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Fragenübersicht SPANIEN: Sollte man die Milliarden - statt in die Bankenrettung - lieber in die Finanzierung der notleidenden Immobiliendarlehen stecken?
Anfang-2021 - 40 / 45 Meinungen+20Ende
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27.06.2012 17:07 Uhr
@teufel

Ja das ist meine Einschätzung und ich denke die ist sehr realistisch.

Alles andere wäre sehr spekulativ und lenkt vom eigentlichen Thema ab.

Er hat darauf spekuliert seinen Job zu behalten,hat aber nicht geklappt.Jetzt muss er sich günstigeren Wohnraum suchen und verliert sein Eigenheim (was nicht einmal ansatzweise bezahlt worden ist)

Die Bank versucht das wiederum zu verkaufen,weil Sie im Gegensatz zum Kreditnehmer dieses schon bezahlt hat.

Für beide Seiten ne ungünstige Situation ,nur das die Bank das große Glück hat,unterstützt zu werden.Da sie dummerweise nicht einfach sagen kann..huch ich hab kein Geld mehr...

27.06.2012 17:14 Uhr
Zitat:


Ja das ist meine Einschätzung und ich denke die ist sehr realistisch.


Wie ich schon sagte, das ist deine Einschätzung. Aber nochmal, es wären auch viele andere Szenarien möglich gewesen, die ebenfalls sehr realistisch gewesen wären - zu damaligen Zeit.
27.06.2012 17:17 Uhr
Zitat:
Da ich aber davon ausgehe, dass weder du noch ich Hellsehen können, ist das eine rein fiktive Annahme. Sein Lohn hätte in den folgenden Jahren ja auch rasch ansteigen können


Hier hilft einem Finanzunternehmen das "Gesetz der großen Zahlen": Je mehr Fälle dem gleichen Zufallsereignis unterworfen werden, desto mehr nähert sich das Gesamtergebnis dem statistischen Erwartungswert an.
Sprich: Wenn man eine Million Menschen Kunden hat, kann man in Bezug auf Ausfallrisiken getrost einen statistischen Erwartungswert drüberlegen.

Ein paar Fälle sind dann natürlich dabei, die unabhängig von einem Teilerlass plötzlich zu Millionären werden. Andere bleiben ewig arme Schlucker. Wenn aber der Erwartungswert richtig berechnet ist, dann kommt das Institut dadurch nicht ins Wanken. Das gleiche gilt für geplatzte Kredite: Hier muss ich im Prinzip mit den vorhandenen Einkommen einen neuen Erwartungswert berechnen. Und ich muss berechnen, dass hier selbst erfüllende Prohpezeihungen eintreten. Wenn ich sage: "Du bist klug genug um 5000€ monatlich zu verdienen, also nehme ich Dir monatlich bis zum Lebensende 3500 € ab!", versinkt mein Kunde in Lethargie und hat keinen Anreiz mehr, überhaupt für mehr als die Pfändungsgrenze von 1500€ zu arbeiten. Sage ich dagegen "Wenn Du mir 5 Jahre lang 200€/Monat bezahlst, bist Du schuldenfrei", dann kann ich mehr erwarten. Freilich, vielleicht muss ich auch von den 200 € irgendwann runter gehen. Aber es geht hier um statistische Werte, die wenigstens tendenziell passen sollten. Und nur eine Zahl zu sein, kann in solchen Fällen auch dem konkreten Menschen zu Gute kommen.
27.06.2012 17:22 Uhr
Widu, das war nicht auf dich bezogen. Ich habe deine Meinung schon verstanden und finde die in Ordnung.
27.06.2012 19:01 Uhr
@teufel

widu sagt nichtsd anderes als ich..nur halt etwas ausführlicher.

27.06.2012 19:26 Uhr
"Die Gier die den Bänkern und dem Finanzsystem zu Recht vorgeworfen wird,ist beim "kleinen" Mann genauso (wie oben ausgeführt) ausgeprägt"

Nur die Unterschiede in den Dimensionen wirken sich aus wie Tag und Nacht.Es ist das deregulierte Finanzsystem das die Voraussetzung dieser Gier ist,und so lange diese Deregulierung bestand hat,wird sich das so halten und steigern.
27.06.2012 19:44 Uhr
Nein @SBF_ - er differenziert auch...
27.06.2012 22:18 Uhr
Nein, angesichts dessen, dass viele der finanzierten Bauten Schwarzbauten ohne jede Genehmigung sind und diese auch nie erteilt worden wäre, sollte man diesen Irrsin jetzt nicht auch noch unterstützen.

