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Fragenübersicht Die Opposition in Georgien geht von einer "gefälschten Wahl" aus - Du auch?
1 - 10 / 10 Meinungen
27.10.2024 20:00 Uhr
Natürlich liegen mir die Wahlunterlagen nicht vor, ich gehe deshalb erstmal von gar nichts aus. Soviel kann ich allerdings sagen: Saakaschwili würde ich nicht mal die Uhrzeit glauben.
27.10.2024 20:01 Uhr
Von einer "gefälschten" Wahl gehe ich erst mal nicht aus. Das müsste eine unabhängige Kommission prüfen.

Ich bin mir aber sicher, dass es eine Beeinflussung gab. Von mehreren Seiten.
27.10.2024 20:08 Uhr
Nein, ich arbeite nicht für die CIA.
27.10.2024 20:11 Uhr
Natürlich ist das so. Ich bin im Jahr mehrmals in diesem Land. Ich hab die Stimmung mitbekommen und erlebe hautnah, was da abgeht!
27.10.2024 20:13 Uhr
Zitat:
Natürlich ist das so. Ich bin im Jahr mehrmals in diesem Land. Ich hab die Stimmung mitbekommen und erlebe hautnah, was da abgeht!


Dann würde ich mich über Belege freuen, wo ich das nachlesen kann.
27.10.2024 20:18 Uhr
Zitat:
Dann würde ich mich über Belege freuen, wo ich das nachlesen kann.


Wenn man das belegen könnte, müsste niemand zu Protesten gegen diese Wahl aufrufen. Korruption, Wahlfälschungen.. das ist dort an der Tagesordnung.

Saakaschwili hat während seiner Präsidentschaft den Kampf gegen die Korruption aufgenommen und den Grundstein für die pro-europäische Bewegung gelegt.

Die einfache Bevölkerung kämpft tagtäglich um nichts weniger als ihr Leben. Altersvorsorge, Gesundheitsvorsorge, das alles sind dort Fremdwörter.
27.10.2024 20:33 Uhr
Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass im Vorfeld der Wahlen alle Umfragen einen (höheren als jetzt offenbar dargestellten) Sieg des Regierungslagers vorausgesagt haben und die Opposition trotzdem verkündete, sie würde sicher gewinnen. Insofern gehe ich davon aus, dass die Wahlfälschungsvorwürfe längerfristig choreographiert sind. Die OSZE hat jedenfalls nur Einzelaspekte der Wahldurchführung kritisiert, sie aber insgesamt eher gelobt.

Dass es abseits von konkreten Fälschungen natürlich Beeinflussungen der Wahl gab, ist sicher so.
27.10.2024 20:49 Uhr
Zitat:
Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass im Vorfeld der Wahlen alle Umfragen einen (höheren als jetzt offenbar dargestellten) Sieg des Regierungslagers vorausgesagt haben und die Opposition trotzdem verkündete, sie würde sicher gewinnen. Insofern gehe ich davon aus, dass die Wahlfälschungsvorwürfe längerfristig choreographiert sind. Die OSZE hat jedenfalls nur Einzelaspekte der Wahldurchführung kritisiert, sie aber insgesamt eher gelobt.

Dass es abseits von konkreten Fälschungen natürlich Beeinflussungen der Wahl gab, ist sicher so.


Unabhängige offizielle Wahlumfragen wirst du auch so gut wie nicht finden.

Georgien ist ein richtig armes Land. Wer einmal dort war und die Verhältnisse sieht, in denen die Menschen dort leben, kann dies bestätigen. Daher ist Geld ein Mittel, mit dem du wirklich beeinflussen kannst. Mit ein bisschen zusätzlichem Handgeld konnten wir uns im letzten Jahr eine Wohnung in Tiflis kaufen. Mit ein bisschen Handgeld bin ich schon mehreren Strafzetteln entgangen. Das ist die Wirklichkeit dort.
28.10.2024 03:00 Uhr
Erstmal: Die Wahlen in Georgien wurden ganz sicher "manipuliert". Ich sage aber nicht "gefälscht". Hier gibt es einen bedeutenden Unterschied. Bei Wahlfälschungen werden Stimmen im großen Maßstab falsch ausgezählt, nicht Wahlberechtigte werden zur Wahl zugelassen etc. Davon gehe ich in Georgien nicht aus, obwohl es Dinge aus diesem Formenkreis ganz sicher gegeben hat. Das georgische Organisationstalent war schon immer für einige Stilblüten gut und ich glaube nicht daran, dass die Wahl ohne Pannen ausging. Sicherlich wird auch die derzeitige Regierung ein wenig dafür gesorgt haben, dass die Pannen in die "richtige Richtung" gehen, das passiert sogar bei uns hin und wieder und wird in Georgien bestimmt nicht besser sein.
Eine wesentlichere Manipulation der Wahlen geht aber von gekauften Wählerstimmen aus. Hierzu sei einmal das "Wählerkarussell" beschrieben, das in den postsowjetischen Staaten recht häufig vorkommt.

