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Fragenübersicht Stutthof-Prozess: Wie viel hatten die KZ-Wachen mit dem KZ-System zu tun?
1 - 15 / 15 Meinungen
23.07.2020 11:59 Uhr
" Nun hat das Gericht den heute 93-Jährigen zu zwei Jahren Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt."

Ich schmeiss mich weg vor lachen.
23.07.2020 12:08 Uhr
Wartezimmer bei der Jugendgerichtshilfe:

Und warum bist du da?

"Ladendiebstahl"
"Körperverletzung"

"Völkermord"
23.07.2020 12:19 Uhr
Musterung:
Bruno D. wird für frontuntauglich befunden und als Wachmann abkommandiert.
Walter A. ist fronttauglich.

Walter A. mäht an der Ostfront ganz legal 400 Russen um.

Bruno D. raucht auf dem Wachturm eine Zigarette nach der anderen und ist ein Massenmörder.
23.07.2020 14:42 Uhr
Ach, die Urteile werden immer absurder, je weiter die Ideologisierung vorangeschritten ist. Ist ja erbärmlich, wie mittlerweile verzweifelt nach alten Säcken gesucht wird, die mal irgendwo im Umkreis von 1km bei irgendeiner Hinrichtung rumgestanden haben sollen.

Wenn der letzte von denen hinüber ist, wird man bestimmt noch die letzten Kinder der 30er verurteilen, weil sie im Jungvolk dem Führer gehuldigt haben.
23.07.2020 22:49 Uhr
Jeder konnte wissen, was in den KZ passiert ist! JEDER! Das Märchen, das viele Menschen nach dem verlorenen Krieg erzählt haben, sie hätten nichts gewusst, ist absurd. Wer da auf dem Wachturm gestanden hat und die halb verhungerten Zwangsarbeiter gesehen hat, der wusste, was da läuft und hätten sie sich geweigert, dabei mit zu machen - hätte niemand die KZ bewacht und die Insassen an der Flucht gehindert, natürlich wäre einiges ganz anders gelaufen.

Wie absurd es ist, heute einen 93jährigen nach Jugendstrafrecht (!) zu verurteilen, darüber muss man sicher nicht streiten. Aber das liegt letztlich mit daran, das die Aufarbeitung dieser Verbrechen nur eine Show war. Die Verbrecher waren in den bürgerlichen Parteien herzlich willkommen und jeder war nur zu gerne bereit, bei Nachbarn und Bekannten so zu tun, als könnten sie kein Wässerchen trüben, solange nur keiner fragt, was man selber eigentlich in der NS-Zeit getan hat.

Heute ernten wir im übrigen die Früchte, wenn man sich anschaut, wie heute selbst in der Polizei die Leute weg kucken, wenn Daten von Leuten, die unter Polizeischutz (!) stehen, heimlich an Rechtextremisten durchgesteckt werden. Und die bürgerlichen Politiker und die Polizeisprecher vergießen dazu öffentlich Krokodilstränen. Wer weiß, vielleicht erwischt man da die Täter ja auch irgendwann und lässt sie mit Rolator vor Gericht auffahren, um ihnen den Klaps auf die Finger dann doch noch zu geben.
24.07.2020 04:11 Uhr
Zitat:
Wer da auf dem Wachturm gestanden hat und die halb verhungerten Zwangsarbeiter gesehen hat, der wusste, was da läuft und hätten sie sich geweigert, dabei mit zu machen - hätte niemand die KZ bewacht und die Insassen an der Flucht gehindert, natürlich wäre einiges ganz anders gelaufen.

Und wenn schon. Hat trotzdem klassischerweise nichts mit Beihilfe zum Mord zu tun, selbst wenn das mittlerweile aus ideologischen Gründen in speziell NS-bezogenen Fällen juristisch uminterpretiert wird.

Kann man ja mal mit einem gemeinhin weniger dramatisch gesehenen, weil weniger ideologisierten Beispiel zeigen:
Jeder, der ein Hähnchenschnitzel im Supermarkt kauft, weiß oder müsste wissen, dass dafür objektiv brutale Tierquälerei begangen wird und er in vollem Bewusstsein dieses Unrecht fördert und finanziell ausnutzt. Darf er trotzdem, weil die geltende Rechtslage besagt, dass brutale Tierquälerei völlig OK ist, wenn sie der industrialisierten Nahrungsproduktion dient - und das, obwohl das Bemühen ums Tierwohl längst grundsätzlich zum ethischen Konsens geworden ist. Schließlich kotzt schon heute jeder halbwegs vernünftige Mensch bei den mittlerweile breit in den Medien gestreuten Bildern aus diesen Tiervernichtungsanstalten.

