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Fragenübersicht Arabischer Frühling oder islamistischer Herbst?
1 - 20 / 37 Meinungen+20Ende
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26.07.2012 13:31 Uhr
Ich befürchte diesen islamistischen Herbst bereits seit im vorletzten Frühling die Muslimbruderschaft zunehmenden Einfluss auf die Tahrir-Bewegung nahm.
Mein diesbezüglicher Pessimismus scheint sich nun leider zunehmend zu bestätigen.
26.07.2012 13:48 Uhr
Es wird eher ein islamistischer Herbst werden, denn es gibt keine Sowjetunion mehr die zwecks Scheinwahrung irgendwelche religiösen Nationaldeppen dazu bringt sich ein wenig sozial und weltlich zu maskieren. Die progressiven linken Kräfte sind eh viel zu schwach und so genannte Liberalen haben mit ihrer Wirtschaftspolitik auch verspielt. Neben Ägypten haben die Islamisten ja auch gut in Marokko und Tunesien abgeschnitten. In Libyen weiß ich persönlich gar nicht so genau woran man ist, da mir nicht klar ist, wofür die vielen "unabhängigen" Mandatsträger stehen. In Syrien ist in der Tat wenig Gutes zu erwarten und Regime wie das im Iran und das in Saudi-Arabien werden bestehen bleiben und weiterhin ihren Einfluss ausüben.
26.07.2012 14:03 Uhr
ich kann da nur sagen: abwarten und teetrinken.

das erste problem ist, dass alleine der begriff des "arabischen frühlings" eine einheitlichkeit suggeriert, die es gar nicht gab und gibt. die regionalen und nationalen konflikte könnten unterschiedlicher nicht sein, weshalb auch die allgemeine analyse äußerst schwierig ist.

libyen, tunesien und marrokko z.b. sind allein staatlich vollkommen unterschiedlich strukturiert (gewesen). dazu kommt, dass in vielen ländern eine gleichzeitigkeit von ethnischen, religiösen, sozialen und politischen konflikten vorliegt.

auch in der bewertung des "islamismus" wäre ich etwas differenzierter, da zwischen islamischen, streng-orthodox-islamischen, islamistischen und salafistischen kräften unterschieden werden muss. die alle in den topf "islamismus" zu schmeißen ist dann doch sehr plump.

genauso wie ich zu beginn der veranstaltung "arabischer frühling" den optimismus nicht teilen konnte, teile ich nun den plötzlichen pessimismus nicht.

es war klar, dass aus libyen oder ägypten eine liberaldemokratischen länder westeuropäischen vorbilds werden würden.

auch nach kollaps des warschauer paktes, sind zunächst viel eher paternalistisch-mafiöse staatswesen entstanden.
26.07.2012 14:20 Uhr
@angelus

Zitat:
auch in der bewertung des "islamismus" wäre ich etwas differenzierter, da zwischen islamischen, streng-orthodox-islamischen, islamistischen und salafistischen kräften unterschieden werden muss. die alle in den topf "islamismus" zu schmeißen ist dann doch sehr plump.


Wobei sich die Frage stellt, von welchem Wert diese Unterscheidungen konkret für eine Kritik sind, wenn die liberal- oder gar säkular-islamischen Strömungen in den betreffenden Ländern zunehmend marginalisiert erscheinen.

Oder anders gesagt: Was nützt mir eine arabische Generation Facebook, wenn sie mehrheitlich "I like Scharia" klickt?!

Das Prinzip Hoffnung ist zwar ein menschlich notwendiges Prinzip, sollte aber trotzdem in konkreten Analysen keine signifikante Rolle spielen.

Zitat:
genauso wie ich zu beginn der veranstaltung "arabischer frühling" den optimismus nicht teilen konnte, teile ich nun den plötzlichen pessimismus nicht.

es war klar, dass aus libyen oder ägypten eine liberaldemokratischen länder westeuropäischen vorbilds werden würden.


Ja. Aber gerade weil das offenkundig so klar scheint, berechtigt das zu dieser Klarheit gehörende "warum" schon zu gehörigem Pessimismus.