1. Man nehme einen reichen Sack, der mit den Geldscheinen rumwedelt.
2. Dann nehme man wahlberechtigte Tölpel, die bereit sind, ihre Wählerstimmen kaufen zu lassen. Diese Tölpel sammle man ein und stelle sie in einer Reihe auf.
3. Der erste dieser Tölpel geht in das Wahllokal, wirft einen leeren Umschlag in die Urne und bringt seinen Wahlzettel heraus. Diesen übergibt er einem Schergen des reichen Sacks und nimmt seine Bezahlung entgegen.
4. Der Scherge des reichen Sacks macht auf diesem Wahlzettel das Kreuz an der gewünschten Stelle und gibt den Wahlschein dem zweiten Tölpel in die Hand.
5. Der zweite Tölpel nimmt den vorpräparierten Wahlschein und geht in das Wahllokal, wo er seinen eigenen Wahlschein erhält.
6. Der zweite Tölpel steckt nicht seinen eigenen Wahlschein in den Umschlag, sondern den vorpräparierten. Seinen eigenen Wahlschein bringt er hinaus und verkauft ihn an den Schergen des reichen Sacks. Der kreuzt wieder die entsprechende Stelle an und gibt ihn dem dritten Tölpel mit ins Wahllokal.
7. Das Karussell wiederholt sich, bis alle Tölpel gewählt haben.

Die georgische Regierungspartei "georgischer Traum" gehört faktisch dem einzigen Milliardär Georgiens, Bidzina Iwanischwili. Dieser hat seine Milliarden mit Immobiliengeschäften in Moskau gemacht. Sagen wir es ganz offen: Er ist ein Milliardär von Putins Gnaden, der alleine durch Zuarbeit des russischen Staates durch Insidergeschäfte Geld verdient hat. Iwanischwili ist Putins Marionette in Georgien. In Tiflis stellt er mit brutalistischen Villen, die nicht im Ansatz in das Stadtbild passen, seinen Reichtum (und damit seine Macht) zur Schau.

Dass der "georgische Traum", eine Partei, die für georgische Verhältnisse relativ russlandfreundlich ist, überhaupt an die Macht kommen konnte, hatte mit der politischen Großwetterlage anno 2012 zu tun. Die Außenpolitik der USA lag zu diesem Zeitpunkt faktisch brach. US-Präsident war der außenpolitisch völlig unerfahrene Obama. Außenministerin war die im höchsten Ausmaß unfähige Hillary Clinton, die tatsächlich vom Netzwerken viel mehr versteht, als von Außenpolitik (Narren meinen schließlich, beides sei das Gleiche). Hillary Clinton ließ sich schlichtweg von jedem einlullen, der die richtigen Agenturen für seine PR bezahlte und der Kreml (genauso wie Iwanischwili) waren da ganz gut dabei. Nein, Hillary Clinton wäre nicht unbedingt der bessere Präsident als Donald Trump gewesen. Und das hat nichts damit zu tun, dass Trump besonders fähig wäre, nein er ist ein ausgesprochener politischer Narr. Clinton war aber in der Außenpolitik halt auch nicht besser, eher sogar schlechter als er.

In Fragen, die die ehemalige Sowjetunion betrafen, vertraute Obama, der die Unfähigkeit seiner Außenministerin kannte, auf Deutschland, das damals von Merkel regiert wurde. Im Jahre 2008 hatten Deutschland und Frankreich die NATO-Mitgliedschaft Georgiens und der Ukraine abgelehnt. Während Frankreich schließlich sein Veto aufgab, war es Frau Merkel, die das entscheidende Veto aufrecht erhielt. Von ihr ging damals die Merkel-Formel aus, die den Ausbruch des Krieges für Georgien und die Ukraine felsenfest garantierte: "Georgien und die Ukraine würden zwar Mitglieder der NATO werden, aber nicht sofort, sondern erst in einigen Jahrzehnten".