Ich z.B. wäre stark dafür, die Rechtslage hier zu ändern und deutlich höhere ethische Standards gesetzlich festzulegen. Aber sicher nicht dafür, anschließend jeden vor Gericht zu stellen, der nach damals gültiger Rechtslage im besten Wissen um die Zustände in Schlachthöfen und Aufzuchtfarmen Fleisch gekauft hat. Sicher, da ginge es nicht um Beihilfe zum Mord, sondern vermutlich um weniger stark zu bestrafende Tatbestände. Aber das Prinzip bleibt.

Wie oft hast du denn schon durch dein Verhalten himmelschreiendes Unrecht aktiv gefördert? Soll die nachträgliche Rechtsumkehr nur gelten, wenn es dich emotional besonders betreffende Themen betrifft? Oder willst du gar freiwillig in einer ethisch besseren Zukunft in den Knast?

Zitat:
Wie absurd es ist, heute einen 93jährigen nach Jugendstrafrecht (!) zu verurteilen, darüber muss man sicher nicht streiten.

Abgesehen von der Verurteilung an sich ist es überhaupt nicht absurd, hier Jugendstrafrecht anzuwenden. Wer das anders sieht, hat entweder nichts vom Recht verstanden oder befürwortet offensiv eine Willkürjustiz.

Den Rest deines Beitrags kann man getrost ignorieren.
24.07.2020 07:58 Uhr
@kettenhund und bernd:

Alter zum Tatzeitpunkt?

Natürlich mutet es albern an, einen 90jährigen nach Jugendstrafrecht zu verurteilen.

Jedoch müsste man nach eurer Aussage mit einem Verfahren wegen Mordes, der von einem 18jährigen begangen wurde, nur lange genug warten, um ihn mit Erwachsenenstrafrecht zu belangen. So funktioniert das nicht.
24.07.2020 08:02 Uhr
Zitat:
Von: August XXIX
zitieren24.07.2020 04:11 Uhr


Willkommen bei den ideologischen Widerwärtigkeiten der IDL des Jahres 2020.

Ich bin sicher, dass demnächst wieder jemand erklären wird, warum es ach so liberal ist, wenn jemand das "(Un)rechts"system der NS-Diktatur mit dem heutigen Rechtsstaat gleichsetzt und daraus ableitet, dass das, was in der Diktatur Recht war, heute nicht als Unrecht verurteilt werden kann.
24.07.2020 09:34 Uhr
Zitat:
Zitat:
Von: August XXIX
zitieren24.07.2020 04:11 Uhr


Willkommen bei den ideologischen Widerwärtigkeiten der IDL des Jahres 2020.

Ich bin sicher, dass demnächst wieder jemand erklären wird, warum es ach so liberal ist, wenn jemand das "(Un)rechts"system der NS-Diktatur mit dem heutigen Rechtsstaat gleichsetzt und daraus ableitet, dass das, was in der Diktatur Recht war, heute nicht als Unrecht verurteilt werden kann.

War klar, dass du mal wieder nichts verstanden hast. Das, was ich geschrieben habe, hat mit Ideologie überhaupt nichts zu tun, sondern wendet sich explizit gegen Ideologie und für Rechtsstaatlichkeit.
24.07.2020 09:38 Uhr
Zitat:
Wie absurd es ist, heute einen 93jährigen nach Jugendstrafrecht (!) zu verurteilen,


Es geht um den Zeitpunkt des Strafbestandes.
24.07.2020 10:02 Uhr
Ich habe nichts gewusst, damit habe ich nach jahrelangen privaten Beschäftigungen mit dem 3. Reich immer mehr mein Problem.

Fangen wir mal im KZ an. Wenn jemand dort Dienst macht, dann hat er wohl einen permanenten schlechten Geruch in der Nase. Selbst wenn er permanent einen äußeren Sicherungsring absichert. Zudem bekommt er wohl doch mit, dass das viele Züge zugeleitet, aber keine abgeleitet werden.