Zitat:
auch nach kollaps des warschauer paktes, sind zunächst viel eher paternalistisch-mafiöse staatswesen entstanden.


Den Vergleich finde ich jetzt ehrlich gesagt eher ziemlich schief, da die gesellschaftichen Bedingungen kaum unterschiedlicher sein könnten.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 26.07.2012 16:26 Uhr. Frühere Versionen ansehen
26.07.2012 14:41 Uhr
Die nordafrikanischen Länder wurden seit Jahrhunderten fremdbeherrscht. Man sollte in ein paar Jahrzehnte oder Jahrhunderte zur Selbstfindung Zeit lassen. In Deutschland wurde auch eine ganze Weile rumprobiert, bis man zum jetzigen System gefunden hat.

Alle erwarten immer, dass alles sofort und nach ihren Vorstellungen passiert.
26.07.2012 15:09 Uhr
Da hat sich wohl jemand beim Regime Change verzockt. Bitter für die Menschen, aber unvorhersehbar war das nicht.
26.07.2012 15:15 Uhr
Die Französische Revolution war auch nur erfolgreich, weil die Gesellschaft sich auch schon zuvor über Jahrhunderte hinweg veränderte. Die französische Revolution war dementsprechend viel mehr eine Bestätigung und Zementierung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse: Das Bürgertum als führende Kraft, eine weitestgehend sekukuläre Gesellschaft und tiefe Verbreitung aufklärerischer Ideen.

Im arabischen Raum ist ähnliches kaum zu sehen. Die Religion ist dominant und sehr politisch und aufgeklärte Denker sind rar und relativ unpopulär.
26.07.2012 15:46 Uhr
Ich glaube auch, dass die Veränderungen noch ihre Zeit brauchen. Man kann bestimmte Dinge nicht von heute auf morgen ändern und wenn etwas weg fällt, was über Jahrzehnte vorhanden war, dann sucht der Mensch sich ein Zuflucht in etwas, was ihnen davor auch schon halt gegeben hat und das ist in diesen Ländern die Religion.

Deswegen sehe ich es auch als normale Entwicklung an, dass jetzt solche religionsnahen Parteien und Organisationen gewählt werden.
26.07.2012 15:49 Uhr
Das kommt drauf an, wo man hinschaut und was man persönlich als islamistisch deutet, würde ich sagen.
Der "Arabische Frühling" hat meines Wissens bisher nur in Ägypten dazu geführt, dass mit den "Muslimbrüdern" dort Islamisten den Wahlsieg erriengen konnten.
In Tunesien und Libyen dagegen lief es anders, in Marroko kam es zu demokratischen Verbesserungen..
26.07.2012 15:59 Uhr
Das entstehen lauter islamistischer Staaten in nächster Nähe zu Europa ist sicherlich sehr "gemütlich"... und insbesondere die Frauen werden dann von Freiheit nicht viel mitbekommen.
26.07.2012 16:42 Uhr
Zitat:
Man kann bestimmte Dinge nicht von heute auf morgen ändern und wenn etwas weg fällt, was über Jahrzehnte vorhanden war, dann sucht der Mensch sich ein Zuflucht in etwas, was ihnen davor auch schon halt gegeben hat und das ist in diesen Ländern die Religion.


Was "man" nicht alles kann oder können muss bzw. in dem Fall einfach hinzunehmen sich befleissigen soll. ^^

Statt mal den Schrtt aus dem sich schon in der Sprache offenbarenden Fatalismus ("es fällt") hinauszuwagen und einen Erkenntnisschritt weiterzugehen.