Diese völlig bekloppte Merkel-Formel, die in Georgien und der Ukraine zu Recht als Hauptgrund der Krim-Annexion und des heutigen Krieges in der Ukraine gilt und in Deutschland noch nichtmal kritisch aufgearbeitet wurde, kann nur als Zementierung des Weges zum Krieg begriffen werden.
Beide Länder wurden erstmal als NATO-Kandidaten gehandelt. In der Denke des KGB ist ein NATO-Kandidat sowas wie ein abtrünniges Mafia-Mitglied, das mit der Polizei kooperieren will. In den Augen Moskaus waren damit beide Länder Todfeinde.
Gleichzeitig genossen durch die Merkel-Formel beide Mitglieder für einige Jahrzehnte keinen Schutz durch die NATO!

Man kann die Merkel-Formel mit der folgenden Situation vergleichen: Ein Mafiosi bricht mit seinen Kumpanen und stellt sich der Polizei für Ermittlungen zur Verfügung. Die Polizei führt ihn öffentlich als Zeugen, lässt die Mafia wissen, was er ausplaudern will - verkündet aber gleichzeitig, dass der Zeuge erst in einigen Jahren Polizeischutz erhalten wird und er und seine Familie erstmal ohne Leibwächter unterwegs sein werden. Jeder von uns weiß, was dann passiert. Wusste Merkel auch, so ganz doof war sie nicht und ihre Leute in den Ministerien haben es ihr auch gesagt. Es kam auch, was alle gesichert wussten, dass es passieren würde. Wenn der abtrünnige Mafiosi aus obigem Beispiel entführt und gefoltert würde, darf auch keiner überrascht sein und dann geheuchelte Krokodilstränen weinen, wie leid einem angeblich die Kriegsopfer tun, für die man selbst in vollster Voraussicht gesorgt hat!

Nun, 2012 wusste Georgien, dass es weder auf eine NATO-Mitgliedschaft, noch auf einen anderweitigen Schutz des Westens hoffen durfte. Die damalige Regierungspartei "Vereinte nationale Bewegung", die alle Kräfte auf eine Westintegration Georgiens gesetzt hatte, war düpiert. Die Westintegration hatte den Hass des großen Nachbarn auf sich gezogen und der gleiche Westen von dem man sich Schutz erhoffte, unterwarf sich Russland.

Die Osteuropa-Politik des Westens wurde im Wesentlichen von Deutschland gemacht. Und das war verheerend. Schon zur Jahrtausendwende war es mit Argusaugen beobachtet worden, dass der deutsche Kanzler Gerhard Schröder praktisch vom Kanzleramt weg zur Gazprom wechselte. Offener kann man einen deutschen Bundeskanzler nicht kaufen.
Seine Nachfolge trat Angela Merkel an, die von Intellektuellen des postsowjetischen Raumes von Anfang an aus biografischen Gründen (starke SED-Nähe in der DDR) als Frau Moskaus betrachtet wurde. Nur in Deutschland stellte man sich blind.

Georgien hat eine Reihe historischer Rechnungen mit Russland offen und wirkliche Freundschaft zu Russland haben die Georgier nicht. Georgien ist ein armes Land, aber die Georgier prostituieren sich nicht! Es handelt sich um orientalische Christen, die sehr wohl einen hier unbekannten Opfergeist zu Gunsten ihres Ehrenkodex haben.
Aber auch ökonomisch kann Russland Georgien gar nicht so viel bieten, wie man hier öfter mal glaubt.
Dass man im Westen glaubt, in der ehemaligen Sowjetunion sei jede Gesellschaft einfach käuflich, zeugt von der hießigen Unkenntnis der dortigen (durchaus heterogenen) Lebenswirklichkeit.

Es gibt nur niemanden, der gerne aussichtslose Kämpfe führt. Auch die Georgier, die selbsternannten "Ritter des Kaukasus", die als einziges christliches Volk des Orients eine eigene Reconquista schafften, stehen nicht auf vollkommen aussichtslose Kämpfe.

Als zur Jahrtausendwende die "Rosenrevolution" ausbrach, um die im Inneren völlig schwache Regierung Schewardnadse zu stürzen, setzte sich mit Michail Saakaschwili der Kandidat des Westens durch. Falsch ist aber die Ansicht, diese Revolution wäre gekauft worden, denn sie war überfällig. Ebenfalls auf der Seite der Rosenrevolution stand übrigens auch der Kreml. Nur dessen Kandidaten agierten glückloser.
Zur Jahrtausendwende bemühten sich der Westen und Russland um Georgien. Russland mit Drohungen, die pro-westlichen Kräfte mit einer Vision einer Westintegration des Landes.