Die spanische Immobilienblase war auf Sand gebaut und musste platzen.
28.06.2012 06:47 Uhr
Es ist schon faszinierend, dass diejenigen, die durch den Wertverfall ihrer Häuser ruiniert wurden, im Regen stehen bleiben, während die Banken auf Steuerzahlerkosten saniert werden.

Die Armen dürfen verrecken, und den Reichen ersetzt man ihre Verluste am Spieltisch.
28.06.2012 12:06 Uhr
Zitat:
Die Armen dürfen verrecken, und den Reichen ersetzt man ihre Verluste am Spieltisch.


Da hast Du leider Recht. Deshalb brauchen wir endlich die deregulierte Marktwirtschaft ohne permanente Rettungspakete für abgewirtschaftete Banken und auch ohne Rettungspakete für abgewirtschaftete Staaten wie Griechenland.

Es ist bekannt, dass eine hohe Kreditaufnahme auch bei niedrigen Zinsen irgendwann zur Überschuldung führt. Es ist bekannt, dass die Wertsteigerung einer Geldanlage ohne entsprechende Nachfrage zu einer Blase führt und für diese Weisheiten braucht man keine Top-Berater.

Wer sich über diese bekannte Logik hinwegsetzt und jetzt nach Rettungspaketen schreit, weil ohne ihn angeblich das Wirtschaftssystem den Bach runter gehen würde, der sollte keinesfalls weiter gerettet werden, sondern hier muss dann eine Marktbereinigung stattfinden.
28.06.2012 13:00 Uhr
@Widu
Wieso kann man nicht die Wirtschaft reguliert lassen und die Banken pleite gehen lassen?

Was genau hat das eine mit dem andern zu tun?

Dein Vorschlag klingt verdächtig neoliberal...
28.06.2012 13:45 Uhr
Zitat:
Wieso kann man nicht die Wirtschaft reguliert lassen und die Banken pleite gehen lassen?


Die Bankenrettung IST eine Regulation der Wirtschaft. Der Staat greift ein, damit ein ineffizientes Unternehmen weiterhin besteht, das nach den Gesetzen des Marktes pleite gehen würde.

Zitat:
Dein Vorschlag klingt verdächtig neoliberal...


"Neoliberal" ist derzeit nichts als ein linker Kampfbegriff. So wie die Sowjetunion alles außerhalb des orthodoxen Marxismus als "kapitalistisch" bezeichnet hat, so wird heute jeder Zweifel an der Allmacht einer Staatsinstanz als "neoliberal" bezeichnet. Es handelt sich um eine substanzlose Hülle, aber gut, der Begriff "neoliberal" beleidigt nicht, insofern ist mir das wurscht.

Die Wirtschaft ist letztlich nichts anderes als eine sehr abstrakte Form der Logistik, was auf einer mathematischen Logik beruht. Ihre wesentlichen Gesetze sind in jedem Wirtschaftssystem die gleichen. Und es ist einfach anmaßend zu glauben, dass man wesentliche Gesetze der Logik einfach durch ein verändertes Wirtschaftssystem aushebeln könnte. Das ist so vermessen, wie mit einem Systemwechsel die Physik zu verändern.

Man kann mit neuen Antrieben neue Wirkungsprinzipien von Motoren erforschen. Die beruhen aber auf der gleichen Physik wie die Verbrennungsmotoren oder ein Fahrrad. Ebenso kann man das Wirkungsprinzip der Wirtschaft verändern, die Logik dahinter wird aber stets die gleiche bleiben. Und diese Logik, die sich nicht aushebeln lässt besagt natürlich auch, dass ein System nicht mehr ausgeben kann als es einnimmt. Das perpetuum mobile funktioniert in der Wirtschaft so wenig wie in der Physik. Daran wird auch jedwede Regulierung nichts ändern. Und mich nervt es schon ein wenig, wenn geglaubt wird, man könne alles durch Regulierungen verbessern. Der Bankensektor ist bereits äußerst reguliert. Am stärksten reguliert sind die öffentlichen Banken. Und die haben sich in der Finanzkrise nicht mit mehr Ruhm bekleckert als die Privatbanken.

