dafür, dass es in der zukunft auch nicht funktionieren kann.

Nørretranders' Einwand ist aber, daß die geringe Bandbreite der Sprache unsere rationalen Entscheidungen über die Produktion limitiert. Und auf diese haben die gesellschaftlichen Verhältnisse keinen Einfluß.

An dieser Stelle verweise ich gerne auf ein weiteres Buch von ihm mit dem schönen Titel Homo generosus. Warum wir Schönes lieben und Gutes tun, in dem er sowohl die Grundannahmen der Ökonomik wie auch der Evolutionstheoretiker kritisch beleuchtet.

Editiert: Wort korrigiert
31.07.2012 23:23 Uhr
@ angelus_novus

dann verwechselst du aber arbeitsteilung und warenproduktion. nur idioten wollen die arbeitsteilung abschaffen. was ich abschaffen möchte ist die blindheit der arbeit und des ökonomischen betriebs. die erlangung der kontrolle der individuellen tätigkeit durch das individuum und die kontrolle der gesellschaftlichen tätigkeit durch die gesellschaft.

Waren sind das, was man produziert, aber selber nicht benötigt. Arbeitsteilung und Warenproduktion sind letztendlich Synonyme - mit den entscheidenden Ausnahmen Arbeit und Geld.

primär geht es mir darum, dass dieses system auf endlosen wachstum programmiert ist, den es nicht geben kann. ressourcen und platz werden ihr ende finden.

Richtig beobachtet!

Die Menschheit hat nicht mehr allzu viele Versuche frei, um nach den Fehlschlägen des real existierenden Sozialismus und des real existierenden Kapitalismus ein funktionierendes Wirtschaftssystem aufzubauen.
31.07.2012 23:37 Uhr
Zitat:
ein ökonomiekritiker würde darauf insistieren, dass die kapitalistische marktlogik (und um nichts anderes geht es ja hier) letzten endes nicht nur schreiende, sondern hungernde und sterbende kinder produziert.


Wie erklärst Du es Dir dann eigentlich, dass eher marktwirtschaftliche Länder weit weniger hungernde und sterbende Kinder aufweisen, als alle anderen, inklusive denjenigen Systemen mit Selbstversorgerwirtschaft, die Du beispielsweise in den Entwicklungsländern regelmäßig antriffst?
01.08.2012 01:06 Uhr
Ja brauche wir. Zu viel Geld schwebt einfach nur noch virtuell von Konto zu Konto ohne wirklich etwas für dazu beizutragen, neue reale Werte zu schaffen. Dieses Geld bringt dem Staat derzeit auch kaum Einnahmen und das sollte geändert werden.

Sinnvoll ist es natürlich nur, wenn es zumindest eine europaweite Lösung dafür gibt. Viel besser wäre aber eine weltweite Lösung.
01.08.2012 01:43 Uhr
Apropos, der groesste Teil des Finanzmarkt besteht aus... Staatsschulden.
01.08.2012 08:47 Uhr
Die "Finanztransaktionssteuer" ist eine völlig unsinnige Idee. Wer sie fordert beweist damit nur, daß er vom Finanzmarkt und den Vorgängen dort überhaupt keine Ahnung hat.

Es gibt eine ganze Reihe von Problemen, die zu lösen wären. Es gibt dubiose Anlageprodukte, falsche Anreizsysteme, mangelhafte Haftungsstrukturen usw. usf. - keines dieser Probleme wird auch nur minimal verbessert, wenn man nun ausgerechnet blind alles besteuert, was irgendwie nach Transaktion aussieht.

Oben wurde schon das Supermarktbeispiel genannt: Wenn man in einem Supermarkt zu viel Gewinn oder die falschen Produkte verhindert möchte, dann muß man dies zielgerichtet angehen. Nicht aber das reine Umräumen von Regalen besteuern.