Man kann in die SS ungewollt kommen, auch das nehme ich den Leuten ab, weil das mehrmals auch historisch erwiesen ist. Waffen-SS - Zwangsrekrutierung - Frontuntauglichkeit - KZ-Dienst.

Diese Schiene gab es.

Aber nicht gewusst zu haben, das ist mir doch beim Dienst im KZ eine Ausrede.

Im weiteren Rahmen denke ich, dass das Wissen über den Judenmord mehr verbreitet war, als man uns das noch vor Jahren glauben machen wollte.

Nicht umsonst sagte man sich in Köln und Hamburg, die Bomben sind Rache für das, was wir den Juden antaten.

Sowas sagt man nicht, wenn man nicht zumindest schlimmes ahnt.

Und im weiteren Rahmen standen in den amtlichen Teilen der Zeitung (für Wien ist das erwiesen und erforscht) eine Liste mit den Fortgezogenen. Wenn das tausend Leute mit Sara und Israel im Namen wegfahren.

Alle ausgewandert? 1939 nach Nisko und danach zumeist nach Maly Trostinez. Zumindest aus Sicht der österreichischen Juden.

Und die Gesten der Menschen in der Wiener Ungargasse zu den Juden, welche von den Judenhäusern zum Deportationsbahn gebracht wurden, sprachen auch nicht davon, dass man sich nicht zumindest ausmalen konnte, dass es vorbei ist mit diesen Menschen.

Unwissenheit.. das glaube ich immer weniger.


24.07.2020 11:33 Uhr
Zitat:
Und wenn schon. Hat trotzdem klassischerweise nichts mit Beihilfe zum Mord zu tun, selbst wenn das mittlerweile aus ideologischen Gründen in speziell NS-bezogenen Fällen juristisch uminterpretiert wird.

Kann man ja mal mit einem gemeinhin weniger dramatisch gesehenen, weil weniger ideologisierten Beispiel zeigen:
Jeder, der ein Hähnchenschnitzel im Supermarkt kauft, weiß oder müsste wissen, dass dafür objektiv brutale Tierquälerei begangen wird und er in vollem Bewusstsein dieses Unrecht fördert und finanziell ausnutzt. Darf er trotzdem, weil die geltende Rechtslage besagt, dass brutale Tierquälerei völlig OK ist, wenn sie der industrialisierten Nahrungsproduktion dient - und das, obwohl das Bemühen ums Tierwohl längst grundsätzlich zum ethischen Konsens geworden ist. Schließlich kotzt schon heute jeder halbwegs vernünftige Mensch bei den mittlerweile breit in den Medien gestreuten Bildern aus diesen Tiervernichtungsanstalten.

Ich z.B. wäre stark dafür, die Rechtslage hier zu ändern und deutlich höhere ethische Standards gesetzlich festzulegen. Aber sicher nicht dafür, anschließend jeden vor Gericht zu stellen, der nach damals gültiger Rechtslage im besten Wissen um die Zustände in Schlachthöfen und Aufzuchtfarmen Fleisch gekauft hat. Sicher, da ginge es nicht um Beihilfe zum Mord, sondern vermutlich um weniger stark zu bestrafende Tatbestände. Aber das Prinzip bleibt.

Wie oft hast du denn schon durch dein Verhalten himmelschreiendes Unrecht aktiv gefördert? Soll die nachträgliche Rechtsumkehr nur gelten, wenn es dich emotional besonders betreffende Themen betrifft? Oder willst du gar freiwillig in einer ethisch besseren Zukunft in den Knast?


Freundlich formuliert scheint dir der Tierschutz so wichtig zu sein, dass du das auf einer Ebene mit den Vorgängen in den Konzentrationslagern stellst. Sehe ich in der Wertigkeit nicht so, aber okay, ich gehe hier auch fest davon aus dass du es so auch nicht wirklich gemeint hast.

Der Vergleich ist aber nicht nur wegen der Wertebenen unpassend.