Der weitere Denkfehler beruht darauf, dass mit "Regulierung" eigentlich nur gemeint ist, dass tendenziell sinnvolle Handlungen künftig erschwert werden sollen, etwa Spekulation oder Finanztransaktionen. Als ob das der Grund der Finanzkrise gewesen wäre.

In der Uni wird den Leuten von vornherein beigebracht, dass keine Geldanlage aus dem nichts heraus dauerhaft an Wert gewinnt und jede willkürliche Wertschwankung nach oben mathematisch bedingt in gleicher Weise nach unten ausschlagen kann. Diese altbekannten Regeln sind in den USA und in Spanien ignoriert worden. Man sieht es ja in diesem Fall: Die Bank hat den Hauskauf eines Handwerkers zu 100% finanziert. Dabei hätte sie bedenken müssen, dass die Immobilienpreise Spanien in den letzten Jahren aus dem Nichts rasant gestiegen sind und ebenso stark wieder aus dem Nichts fallen könnten.

Das ist etwa so, wie wenn ein Statiker berechnet, dass eine Brücke exakt 100 Tonnen aushalten kann. Normalerweise garantiert ein Statiker in solch einem Fall dann nur 50 oder 80 Tonnen Belastungsfähigkeit, damit ein Sicherheitsspielraum bleibt. Was wir hier haben, ist dass nun ein exakt 100 Tonnen schwerer Zug über die Brücke gefahren ist und ein weiterer Zug, der ebenfalls um die 100 Tonenn gewogen hat, die gleiche Brücke befahren hat. Gemäß dem Motto "100 Tonnen sind ja in Ordnung". Das Ergebnis: Die Brücke bricht zusammen und man faucht den Architekten und die vermeintlich minderwertige Bauweise an und nicht die Tatsache, dass die Brücke wider besseres Erfahrungswissen überlastet wurde.

Das Problem liegt nicht im Wirtschaftssystem. Es liegt auch nicht daran, dass es gegen Spekulation oder ähnliches zu wenig Gesetze geben würde (es gibt eher zu viel). Die meisten Regulierungen sind völlig nutzlos und hinderlich, da sie gar keine klare Linie verfolgen. Oder dient es etwa der Finanzmarktstabilität, dass eine Regulierung besagt, dass mittelfristige Goldspekulationen steuerbefreit sein müssen?
Das Problem ist, dass in diesem Ungetüm von Regulationen durch die kein Mensch mehr durchblickt viel zu wenig Sicherheitsspielraum einkalkuliert wurde. Das gilt für die Besicherung von Krediten genauso wie für den Schuldenspielraum der Staaten.

Man löst das Problem von einstürzenden Brücken nicht, indem man dem Schaffner die Farbe seiner Unterwäsche vorschreibt und weiterhin keine Spielräume für die Sicherheit schafft. Und ebenso lösen wir das Problem mit platzenden Krediten nicht, wenn Transaktionen erschwert werden und trotzdem weiterhin keine Spielräume für die Sicherheit lassen.

Wir haben bereits zu viele Regulationen, die keinen tieferen Sinn verfolgen und lediglich die Wirtschaft behindern, dafür aber der einen oder anderen Clique Gewinne zuschanzen. So ziemlich alle Regulierungsvorschläge kommen von Leuten, die keinen blassen Schimmer von der Wirtschaft haben und am Problem vorbeigehen. Weder Umverteilungen noch Anti-Spekulationsgesetze tangieren das Problem fehlender Sicherheitsreserven mit denen diese ganze Krise ausgelöst wurde.

