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Fragenübersicht Ist es korrekt, dass der Holocaust eine Folge des Kolonialismus war, wie es im neuen Historikerstreit von einigen angedacht wird?
1 - 12 / 12 Meinungen
11.05.2021 22:46 Uhr
Das ist in meinen Augen schon sehr weit hergeholt. Andere Zeiten, andere Werthaltungen.

Die These scheint für mich ein wenig linke Schlagseite zu haben, aber ich höre mir die Argumentation trotzdem gerne an.
11.05.2021 23:08 Uhr
Kann ich mir nicht vorstellen. Antisemitismus ist sehr alt, hat mir Kolonialismus nicht zwingend so viel zu tun. Das ganze NS-Regime war ja auch viel mehr als nur kolonialistisch. Da ging es ja nicht darum aus strategischen Gründen Länder zu beherrschen sondern um die Eroberung von Lebensraum unter schrittweiser Auslöschung der dortigen Bevölkerung.
11.05.2021 23:09 Uhr
Mir sind schon schlimmere Auffassungen über den Holocaust untergekommen. Die These ist einigermaßen fragwürdig, denn der deutsche Kolonialismus wurde ausgerechnet gegen die Sklaverei begründet. Das wäre ziemlich eigenartig, wenn ausgerechnet dies das Alleinstellungsmerkmal unter den Kolonialmächten wäre, warum der Holocaust schließlich in Deutschland stattfand.
12.05.2021 00:07 Uhr
Da ist was dran, auch wenn es m. E. nicht erklärt wie der Faschismus die politische Macht erobern konnte oder sagen wir erzwungen hat. Das würde die Sache sehr vereinfachen.
12.05.2021 05:47 Uhr
Der deutsche Kolonialismus war doch recht bescheiden. Zudem kam er recht spät- man bekam, was übrig war. Die Sklaverei war vorbei, die ersten "Kolonialisten" waren Privatkeute, erst im Endstadium gab es Schutztruppen, staatliche Verwaltung und Infrastrukturausbau.
Alles in allem mehr eine exotische Erweiterung und nicht zu vergleichen mit den Exzessen anderer Nationen.
12.05.2021 07:35 Uhr
Der Holocaust war nicht einfach nur tradierter Antisemitismus oder eine Verlängerung kolonialistischer Praktiken. In Afrika haben England und Belgien in ihren Kolonien mindestens genauso stark gewütet.

Der Holocaust ist vielmehr organisch aus der europäischen Zivilisation heraus entstanden und ausgeführt worden. Seine Akteure waren nie in Afrika gewesen, sondern bedienten sich der in Europa vorhandenen antisemitischen Impulse, einer europäischen Logistik und einer europäischen Art der Disziplin. Das ist eine ganz neue und schreckliche Art des Ermordens von Menschen gewesen: industriell und nach dem Fahrplan der Reichsbahn.

Den Holocaust auf den Kolonialismus zu schieben ist für etwas, wie sich aus der Verantwortung für das zu stehlen, was eben nicht im fernen Afrika, sondern buchstäblich vor unserer Haustür geschehen ist.
12.05.2021 07:40 Uhr
Nein. Die Formel "..angedacht.." heißt, daß man etwas ausspricht, bevor man wirklich darüber nachgedacht hat. Der Holocaust war ein bisher einzigartiges Phänomen, während Kolonialismus weitverbreitet war. Man könnte genauso behaupten, der Holocaust war eine Folge der Kreuzigung Jesu.
12.05.2021 07:43 Uhr
Zitat:
Man könnte genauso behaupten, der Holocaust war eine Folge der Kreuzigung Jesu.


Ein Teil der Antisemitismus - der Antijudaismus beruhte aber auf dieser These. Die Juden haben Jesus gekreuzigt. Mittelalterliche Mobs wurden mit dieser Parole mobilisiert.

Die SS war bekannterweise weniger an solchen Fragen interessiert, noch daran interessiert sich beim Christentum zu bedienen.

12.05.2021 08:09 Uhr
Zitat:
Die wahre Erbsünde sei der Kolonialismus und der Rassismus gegen Schwarze, der Holocaust ein abgeleiteter Spezialfall. Die auf ihn fokussierte deutsche Erinnerungskultur bezeichneten die beiden in der „Zeit“ als „provinziell“.


Ich halte es für falsch, den Kolonialismus und Rassismus mit der Shoa zu verweben und die Shoa in diesem Zusammenhang gar als "provinziell" zu verharmlosen.

Die Ermordungung von Menschen in Vernichtungslagern ist ein einzigartiges Verbrechen, wie es auch die rassistisch motivierten Verbrechen waren und sind. Die Aufrechnung der Taten untereinander hilft nur der Rechtfertigung der Täter.
12.05.2021 11:24 Uhr
Wer alles Übel in der Welt ausschließlich in Europa verortet, macht Europa zum Zentrum der Welt - so wie es zur Kolonialzeit üblich war. Das ist der große Denkfehler vieler, die sich heute mit dem Thema "Kolonialismus" beschätigen.

Léopold Séde Senghor, der erste Präsident des Senegal nach der Unabhängigkeit, hat mal sinngemäß gesagt: "Wir Afrikaner werden auf die Leistungen der europäischen Kolonialherren noch einmal schauen wie die Europäer auf die Leistungen ihrer römischen Kolonialherren. Eine Eisenbahnlinie aus der Zeit des Kolonialherrschaft ist dann ähnlich wie ein Viadukt aus römischer Zeit."
12.05.2021 18:25 Uhr
Deutsche und britische Eisenbahnen: ja
Bei den Belgiern habe ich immer die Szene aus "Tim im Kongo" vor Augen.
Damals war Herge schon recht böse gegen die Afrikaner, im Gegensatz zu den Chinesen.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 12.05.2021 19:02 Uhr. Frühere Versionen ansehen
13.05.2021 18:53 Uhr
Der Holocaust ist vielleicht nicht das beste Beispiel, weil er doch, zusammen mit dem Porajmos, eine geschichtliche Sonderstellung hat. Aber die faschistischen Diktaturen allgemein waren einfach das, was Demokratien in den Kolonien schon "erprobt" hatten, auf Europa übertragen. Wer es nicht glauben mag, informiere sich über die Gräuel z.B. im Kongo-"Freistaat".
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