Hierbei muss die georgische Seele verstanden werden: Die Georgier sind ein christliches Volk im Orient. Durch die griechischen und römischen Einflüsse in der Geschichte, nicht zuletzt auch das Christentum hat sich die georgische Kultur als eine Art "Balkon Europas" entwickelt. Für diese Eigenschaft hat Georgien wiederholt einen hohen Preis bezahlt.
Die Urangst der Georgier ist es, von den anderen Europäern vergessen zu werden!

Den Anschluss an Europa suchte Georgien im 18. Jahrhundert durch die Nähe zum "Dritten Rom", also Russland. Glücklich wurde das Land dadurch nicht. Es wurde annektiert, die orthodoxe Kirche des Landes wurde teilweise härter verfolgt als die Muslime des Kaukasus, denn es passte nicht ins koloniale Denken der Zeit, dass ein Kolonialvolk die ältere Tradition des eigenen Glaubens hatte, als das "Mutterland". Den orthodoxen Georgiern erging es hier ähnlich wie den indischen Thomas-Christen in den portugiesischen Kolonien Indiens.
Und kein Jahrzehnt im Zarenreich verging, ohne dass es in Georgien zu größeren Aufständen gekommen wäre.

Es folgte der erste Weltkrieg, an dem Georgien ausdrücklich auf deutscher Seite ab Mai 1918 mit dem Vertrag von Poti teilnahm. Ziel war es, sowohl die Russen aller Couleur (weiß wie rot), als auch die Türken rauszuhalten. Einige nennenswerte Kämpfe des 1. Weltkrieges auf georgischem Boden fanden übrigens zwischen deutschen und türkischen Truppen statt. Die Türken wollten in Verschätzung der Kriegslage ein "Emirat Tiflis" neu aufbauen, während die Deutschen den Kaukasus kriegsfrei halten wollten, um seine Rohstoffe für den kritischen Kriegsverlauf einzusetzen. Das deutsch-türkische Bündnis, düpiert durch türkische Übergriffe auf Christen (Armenier und Griechen) stand 1918 vor dem endgültigen Bruch und wurde nur durch diplomatische Listen deutscherseits gerettet (es wurde ein riesiges deutsches Truppenkontingent zum Schutz der Verbündeten im Kaukasus vorgegaukelt, obwohl kaum mehr als etwa eine Kompanie deutscher Gebirgsjäger entsandt worden war).

Nach dem 1. Weltkrieg folgte eine kurze Besetzung durch die Briten, der britische Abzug im Rahmen eines georgisch-sowjetischen Nichtangriffspaktes und der Einmarsch durch die Sowjets, nur wenige Tage nach dem Abzug der letzten Briten. Der Invasion folgte ein georgischer Volksaufstand, der sehr blutig niedergeschlagen wurde. Im 2. Weltkrieg kämpfte die georgische Diaspora erst tapfer aber erfolglos auf polnischer Seite und schloss sich dann während des Krieges weitgehend einem Wehrmachtsprojekt zur Mobilisierung kaukasischer Völker an. Die Kollaboration der georgischen Diaspora und georgischer Kontingente der Roten Armee im Kaukasus mit der Wehrmacht ging tatsächlich überraschend weit und blieb wohl nur deshalb geheim, weil Stalin diesem Völkchen zugerechnet wurde.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde von der Sowjetunion ein Friede-Freude-Eierkuchen vorgespielt. Die korruptesten Elemente im Kaukasus wurden zur Niederhaltung des Rests in die roten Institutionen integriert (KGB, KPDSU...) und sie bekamen dafür relativ freie Hand, was die Darstellung ihrer Geschichte oder das Stehlen von Volkseigentum oder auch das Foltern ihrer Mitmenschen anging.