Ich bin für eine Deregulation, indem überflüssige Regeln gestrichen werden. Wir müssen uns auf die Regeln beschränken, die einen tatsächlichen Sinn haben. Wenn der Lokführer sich mehr um die korrekte Erscheinungsform seiner Schnürsenkel kümmern muss, daher Signale übersieht und die Gesellschaft die Lösung der Verkehrsgefährdung darin sieht, Freifahrscheine für alle und Subventionen für die Bahngesellschaften zu fordern, dann gibt es ziemlich genau jene Situation in der wir uns gerade befinden.
28.06.2012 17:47 Uhr
Bei dir besteht da ein Denkfehler. Die Regeln sind nicht ohne klare Linie. Sie sind konsistent darauf ausgerichtet, eine bestimmte Gruppe von Menschen (nennen wir sie "Elite") zu bevorzugen und zu bereichern. Bei der Bankenrettung geht es einzig um Vermögenssicherung. Damit man davon profitiert muss man zunächst mal ein nennenswertes Vermögen haben.

Letztlich wirken Bankenpleiten wie eine Enteignung aka Umverteilung. Genau dagegen sträubt man sich politisch.

Die Regeln werden benutzt, die natürlichen Bereicherungsprozesse des Wirtschaftssystems zu verstärken und zu konsolidieren.
28.06.2012 22:11 Uhr
@ Widu Waldgeist

Hier hilft einem Finanzunternehmen das "Gesetz der großen Zahlen": Je mehr Fälle dem gleichen Zufallsereignis unterworfen werden, desto mehr nähert sich das Gesamtergebnis dem statistischen Erwartungswert an.
Sprich: Wenn man eine Million Menschen Kunden hat, kann man in Bezug auf Ausfallrisiken getrost einen statistischen Erwartungswert drüberlegen.


Das war doch genau die Denkweise, auf der die toxischen Finanzprodukte beruhten.

Aber wie läßt sich in einer Großkrise ein statistischer Erwartungswert ermitteln?

Die Wirtschaft ist letztlich nichts anderes als eine sehr abstrakte Form der Logistik, was auf einer mathematischen Logik beruht. Ihre wesentlichen Gesetze sind in jedem Wirtschaftssystem die gleichen. Und es ist einfach anmaßend zu glauben, dass man wesentliche Gesetze der Logik einfach durch ein verändertes Wirtschaftssystem aushebeln könnte. Das ist so vermessen, wie mit einem Systemwechsel die Physik zu verändern.


Es ist umgekehrt Hybris, wenn die Ökonomik meint, ihren Lehrsätzen den gleichen Status wie Naturgesetzen zuschreiben zu können.

In der Uni wird den Leuten von vornherein beigebracht, dass keine Geldanlage aus dem nichts heraus dauerhaft an Wert gewinnt und jede willkürliche Wertschwankung nach oben mathematisch bedingt in gleicher Weise nach unten ausschlagen kann. Diese altbekannten Regeln sind in den USA und in Spanien ignoriert worden. Man sieht es ja in diesem Fall: Die Bank hat den Hauskauf eines Handwerkers zu 100% finanziert. Dabei hätte sie bedenken müssen, dass die Immobilienpreise Spanien in den letzten Jahren aus dem Nichts rasant gestiegen sind und ebenso stark wieder aus dem Nichts fallen könnten.

Was Karl Kraus über die Journalisten sagte, gilt offenbar auch für die Wirtschaftswissenschaftler:

Der Ökonom "ist immer einer, der nachher alles vorher gewusst hat".
29.06.2012 04:45 Uhr
Zitat:
Das war doch genau die Denkweise, auf der die toxischen Finanzprodukte beruhten.


Toxisch wurden sie durch etwas anderes, nämlich durch eine unvorsichtige Berechnung des Erwartungswertes.

Wenn Du die Belastungsfähigkeit einer Brücke berechnest, gehst Du auch von einer bestimmten Beschaffenheit des Materials aus, Du legst einen Erwartungswert über die Verarbeitung der Schrauben drüber und musst einkalkulieren, dass einzelne Bauteile sehr wohl von der Norm abweichen können. Ist diese Vorgehensweise schuld daran, wenn ein Bauwerk einbricht?

Völlig exakte Messwerte hast Du auch in der angewandten Physik nicht. Kein Statiker kann die Belastungsfähigkeit einer Autobahnbrücke auf den Gramm genau berechnen, zumindest in der Praxis nicht. Daher arbeiten auch Naturwissenschaftler in der Praxis mit Erwartungswerten und Toleranzen.