Dass da nämlich erstens nicht etwas fällt, sondern von Menschenhand gestoßen wurde bzw. wird und zweitens diese noch ganz banale Erkenntnis zum Anlaß einer weitergehenden Kritik der Religion und des aus ihr resultierenden Fatalismus zu machen; sie der kritische Erkenntnis zu unterziehen, dass Unterdrückung und Ausbeutung eben nicht vom Himmel herab gefallen sind, sondern als gesellschaftliches Verhältnis zwischen Menschen und nur durch Menschenhand sich konstituiert und reproduziert.
26.07.2012 16:48 Uhr
Zitat:
Was "man" nicht alles kann oder können muss bzw. in dem Fall einfach hinzunehmen sich befleissigen soll. ^^

Statt mal den Schrtt aus dem sich schon in der Sprache offenbarenden Fatalismus ("es fällt") hinauszuwagen und einen Erkenntnisschritt weiterzugehen.

Dass da nämlich erstens nicht etwas fällt, sondern von Menschenhand gestoßen wurde bzw. wird und zweitens diese noch ganz banale Erkenntnis zum Anlaß einer weitergehenden Kritik der Religion und des aus ihr resultierenden Fatalismus zu machen; sie der kritische Erkenntnis zu unterziehen, dass Unterdrückung und Ausbeutung eben nicht vom Himmel herab gefallen sind, sondern als gesellschaftliches Verhältnis zwischen Menschen und nur durch Menschenhand sich konstituiert und reproduziert.


Jaja Irre, stimmt schon so

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 26.07.2012 18:48 Uhr. Frühere Versionen ansehen
26.07.2012 17:35 Uhr
"Wobei sich die Frage stellt, von welchem Wert diese Unterscheidungen konkret für eine Kritik sind, wenn die liberal- oder gar säkular-islamischen Strömungen in den betreffenden Ländern zunehmend marginalisiert erscheinen."

du sagst es, sie erscheinen marginalisiert. diese kräfte gibt es in jedem arabischen land. das problem ist nur, dass sie zum einen teilweise zu tiefst mit den gestürzten regimen verbündet sind und waren und zum anderen in den meisten staaten keinerlei organisierte strukturen aufweisen konnten. das die muslimbrüder in ägypten so stark sind liegt unter anderem daran, dass sie seit jahrzehnten institutionelle und organisatorische strukturen geschaffen haben.

"Oder anders gesagt: Was nützt mir eine arabische Generation Facebook, wenn sie mehrheitlich "I like Scharia" klickt?!"

das ist ja erstmal nur eine behauptung. tut sie das wirklich? von daher ist die von mir getroffene unterscheidung nicht irrelevant. die politisch-islamische spannbreite reicht von akp über die muslimbrüder bis ins könighaus der saudis.

und gegenfrage: was nützt eine generation, die von despoten blutig unterdrückt wird, die "i dislike sharia" klicken?

"Ja. Aber gerade weil das offenkundig so klar scheint, berechtigt das zu dieser Klarheit gehörende "warum" schon zu gehörigem Pessimismus."

pessimismus ist nie berechtigt, genauso wie optimismus. befindlichkeit zur ideologie erhoben ist nun einmal nichts anderes als ideologische befindlichkeit.

"
Den Vergleich finde ich jetzt ehrlich gesagt eher ziemlich schief, da die gesellschaftichen Bedingungen kaum unterschiedlicher sein könnten."

der unterschied zwischen syrien und jugoslawien ist wohl nicht viel größer als der zwischen jugoslawien und weissrussland.

26.07.2012 20:21 Uhr
Zitat:
pessimismus ist nie berechtigt, genauso wie optimismus. befindlichkeit zur ideologie erhoben ist nun einmal nichts anderes als ideologische befindlichkeit.


Pessimismus resultiert schlicht und einfach auf der Analyse der Welt vor der Perspektive ihrer Veränderbarkeit. Einen Fortschritt zu erkennen, der nicht in der Katastrophe zu fundieren wäre, fällt jedenfalls sehr schwer.

Ideologie wäre das nur, wenn ich den Pessimismus als festgestellte Unveränderlichkeit der Welt verabsolutieren würde. Oder anders gesagt: Pessimismus zu empfinden und Pessimismus zu propagieren sind zweierlei. ;-)
26.07.2012 23:04 Uhr
"Pessimismus resultiert schlicht und einfach auf der Analyse der Welt vor der Perspektive ihrer Veränderbarkeit."

eine jede analyse der welt muss zu der erkenntnis kommen, dass die welt durch menschen gemacht ist und durch diese geändert werden kann.