Als die Sowjetunion 1990 ernsthaft strauchelte, erklärte Georgien als erste Sowjetrepublik ihren Austritt. Genauer gesagt: Es erklärte seinen Eintritt in die SU anno 1921 postwendend als illegal. Ein Schritt, den Putins Firma dem Land nie vergessen sollte.
Nach dem Zusammenbruch der SU unterstützten die roten Seilschaften erstmal den georgischen Nationalismus. Man schmierte den Georgiern Honig ums Maul, dass Russen und Georgier ja beides Orthodoxe und Brüdervölker seien, die Bedrohung sei der Islam etc. Man lese die heutigen Ergüsse "rechter" Russlandfreunde in Deutschland und setze einfach statt "Deutschland" das Land Georgien ein.
Im aufgeheizten Nationalismus und unter permanenter Putschdrohung ultra-nationalistischer Milizen (die stärker als die Regierungsarmee waren), ließen es die Nationalisten, ermutigt durch Bündniszusagen der "orthodoxen Brüder" im Norden auch mal so richtig gegenüber den ethnischen Minderheiten krachen. Und das meine ich im wörtlichen und schlimmsten Sinne. Als es dann gekracht hatte, wechselte der russische "Freund" überraschend auf die Seite der betroffenen, meist muslimischen Minderheiten und die russische Luftwaffe bombte den Dschihadisten den Weg frei. Die Folge waren entsetzliche Massaker und Vergewaltigungsorgien der Dschihadisten an der georgischen, christlichen Bevölkerung. Die Tschetschenen agierten damals als Söldner Russlands für die blutige Drecksarbeit. Einige Monate nachdem die letzten Georgier entweder vertrieben oder an Laternenmasten aufgeknüpft wurden (einige tausend Georgier aller Geschlechter und Altersgruppen wurden tatsächlich an abchasischen Laternenmasten aufgeknüpft), brach übrigens der tschetschenisch-russische Krieg los. Die Tschetschenen hatten ein besseres Söldner-Angebot aus dem Nahen Osten bekommen. Tschetschenische Kämpfer sind nämlich nicht käuflich. Man kann sie aber mieten.

Nach Putsch und Bürgerkrieg kam dann Schewardnadse an die Macht. Ein ausgezeichneter Netzwerker und grottenschlechter Politiker. Unter ihm blühte das Verbrechen extremer, als in jedem Mafia-Film. Die Mafia, basierend auf den KGB-Eliten der Sowjetunion (also Putins Firma) kontrollierte praktisch alles. Georgische Mädchen wurden von den Straßen weggefangen und tauchten in Bordellen Deutschlands und Österreichs auf. Im Gegenzug konnte man gestohlene KfZ aus Deutschland auf einem großen PKW-Markt zwischen Tiflis und Rustawi bewundern. Für Energie hatten russische Firmen ein Monopol, das sie auch wie ein Monopol bewirtschafteten: Investiert wurde nichts, es wurde auch nicht versucht, irgendwas in Stand zu halten, dafür wurden Monopolpreise kassiert. Strom gab es nur in den großen Städten und dort war es georgisch Roulette, ob es gerade Strom gab oder nicht. Im Land gab es etwa 2000 private Universitäten, die meistens nur aus einem Briefkasten und einem Nummerkonto bestanden. In den richtigen Universitäten mussten die Studenten hingegen ihre Kerzen mitbringen, weil permanent das Licht ausgehen konnte.

Wer meint, hier hätte der Westen eine Revolution kaufen müssen, hat nicht mehr alle Tassen im Schrank. Die Rosenrevolution zur Jahrtausendwende war schlichtweg überfällig. Und sie kam. Sogar unblutig. Nicht zuletzt, weil sowohl der Westen, wie auch Russland den Wechsel wollten. Der Westen rotierte, weil sich in diesem defekten Staat AlQaida-Truppen im Bergland zur tschetschenischen Grenze ausbreiteten. Und das Tischtuch zu Russland wurde zerschnitten, als die Mafia ein Attentat auf Schewardnadse verübte und dabei angeblich Unterstützung aus Russland erhalten hatte. Schewardnadse überlebte übrigens das Attentat dank seines gepanzerten Mercedes, den ihm netterweise der deutsche Botschafter überlassen hatte (es war sein Dienstwagen), nachdem der BND von den Attentatsplänen Wind bekommen hatte. Schewardnadses Reaktion war es, nun die georgischen Veteranen der Wehrmacht ("Sonderverband Bergmann", nicht zu verwechseln mit dem georgischen Projekt der SS, das komplett in die Binsen ging) als "Helden der georgischen Unabhängigkeit" im Präsidentenpalast zu empfangen und ein Gesetz zu verabschieden, das den USA die Errichtung von jedweden Stützpunkten in Georgien erlaubte.