Das Problem an den toxischen Papieren war nicht das Einbrechen der Häuserpreise, sondern die Tatsache, dass bei der Berechnung der Kredite das Einbrechen der Häuserpreise - entgegen altbekannter Weisheiten - nicht einkalkuliert wurde. Zugegeben hat mich dieses Ausmaß ähnlich überrascht, wie Dich ein Statiker überraschen würde, der bei einer Berechnung ob ein Haus einstürzen kann, nicht mit der Möglichkeit eines Südwindes gerechnet hat.

Zitat:
Aber wie läßt sich in einer Großkrise ein statistischer Erwartungswert ermitteln?


So wie sich physikalisch die Belastungsfähigkeit einer Brücke unter den Bedingungen einer Sturmflut ermitteln lässt. Durch die Verschärfung bestimmter Parameter und die Abschätzung der entsprechenden Folgewirkungen.

Zitat:
Es ist umgekehrt Hybris, wenn die Ökonomik meint, ihren Lehrsätzen den gleichen Status wie Naturgesetzen zuschreiben zu können.


Die Tatsache, dass Kapital nur eine Abstraktion realer Ressourcen ist und diese den Gesetzen der Physik unterliegen, schafft diese Gesetze. Ich kann nichts verteilen, was nicht ist. Kapital ist nur eine Abstraktion dessen was ist bzw. in der zeitlichen Dimension, was vermutlich sein wird (und dann habe ich die gleichen Unsicherheiten, wie ein Physiker oder Ingenieur, der die Festigkeit eines künftigen Bauwerkes vorhersagen will). Ich kann auch den Bremsweg eines Autos berechnen. Wenn auf der Fahrbahn vermutlich Öl sein wird, muss ich einen anderen Wert einsetzen als auf trockener Fahrbahn. Wenn jemand den Bremsweg eines Raffinerie-Fahrzeugs berechnet und sich hinterher beschwert, er hätte bei einer Ölraffinerie nicht mit Öl gerechnet und sich daher im Bremsweg verschätzt, ist dann die Physik eine Hokus-Pokus-Wissenschaft, die keinen Bremsweg berechnen kann?

Zitat:
Der Ökonom "ist immer einer, der nachher alles vorher gewusst hat"


Die Finanzkrise habe ich nicht vorausgesehen, erst recht nicht in diesem Ausmaß. So wie kein Naturwissenschaftler den Untergang der Costa Concordia voraussagen konnte (es sei denn, er wäre mit einer Seekarte auf dem Schiff gewesen). Aber so wie ein Naturwissenschaftler den Untergang physikalisch korrekt beschreiben kann und darlegen kann, warum der Kapitän Mist gebaut hat, so kann ein Ökonom nachvollziehen, dass das Verhalten einiger Banken Mist war und allen bestehenden Erkenntnissen der Wissenschaft zuwider lief.

Im Vorfeld der Finanzkrise wurde der Erwartungswert der Kredite falsch berechnet. Es ist nicht falsch, einen Erwartungswert zu verwenden. Es ist aber falsch, einen Erwartungswert zu verwenden, der keine Sicherheitsreserven hat und der auf falschen Annahmen beruht. Eine dieser falschen Annahmen war es, Immobilien könnten im Preis nur steigen. Dem Stand der Wissenschaft hat diese Annahme nicht entsprochen.


Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 29.06.2012 06:48 Uhr. Frühere Versionen ansehen
29.06.2012 04:53 Uhr
Zitat:
Die Regeln sind nicht ohne klare Linie. Sie sind konsistent darauf ausgerichtet, eine bestimmte Gruppe von Menschen (nennen wir sie "Elite") zu bevorzugen und zu bereichern.


Sagen wir so: Die Regeln sind von einer politischen Lobby beeinflusst. Und weil sich je nach Wetterlage eine andere Lobby durchsetzt, weil manche Dinge überholt sind und weil die politische Lobby häufig recht kurzfristig denkt, sind unsere Regularien eine ziemliche Flickschusterei. Vergleichbar mit einem Auto, das nicht drei Pedale, sondern 2000 davon hat, alle willkürlich angeordnet. Solch ein Auto wäre kaum steuerungsfähig und eine Verkehrsgefährdung - gerade weil es überreguliert wäre.
29.06.2012 10:20 Uhr
@Widu
Du überschätzt die Komplexität. Das Ergebnis wiederum ist sehr simpel, selbst in der Krise werden Reiche reicher...
29.06.2012 13:43 Uhr
@ Widu Waldgeist