Im übrigen ist klar, daß die Steuer weitgehend wirkungslos bleiben würde. Die meisten professionellen Transaktionen lassen sich vermeiden bzw. durch nicht steuerpflichtige Geschäfte ersetzen. Es bleibt dann ein minimaler Ertrag aus dem, was private Kunden veranlassen.
01.08.2012 09:27 Uhr
"Ohne Planung geht es in einer komplexen Wirtschaft nicht. Die Frage ist, auf welchen Informationen sich die Planer stützen können."

dann müsstest du erst einmal sagen, was du unter "planung" verstehst. unter einer planung der produktion verstehe ich jedenfalls nicht, dass einzelne akteure anhand von mehrwert- und profitplanung bestimmen, was, wie und warum produziert wird.
für eine "planung" bräuchte es eine selbstbewusste menschenheit und keine klassengesellschaft.

"Hier bringst du Produktion und Distribution durcheinander."

der markt vermittelt primär die distribution und sekundär wirkt sich dies dann auf die produktion aus. abgesehen davon scheinst du noch der ideologie anzuhängen, märkte wären überschaubar und würden zu einem optimalen austausch von informationen führen. wenn dem so wäre, dann dürfte alleine die arbeitslosenstatistik mehrere hundertausend arbeitslose weniger verzeichnen.

"Nørretranders' Einwand ist aber, daß die geringe Bandbreite der Sprache unsere rationalen Entscheidungen über die Produktion limitiert. Und auf diese haben die gesellschaftlichen Verhältnisse keinen Einfluß."

wäre die frage in wie fern er sich sprache nähert, analytisch über formbestimmungen oder über die inhaltlich-soziale komponente.
unabhängig davon habe ich immer noch nicht verstanden, in wie fern dies ein argument gegen die abschaffung von eigentum, tausch und ökonomie als verwertung von wert sein soll...

"Waren sind das, was man produziert, aber selber nicht benötigt. Arbeitsteilung und Warenproduktion sind letztendlich Synonyme - mit den entscheidenden Ausnahmen Arbeit und Geld."

dann berufen wir uns auf einen anderen warenbegriff. ich berufe mich da auf den marxschen. die ware ist demnach primär durch ihren doppelcharakter geprägt, nämlich durch die gleichzeitigkeit von subjektiven gebrauchswert und objektiven tauschwert. die ware ist ein gut, welches produziert wird um getauscht bzw. verkauft zu werden.
das ist ein großer unterschied. arbeitsteilung ist auch ohne diesen mechanismus möglich.

"real existierenden Sozialismus und des real existierenden Kapitalismus ein funktionierendes Wirtschaftssystem aufzubauen."

wobei die frage ja ist, in wie fern es sich beim "real existierenden sozialismus" überhaupt um sozialismus handelt bzw. gehandelt hat. der einzige unterschied zum "real existierenden kapitalismus" war die eigentumsordnung.

"
Wie erklärst Du es Dir dann eigentlich, dass eher marktwirtschaftliche Länder weit weniger hungernde und sterbende Kinder aufweisen, als alle anderen, inklusive denjenigen Systemen mit Selbstversorgerwirtschaft, die Du beispielsweise in den Entwicklungsländern regelmäßig antriffst?"

da wird jetzt so viel durcheinander geschwurbelt, dass ich nicht weiß, ob ich adäquat darauf antworten kann.
1. deine aussage geht von einer zeitpunktbetrachtung aus. ich nehme die jetztzeit und setze die absolut. das ist aus diversen gründen verkürzt.
2. ist eine dieser verkürzung die missachtung von gesellschaft und vor allem kapitalistischer gesellschaft als prozess. was den kapitalismus auszeichnet ist gerade die permanente revolutionierung seiner selbst. das lässt sich allein am städtebild ablesen.
3. vergisst du, dass dieses system sich auch in europa erst durchsetzen musste, mittels gewalt. die großen enteignungen in england, die weberaufstände, die maschinenstürmereien, die brotrevolten, die great famine etc. sprechen da eine andere sprache.
4. besteht in den "entwicklungsländern" gar kein system der "selbstversorgungswirtschaft" mehr. die subsistenzwirtschaften wurden dort schon mit dem kolonialismus in den boden gestampft und spätestens seit beginn der sogenannten "globalisierung" wirst du noch in jedem noch so kleinen bergkaff coca cola finden.

von daher handelt es sich bei deiner aussage erstmal um nicht mehr, als eine behauptung.
01.08.2012 13:19 Uhr
@ angelus_novus

für eine "planung" bräuchte es eine selbstbewusste menschenheit und keine klassengesellschaft.