Saakaschwili, der in Norwegen studiert hatte und der Kandidat des Westens war, setzte sich dabei innerhalb der Rosenrevolution durch. Das erste große Verdienst Saakaschwilis war die Zurückdrängung der organisierten Kriminalität in einem nationalen Kraftakt. Die bekannten Mafia-Paten wurden eingesammelt und abgeurteilt. Die Verwaltung und die Justiz unterzog man einer Frischzellenkur, indem man alle Verantwortungsträger, die schon zu SU-Zeiten höhere Posten hatten, zwangsweise pensionierte und durch junge Leute ersetzte, die vorzugsweise im Westen studiert hatten. Saakaschwili hatte auch ein äußerst junges Kabinett, in dem kaum jemand deutlich über 30 war. Hauptsache, nicht in den roten Seilschaften drin. Erfahrung kommt von selbst.

Ein weiteres Verdienst erwarb sich Saakaschwili auf dem Gebiet der Energieversorgung. Das Stromnetz (später auch die Wasserversorgung) wurde einfach privatisiert und westliche Investoren ins Land geholt. Die Investoren setzten übrigens vor allem auf Wasserkraft bei der das Gebirgsland ein sehr hohes Potential besitzt. Einige Jahre, einige Zänkereien mit den russischen Monopolisten, die vor die Türe gesetzt wurden und einige Schrecken unserer Linken über die "kapitalistischen Orgien" später waren die Strompreise viel geringer, die Stromversorgung funktionierte weitgehend und auf dem Land gab es ein neues geflügeltes Wort: "Schuki aris!" - "Es gibt Licht!" (ein Wortspiel, weil "Schuki" auch "elektrischer Strom" bedeutet). Ich werde nie den stolzen Blick des imeretischen Bauern vergessen, der mir mit geschwellter Brust seinen Lichtschalter vorführte, mit dem er Licht herbeizaubern konnte.

Auch mit der Industrie ging es einigermaßen bergauf. Georgien ist das Transitland zwischen der Türkei und dem öl- und gasreichen Aserbaidschan. Die geopolitische Wichtigkeit Georgiens versteht man in Deutschland, dem einstigen Land großer Geografen und heutiger kartografischer Analphabeten kaum noch, sie ist aber nicht zu unterschätzen. Aus dieser geografischen Lage konnte man was machen. Und die Infrastruktur bezahlten die Türken.
Im Bereich der Bergwerke wurden westliche Investoren ins Land geholt. Genau diese kapitalistischen "Gott sei bei uns"-Heuschrecken, vor denen bei uns immer gewarnt wird. Nicht, dass diese Mutter Theresa gewesen wären. Aber im Vergleich zu den russischen Vorläufern, gingen die Westler ökologisch und kulturell hochsensibel vor. Die Georgier staunten nicht schlecht, als z.B. die Australier bei Bolnisi ein Kupfer- und Goldbergwerk übernahmen und erstmal in die Sanierung der stark belasteten Umwelt investierten, was bitter notwendig war. Mir selbst wurde damals bewusst, dass unsere Aktivisten nur dann kritisch sind, wenn westliche Konzerne etwas abbauen. Die gleichen Kräfte werden aber schlagartig brav, wenn das gleiche Geschäft viel schmutziger von russischen, chinesischen oder arabischen Investoren erledigt wird.

Es folgte 2008 die kurze Kraftprobe mit Russland, die faktisch das politische Ende Saakaschwilis besiegelte. Der Westen hatte signalisiert, dass er Georgien nicht helfen wird. Glück für Georgien ist es, dass es sich derzeit zwischen mehreren Tyrannen einen aussuchen kann: Die Araber und Türken sind sehr in der georgischen Tourismusbranche investiert, weil es Orient ist und man sich trotzdem die Kante geben kann. Die Türken wollen das Land als Transitland nach Aserbaidschan, weil am Öl- und Gasgeschäft viel Geld dranhängt. Die Chinesen sind mehrfach vorstellig geworden, weil sie den geografischen Wert des Landes (im Gegensatz zu den geografisch analphabetischen Europäern) erkannt haben und die Regierungspartei "Georgischer Traum" ist sowas wie die personifizierte Bestechlichkeit.

Hatte Georgien einst das Kunststück hinbekommen, innerhalb weniger Jahre in den einschlägigen Korruptionsstatistiken von der Augenhöhe Somalias kommend die Augenhöhe mit Frankreich zu erreichen, ist das Land seit der Regierungsübernahme des "georgischen Traums" wieder auf dem absteigenden Ast. Der Westen will das Land eigentlich in den Armen Russlands sehen, weil man die Welt zwar retten will, mit deren Komplexität aber überfordert ist. Soll Russland das übernehmen, dann muss man sich ja nur eine Landeshauptstadt merken. Das war schon immer die Bequemlichkeit deutscher Narren, alles im Osten Russland zuzuschieben und sich dann zu wundern, warum ein so gemästeter Imperialismus plötzlich die Hand nach Mitteleuropa ausstreckt (auch Deutschland steht bei Dugin übrigens auf dem Speißezettel. Und zwar weniger romantisch, als es unsere Hobby-Geografen und Aushilfsfaschisten sich vorstellen).