Das Problem an den toxischen Papieren war nicht das Einbrechen der Häuserpreise, sondern die Tatsache, dass bei der Berechnung der Kredite das Einbrechen der Häuserpreise - entgegen altbekannter Weisheiten - nicht einkalkuliert wurde. Zugegeben hat mich dieses Ausmaß ähnlich überrascht, wie Dich ein Statiker überraschen würde, der bei einer Berechnung ob ein Haus einstürzen kann, nicht mit der Möglichkeit eines Südwindes gerechnet hat.

Das macht das ganze ja nur noch blamabler für die herkömmmliche Ökonomik.

Schließlich gab es mit der japanischen Immobilienblase, die Anfang der 1990er Jahre platzte, ein anschauliches Beispiel aus jüngerer Zeit für verheerende Entwicklungen dieser Art.

Die Tatsache, dass Kapital nur eine Abstraktion realer Ressourcen ist und diese den Gesetzen der Physik unterliegen, schafft diese Gesetze.

Das ist eine groteske Sichtweise. Natürlich fließen in die Erzeugung der Werte, um die es in der Wirtschaft geht, auch physikalische Ressourcen ein - aber das heißt natürlich nicht, daß sich diese Werte mit physikalischen Gesetzen herleiten lassen.

Würde denn etwa irgendwer im Ernst behaupten wollen, der Wert von van Goghs Sonnenblumen-Gemälden ließe sich aus den zur Erzeugung der Sonnenblumen, der Vase, der Leinwand, der Farben und der Pinsel erforderlichen physikalischen Ressourcen herleiten?

Die Finanzkrise habe ich nicht vorausgesehen, erst recht nicht in diesem Ausmaß.

Du nicht - aber anderen Ökonomen ist das gelungen, wie diese beiden Aufsätzen aus dem Jahr 2006 zeigen:

http://michael-hudson.com/wp-content/uploads/2010/03/RoadToSerfdom.pdf

http://evatt.org.au/news/lily-pond.html


Allerdings haben Michael_Hudson und Steve_Keen für Auffassungen, wie du sie hier vertrittst, nur Hohn und Spott übrig.

Editiert: Fehlende Wörter ergänzt

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 29.06.2012 15:45 Uhr. Frühere Versionen ansehen
29.06.2012 16:14 Uhr
Zitat:
Das macht das ganze ja nur noch blamabler für die herkömmmliche Ökonomik.

Nein, es macht es blamabler für diejenigen, die diese Ökonomik nicht richtig angewendet und systematisch Kredite rausgegeben haben, die 100% der besicherten Immobilie abgedeckt haben. Wieder der Vergleich mit dem Statiker: Wenn er die Tragfähigkeit auf genau 100 Tonnen berechnet und einen genau 100 Tonnen schweren Zug drüberfahren lässt, dann irrt nicht die Physik, sondern das Gefahrenbewusstsein des Statikers.

Zitat:
Würde denn etwa irgendwer im Ernst behaupten wollen, der Wert von van Goghs Sonnenblumen-Gemälden ließe sich aus den zur Erzeugung der Sonnenblumen, der Vase, der Leinwand, der Farben und der Pinsel erforderlichen physikalischen Ressourcen herleiten?


Wenn Du den Materialwert oder die Herstellkosten des Kunstwerkes schätzt, wäre dieser Gedankengang nicht so ganz blöde. Die zeitliche Bindung des pinselnden Malers wäre als weitere Ressource noch erwähnenswert. Wenn Du den ideellen Wert schätzt, so solltest Du bedenken, dass es rein logisch nur ein Original geben kann, der Anblick des Bildes aber mittels Druckmaschinen etc. fast unendlich verfügbar ist. Und das hat alles nichts mit dem Wirtschaftssystem zu tun, allerhöchstens noch mit dem Copyright.