Da ist erstmal die Frage, ob hier Recht gesprochen wurde auf einer Grundlage, die es damals nicht gab. Dann müsste man entweder anerkennen, dass der NS-Staat in der Zeit ab 1933 ein ganz reguläres System mit anwendbarem Recht gewesen ist, dass über 1945 hinaus auch Gültigkeit gehabt hat. Bei den Nürnberger Prozessen wurde damals darauf verwiesen, dass die Strafbarkeit von Kriegsverbrechen nach der Haager Landkriegsordnung gewohnheitsrechtlich anerkannt war. Und ein Beihilfekonstrukt gab es im deutschen Strafgesetzbuch seit seiner Einführung seit 1871. Dass also Rechtsumkehr betrieben wurde/wird, kann man einfach nicht so sagen, ohne dass es falsch wäre.

Ein bisschen schwieriger ist es bei der Beihilfe. Da wurde auch in der Rechtswissenschaft immer wieder kritisiert, dass die Täterschafts- und Teilnahmetatbestände ausgedehnt werden, die Diskussion griff da auch stark auf die Strafprozesse gegen ehemalige Amtsträger in der DDR über. Letztlich kommt es darauf an, ob es zwischen Hilfeleisten und Haupttatbegehung eine hinreichend eng verknüpfte Kausalität gibt, die zusätzlich noch von einem entsprechenden Vorsatz getragen wird. Und da liegen die Unterschiede zu deinem Fleischbeispiel. Die Kausalkette ist dort wesentlich länger. Der Wachmann auf einem KZ-Turm hat die Tatbegehung konkret mitermöglicht, indem er für die Absicherung gesorgt hat. Er hat also konkret daran mitgewirkt, dass eine benennbare und namentlich identifizierbare (zum Tatzeitpunkt) Menge an Menschen auf eine bestimmte Art und Weise getötet wird. All diese Verknüpfungen fehlen bei deinem Fleischbeispiel bzw. sind deutlich schwächer ausgeprägt. Das passt m.E. also nicht.

Mal ganz abgesehen davon ist es aber auch eine Frage der Vermittelbarkeit, dass für eine vor Jahrzehnten begangene, schwere Straftat an mehreren Tausend Menschen eine milde Verurteilung nach dem Jugenstrafrecht erfolgt. Juristisch ist das alles korrekt und den Sinn des Jugendstrafrechts will ich überhaupt nicht in Frage stellen. Es geht mir hier aber um die Vermittelbarkeit des Resultats.

24.07.2020 11:43 Uhr
Zitat:
Aber nicht gewusst zu haben, das ist mir doch beim Dienst im KZ eine Ausrede.


Das ist, glaube ich, auch auf Fragen über das KZ direkt hinaus direkt anwendbar.

Ich hatte in einem anderen Thread ja mal geschrieben, dass ich einen ziemlich alten Vater hatte, der den 2. WK noch unmittelbar als Jugendlicher miterlebt hat.

Der hat mir immer erzählt, dass die jüdischen Kinder in der Schule von einem zum anderen Tag weg waren und auch nicht wiedergekommen sind. Wenn er mir das erzählt(e), muss ihm das ja auch aufgefallen sein. Wie denn auch nicht? Er sagte aber immer: Die können ja auch weggezogen sein oder aus der Schule ausgestiegen oder was auch immer. Wie soll man auf die Idee kommen, das was schlimmes passiert? Und gleichzeitig wusste er aber auch: In den Nachbardörfen ist das gleiche passiert.

Man konnte als Außenstehender sicher nicht ganz exakt wissen, was da vor sich geht. Aber man konnte es mindestens erahnen und ich bin mir ganz sicher, dass viele Leute, die danach gesagt haben - keine Ahnung, was da los war - genau das erahnt haben.
24.07.2020 14:30 Uhr
"Aber nicht gewusst zu haben, das ist mir doch beim Dienst im KZ eine Ausrede."

> Das definitiv. Zwar fehlte gegebenenfalls das Gesamtbild, das sogar ziemlich sicher - also das zahlen- und flächenmäßige Ausmaß des KZ-Systems -, aber was vor Ort vor sich ging, das war für die beteiligten Einheiten kein Geheimnis.
29.08.2020 18:41 Uhr
Zitat:
Wie absurd es ist, heute einen 93jährigen nach Jugendstrafrecht (!) zu verurteilen, darüber muss man sicher nicht streiten.


Darüber streiten Fachkundige auch nicht.
  GRUENE   IDL   SII, KSP   FPi
  CKP, KDP   UNION   NIP   PsA
  LPP   Volk, Sonstige
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