Deutschland selbst galt zur Jahrtausendwende als Sehnsuchtsort der georgischen Fantasie. Gar nicht mal als Auswanderungsland, denn man konnte sich gar nicht vorstellen, dass ein gut funktionierendes Land wie Deutschland eine Masseneinwanderung forcieren würde. Diesen Traum hegte man gar nicht. Man wollte in einem Land mit deutscher Gründlichkeit und deutscher Sorgfalt, deutschem Planungstalent und deutscher Technik leben. Indem man Georgien in solch ein Land verwandeln würde!
Hierzu ist anzumerken, dass Deutschland seit dem 19. Jahrhundert die Projektionsfläche georgischer Romantiker ist. Das tifliser Denkmal für die Nationaldichter Schawtschawadse und Tsereteli ist nicht umsonst dem Schiller-Goethe-Denkmal in Weimar nachempfunden.

Aber mittlerweile änderte sich das Bild. Galt Deutschland einst als großes Vorbild für das man sich gen Westen orientierte, bekam das Bild Sprünge, als Schröder aus dem Kanzleramt zur Gazprom wechselte. Seine Nachfolgerin verschlimmerte die Situation drastisch. Von anfang an kritisch beäugt, wird die Merkel-Formel von 2008 als "Verrat" an Georgien und der Ukraine betrachtet, was sie nüchtern betrachtet auch war. Dass Deutschland seine Energiewende ausgerechnet von einem Manager der Gazprom (Alexander Rahr) entwerfen ließ, unter Merkel die strategischen Gasspeicher an Russland verkaufte und den Anteil russischer Gasimporte seit der Annexion der Krim drastisch gesteigert hatte (und zwar durch aktives Bekämpfen aller alternativer Lieferanten!) tat ein Übriges. Seit 2015 gilt Deutschland als ein Schreckgespenst.
Sagten früher die pro-westlichen Kräfte "lasst uns wie Deutschland werden", so werben heute Russlands Schergen sehr erfolgreich mit "nähert Euch Russland an, sonst werdet ihr wie Deutschland!"

Deutschland ist heute das Land, dessen Namen wegen der aktuellen Entwicklung gewaltig gelitten hat.
Georgien ist neben Israel das einzige Land des politischen Westens, das eine wirklich intakte Demografie besitzt. Ein Faktor, der für solch ein kleines Volk überlebenswichtig ist. In dieser Situation strebt man nicht einem Regenbogen-Europa nach, das in der autochthonen Bevölkerung auf kaum ein Kind pro Frau kommt und noch darüber diskutiert, wie man die Zahl der transsexuellen Kinder erhöhen könnte.

Man hat auch nicht unter großen Opfern für die Annäherung an den Westen gekämpft, um sein eigenes Volk gegenüber Einwanderern ins Hintertreffen geraten zu lassen, wie es Deutschland tut. Im Jahr 2015 wurde auch Georgien zur Zwischenstation illegaler Migranten auf dem Weg nach Deutschland, vor allem aus Afghanistan, Bangladesch und Pakistan. Der "georgische Traum" akzeptierte diese Einwanderung und bekam dafür mächtig Gegenwind von der pro-westlichen Opposition, die Regierung bekam dafür Lob aus Brüssel und Berlin.

Die Religion ist für Georgier überaus wichtig. Sie haben ein orientalisches Verhältnis zum Glauben. Ein Deutschland in dem - staatlich gefördert - Theaterstücke über einen schwulen Jesus gezeigt werden oder Kopulations-Szenen vor dem Kruzifix, ist auch nicht das, wofür der Georgier eine Gotenschlacht schlagen würde.
Und 2015 waren die Georgier etwas verduzt, als deren behördenbekannten Mafiosi nach Deutschland ausreisten, sich als "Syrer" ausgaben und sogar als solche anerkannt wurden, obwohl Georgien im Bereich der Verbrechensbekämpfung mit Deutschland kooperiert und biometrische Daten seiner Straftäter übermittelt hatte. Die Silvesternacht in Köln sprach sich auch im Kaukasus herum und weckte in Georgien Erinnerungen an die Zeit vor der Rosenrevolution. Dass im Anschluss an die Silvesternacht über "racial profiling" statt über die Abschiebung oder wenigstens das Organisieren eines handfesten Lynchmobs debattiert wurde, hob auch nicht unseren Ruf. Denn die Georgier haben eine Sehnsucht nach Ordnung. Diese schaffen sie am Liebsten durch einen Law-and-Order-Staat. Und wenn der nicht funktioniert, dann über eigene Parallel-Strukturen.