Bei der Wirtschaft geht es vorrangig um Ressourcen, die wiederum Ressourcen erzeugen oder konsumptiv verbraucht werden können. Kein Wirtschaftssystem der Welt kann etwas daran ändern, dass Du Samen brauchst um ernten zu können oder dass Du mit Hilfe von Maschinen normalerweise mehr produzieren kannst als mit einem Faustkeil. Ein Wirtschaftssystem kann diese Tatsache zeitweilig ignorieren. Aber es kann sie nicht ausser Kraft setzen. Wirtschaft unterliegt letztlich den Gesetzen der Physik und diese macht sich eben bemerkbar, wenn man sie ignoriert.

Zu Steve Keen und Michael Hudson:

Es ist ein recht anstrengender Stil von Dir, dass Du nur einfach mal einen Link hinwirfst und sagst: "Hier, der bestätigt meine Meinung, lese Dich mal durch die zig Seiten hier durch, dann verstehst Du, was ich meine."

Machen wir es doch anders: Du sagst mir, welche Auffassung von Keen oder Hudson Du für richtig hältst und ich sage Dir dann, was ich davon halte. Dieses reine Reinsetzen von Links und Fremdzitaten ohne Widergabe mit eigenen Worten ist einfach recht anstrengend.

Beispielsweise habe ich mich jetzt durch den Text "Road to Serfdom", den Du verlinkt hast durchgewälzt. Worauf Du eigentlich hinauswillst, verstehe ich immer noch nicht. Im Prinzip warnt Hudson davor, dass dem Wertanstieg der Immobilien kein realer Wertanstieg gegenüber steht. Es ist gerade das, was ich auch behaupte: Wirtschaft hat mehr mit Physik zu tun, als vielen lieb ist und man kann dies nur zeitweilig ignorieren, irgendwann kommt der Aufschlag. Dass Blasen entstehen können, ist nichts Neues. Dass man nicht in eine Geldanlage investieren soll, nur weil sie in der Vergangenheit gestiegen ist, ist auch nichts Neues, ich predige das seit Längerem.
Und dass es für beide Seiten nicht unproblematisch ist, Kredite für bloßen Konsum aufzunehmen, ist ebenso nicht neu, im Prinzip alles Thesen, die ich seit Jahren hier vertrete.

Wo vielleicht ein Dissens bestehen könnte, wäre das Beispiel vom Josefspfennig. Hier bin ich nicht mit der These des notwendigen Zusammenbruchs einverstanden, weil der unterstellte Zinssatz von 5% kein ehernes Gesetz ist. Wenn die Investitionen keine höhere Rendite mehr bringen, weil das Wachstum an die Grenzen stößt, kann man auch die 5% nicht mehr am Markt durchsetzen.

Daher eine Bitte an Dich: Formuliere mal eigene Gedanken, anstatt nur Links zu seitenlangen, oft fremdsprachigen Texten reinzustellen aus denen gar nicht hervorgeht, was überhaupt Deine eigene Meinung ist. Wie soll ich Dir vernünftig antworten, wenn ich gar nicht weiß, was Du eigentlich gemeint hast?

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 29.06.2012 18:19 Uhr. Frühere Versionen ansehen
29.06.2012 18:19 Uhr
@ Widu

...diese Ökonomik nicht richtig angewendet...

Genauso argumentieren auch die Fans der Planwirtschaft: Der Sozialismus wurde lediglich nicht richtig angewendet usw. usf.

Wenn Du den Materialwert oder die Herstellkosten des Kunstwerkes schätzt, wäre dieser Gedankengang nicht so ganz blöde. Die zeitliche Bindung des pinselnden Malers wäre als weitere Ressource noch erwähnenswert.

Dieser Gedankengang ist aber blöd und damit auch dein Manöver, davon abzulenken, daß es in einem Wirtschaftsystem zuallererst um Werte geht.

Beispielsweise habe ich mich jetzt durch den Text "Road to Serfdom", den Du verlinkt hast durchgewälzt. Worauf Du eigentlich hinauswillst, verstehe ich immer noch nicht.

Ist das so schwer zu verstehen?

Die aktuelle Weltwirtschaftskrise war vorhersehbar - aber nur für Leute, die ein komplexeres System der Wirtschaft entwerfen als das von dir präsentierte (nämlich eins, in dem es solche Dinge wie Geld, Schulden, Zeit und Macht gibt).

Allmählich kann ich den Wutanfall von Tilia in Plaue nachvollziehen...
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