Ich sehe immer noch nicht, wie dieses "Selbstbewußtsein" sich über die Schranken erheben könnte, die durch das individuelle Bewußtsein gesetzt sind.

der markt vermittelt primär die distribution und sekundär wirkt sich dies dann auf die produktion aus.

Und das steht im Widerspruch zu deiner obigen Behauptung: "heute produzieren alle blind vor sich hin".

abgesehen davon scheinst du noch der ideologie anzuhängen, märkte wären überschaubar und würden zu einem optimalen austausch von informationen führen.

Ein "optimaler" Austasuch von Informationen wurde von mir nicht behauptet. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, daß der Informationsaustausch in einer Marktwirtschaft weniger schlecht funktioniert als in einer Planwirtschaft.

wenn dem so wäre, dann dürfte alleine die arbeitslosenstatistik mehrere hundertausend arbeitslose weniger verzeichnen.

Da könnte man ebenso gut die Eigentümlichkeit der "Ware" Arbeit zur Erklärung heranziehen.

unabhängig davon habe ich immer noch nicht verstanden, in wie fern dies ein argument gegen die abschaffung von eigentum, tausch und ökonomie als verwertung von wert sein soll...

Und ich habe immer noch nicht verstanden, wieso alles das abgeschafft und nicht modifiziert werden sollte.

dann berufen wir uns auf einen anderen warenbegriff. ich berufe mich da auf den marxschen. die ware ist demnach primär durch ihren doppelcharakter geprägt, nämlich durch die gleichzeitigkeit von subjektiven gebrauchswert und objektiven tauschwert. die ware ist ein gut, welches produziert wird um getauscht bzw. verkauft zu werden.
das ist ein großer unterschied. arbeitsteilung ist auch ohne diesen mechanismus möglich.


Da habe ich mich leider etwas unklar ausgedrückt. Grundsätzlich stimme ich der Marxschen Definition zu. Du bleibst allerdings die Antwort schuldig, wie Arbeitsteilung organisieren willst, ohne die Produkte zu Waren zu machen.

wobei die frage ja ist, in wie fern es sich beim "real existierenden sozialismus" überhaupt um sozialismus handelt bzw. gehandelt hat. der einzige unterschied zum "real existierenden kapitalismus" war die eigentumsordnung.

Ursprünlich wollten ja die Bolschewisten genau wie du "eigentum, tausch und ökonomie als verwertung von wert" abschaffen. Sie liefen damit gegen die Wand und reetablierten den Markt in ihrer Neuen Ökonomischen Politik.
01.08.2012 13:47 Uhr
Nein, diese Steuer ist nicht sinnvoll, weil damit die Anzahl der Transaktionen besteuert wird. Wenn ich als hundert Euro N mal hin und her transferiere und für jede Transaktion einen Anteil P steuern bezahlen muss, habe ich nur noch GeldNachher = Geldvorher*(1 - P)^N.

Leute, die ein geringes Risiko eingehen wollen, machen eher viele Transaktionen mit geringen Gewinnen, während Leute, die ein hohes Risiko eingehen, eher wenige Transaktionen mit hohen Gewinnen durchführen.

Es werden durch diese Besteuerung riskante Geschäfte belohnt. Das führt nicht unbedingt zu einem stabileren Finanzsystem.
  GRUENE   IDL   SII, KSP   FPi
  CKP, KDP   UNION   NIP   LPP
  Volk, Sonstige
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