Dass das heutige Deutschland wirtschaftlich auf dem absteigenden Ast ist, wissen auch die Georgier. Dass die fiskalischen Probleme den ökonomischen folgen werden, kennen sie aus der eigenen Geschichte. Dass dies kombiniert mit einer ethnischen Heterogenisierung Deutschlands grausige Folgen haben wird, wissen sie vom Zusammenbruch der Sowjetunion. Dass Russland mit deutschen Nationalisten erfolgreich das gleiche Spiel spielt, wie in den 1990ern mit ihren georgischen Gesinnungsgenossen ist auch bekannt.

Die Georgier halte ich nach wie vor für ein stark westorientiertes Völkchen, das sogar den ersten Kamikaze-Angriff der Geschichte fertigbrachte (ein georgischer Postpilot belud seine Transportmaschine mit Düngemittel und stürzte sich in das Hauptquartier der Roten Armee für den Kaukasus. Am gleichen Tag brach der georgische Volksaufstand 1923 los). Aber niemand möchte einen Kamikaze-Aufstand für eine gesicherte Niederlage riskieren. Und schon gar nicht für eine Vision, die den absteigenden Ast bedeutet.

Wirtschaftlich, bildungsmäßig, kulturell, religiös, demografisch, organisatorisch in keinem Bereich mehr ist Europa, ja erst recht nicht seine einstige Speerspitze Deutschland mehr vorzeigbar. Und in keinem dieser Bereiche ist irgendeine Besserung zu erwarten. Die woke Filterblase, die diese Mißstände in einem Anfall von Schwachsinn verbrochen hat, versucht eher, das Problem durch Beschneidung der Meinungsfreiheit und andere autoritäre Maßnahmen zu vertuschen, als das Problem zu lösen. Und fatalerweise setzt ein weit links stehendes Establishment seine eigenen schwachsinnigen Ergüsse mit der westlichen Demokratie gleich. Das hat gewaltige Auswirkungen: Autokratien sind weltweit auf dem Vormarsch. Nicht nur in Georgien.

Insofern: Ja, die Wahlen wurden ganz sicher manipuliert. Nicht unbedingt gefälscht, aber zumindest manipuliert. Aber auch ohne Manipulation haben pro-westliche Kräfte überall in der Welt einen zusehend schlechteren Stand. Kein Mensch opfert sich für eine Vision, in der die native Kultur zu Gunsten von bittstellenden Einwanderern wie Müll an den Rand gedrängt wird. Niemand opfert sich, damit kriminelle Clans das Land übernehmen können. Niemand opfert sich für eine Ordnung, die Demografie, Wirtschaft und Sicherheit sehenden Auges gegen die Wand fährt. Vor allem nicht, wenn man sich von dieser Richtung auch noch ganz perönlich verraten fühlt.

Ich denke, der "georgische Traum" wäre auch ohne Manipulation der Wahlen ein wenigstens knapper Gewinner gewesen. Nicht weil diese Partei so eine gute Arbeit leisten oder Russland so großzügig sein würde. Aber weil der Westen und insbesondere Deutschland vom Vorbild zum Schreckgespenst mutierte. In der Gegenwart! Dass 1933-1945 nicht mehr heute ist, haben die denkenden Menschen dieses Planeten ohnehin verstanden. Im Augenblick werden wir wegen unserer Gegenwart verachtet.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 28.10.2024 03:26 Uhr. Frühere Versionen ansehen
28.10.2024 03:01 Uhr
Zitat:
Natürlich liegen mir die Wahlunterlagen nicht vor, ich gehe deshalb erstmal von gar nichts aus. Soviel kann ich allerdings sagen: Saakaschwili würde ich nicht mal die Uhrzeit glauben.


Saakaschwili ist zumindest glaubwürdiger als all die "Patrioten" bei uns, die naiv wie die Merkel-Jünger glauben, alles außerhalb des Westens wäre gut.

Er war schlau genug, nicht auf Russland zu vertrauen, sondern Georgien aus eigener Kraft vorwärts zu bringen.
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