"Einen Fortschritt zu erkennen, der nicht in der Katastrophe zu fundieren wäre, fällt jedenfalls sehr schwer."

der fortschritt ist die katastrophe. die erlösung ist die bremsleine, die jeder zeit betätigt werden kann.

"Ideologie wäre das nur, wenn ich den Pessimismus als festgestellte Unveränderlichkeit der Welt verabsolutieren würde."

der pessimismus ist aus den oben genannten gründen nicht das a posteriori, sondern das a priori.
26.07.2012 23:15 Uhr
@angelus

Hast du heute deinen teleologischen Tag, oder so?

Zitat:
eine jede analyse der welt muss zu der erkenntnis kommen, dass die welt durch menschen gemacht ist und durch diese geändert werden kann.


Kann, ja. Könnte. Reiner Konjunktiv.

Zitat:
der fortschritt ist die katastrophe. die erlösung ist die bremsleine, die jeder zeit betätigt werden kann.


Kann, ja. Könnte. Reiner Konjunktiv.

Zitat:
der pessimismus ist aus den oben genannten gründen nicht das a posteriori, sondern das a priori.


Die empirische Differenz von Konjunktiv und Wirklichkeit führt a posteriori zu meinem Pessimismus. Da ist nüscht apriori.

Apriorisch gesetzt mutet hier gerade nur dein Versuch an, meinen mir eigenen Pessimismus als Ideologie zu kategorisieren. ;-)
26.07.2012 23:19 Uhr
der telos der erkenntnis gegen den telos der befindlichkeit

http://jungle-world.com/artikel/2011/01/42351.html

26.07.2012 23:33 Uhr
@angelus

Zitat:
"Das Gezänk zwischen Optimisten und Pessimisten ist für beide wohltuend, weil sie sich in einem einig sind: in ihrem Hass auf die Negativität. Pessimismus hat nämlich entgegen einer verbreiteten Ansicht nichts mit Negativität zu tun. Negativität zielt auf Nicht-Identität: Den Anspruch auf Glück begreift sie als wahr, aber ohnmächtig, das herrschende Unglück als wirklich, aber nicht als notwendig. Der Pessimismus dagegen exorziert das Glück als trügerischen Spuk und affirmiert das Unglück als notwendige Wirklichkeit. Negatives Denken will nicht Recht behalten, sondern Verhältnisse herstellen, die es widerlegen. Der Pessimist aber möchte sich ins Recht setzen, indem er die Welt in ihrer Schlechtigkeit bejaht: Darin ist er Positivist."


Phänomenaler Unfug von Magnus Klaue hier die Begriffe Pessimismus und Negativität als quasi einander ausschliessende Begriffe einzuführen.

Denn ich kann einerseits die Welt affirmativ als gegeben bejahen und deswegen pessimistisch sein.
Oder aber ich kann andererseits auch die gegebene Welt als prinzipiell veränderbare Welt erkennen und kritisch zu negieren versuchen, jedoch zugleich aber auch bezüglich der objektiv gegebenen Möglichkeiten dieses kritischen Negationsprozesses eine pessimistische Prognose wagen.

Selbiges Schema könnte ich dir jetzt auch für das Verhältnis von Optimismus und Negativität erstellen, erspare ich mir aber an dieser Stelle.
27.07.2012 06:19 Uhr
Die Vorhersagen, dass sich der Islamismus breit machen werde, haben sich in jedem einzelnen betroffenen arabischen Staat erfüllt.
27.07.2012 06:25 Uhr
Man kann es auf den Punkt bringen: Der Westen führt unter dem Tarnnamen "Arabischer Frühling" Krieg und verliert ihn teilweise, da die finanzierten "Freiheitskämpfer" sich von der Leine lösen.
  GRUENE   IDL   SII, KSP   FPi
  CKP, KDP   UNION   NIP   PsA
  LPP   Volk, Sonstige
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