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Fragenübersicht Wann trat Deines Erachtens der Paradigmenwechsel in Hinblick auf die Widerstandskämpfer besonders in Hinblick auf den heutigen Denktag ein?
1 - 8 / 8 Meinungen
20.07.2020 12:25 Uhr
Ich bringe mal drei Beispiele als Untermauerung, warum das so lange noch nicht her ist.


Ein Freund sagte mal, bei ihm in der Steiermark wäre noch in der Krainerära der Widerstand schief betrachtet worden. Er sprach vom Denken der Leute im Ort um das zu genauer zu erläutern. Ich dachte er sprach vom Vater. Sohn und Vater war Landeshauptmann (bei euch Ministerpräsident). Er sprach nicht von 1948 bis 1971, wo das noch erklärbar wäre, sondern von dem Zeitraum: 1980 bis 1996.

Die zweite Geschichte ist aus den 70er Jahren und wurde mal von Harald Krassnitzer zum Besten gegeben. Hier wohl als Wiener Tatortkommissar bekannt.
Ein Regisseur ging in die SPÖ, für die er einen Film gedreht hat und meinte empört, er hätte noch viele Nazis draußen getroffen. Er würde gerne einen Film darüber drehen. Es wurde ihm beschieden, dass er das nicht machen wird, weil das die eigenen Wähler sind.

Der dritte Punkte ist jener, dass in den 90er Jahren die umstrittene Wehrmachtsausstellung war. Damals sind wir aus dem Denken heraus nicht hingegangen (ich und ein paar auch politisch ähnlich tickende Schulfreunde), weil wir der Meinung waren, wir lassen unsere Großvatergeneration nicht besuddeln.

Ich denke dieser Denkprozess, auch kritischer in Blickrichtung Wehrmacht ist wohl im Zeitraum der 80er Jahre fortlaufend zu sehen und sicher noch am Laufen.


Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 20.07.2020 12:27 Uhr. Frühere Versionen ansehen
20.07.2020 12:27 Uhr
Nicht Vaterlands-, sondern Hochverrat und Eidbruch wurde den Verschwörern um Stauffenberg vorgeworfen.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 20.07.2020 12:27 Uhr. Frühere Versionen ansehen
20.07.2020 12:29 Uhr
Ich erlebe derzeit einen anderen Paradigmenwechsel, weil einige Verschwörer des 20. Juli aufgrund ihrer politischen Einstellung heute als "außerhalb des Verfassungsbogens" gesehen werden.
20.07.2020 12:30 Uhr
Jahrgang 1975... ich kenne es eigentlich nicht anders, als dass der Widerstand des 20. Juli gewürdigt wird. Das muss also in den 80ern bereits abgelaufen sein - wer bei der Wehrmachtausstellung seine Großväter besudelt sah, erschien mir damals eher von vorgestern zu sein.

Zitat:
Ein Regisseur ging in die SPÖ, für die er einen Film gedreht hat und meinte empört, er hätte noch viele Nazis draußen getroffen. Er würde gerne einen Film darüber drehen. Es wurde ihm beschieden, dass er das nicht machen wird, weil das die eigenen Wähler sind.


Da kann was dran sein. Ich bin zum Beispiel in einer SPD-Hochburg aufgewachsen, die während der Nazizeit eine Nazi-Hochburg war.
20.07.2020 12:34 Uhr
Zitat:
STANDARD : Ja, und was ist dagegen der so genannte Antifaschismus? Krassnitzer: Der ist manchmal ein Paradox. Ein Regisseur, den ich kenne, hat Mitte der Siebzigerahre einen SP-Werbefilm gemacht und dafür in ganz Österreich recherchiert. Er war dann in einem relativ bekannten Bundesland und dort sind ihm viele Nazis aufgefallen. Er ist zurück zur SP-Parteizentrale nach Wien und hat gesagt: "Wir müssen unbedingt einen Film über die Nazis machen. Gegen die müssen wir auftreten." Da haben die abgewunken: "Du Trottel, das sind ja unsere Wähler."


Der Beleg zum Interview.

https://www.derstandard.at/story/318805/appell-an-gesunden-menschenverstand
20.07.2020 12:35 Uhr
@Lifthrasir

Bei uns war die Aufnahme ehemaliger Nazis auch im akademischen Bereich bei der SPÖ üblich. Bund sozialdemokratischer Akademiker. BSA oder B-SA genannt

Da sollte ein Gegengewicht zum schwarzen Cartellverband entstehen.

Nach dem Krieg gab es Millionen von Exnazis, die hat man nicht links oder rechts liegen lassen können. Da ging sehr rasch der Wahlkampf um die Stimmen los.


Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 20.07.2020 12:36 Uhr. Frühere Versionen ansehen
20.07.2020 12:39 Uhr
Zitat:
Bei der Nationalratswahl 1949 waren um 940.000 Personen mehr wahlberechtigt als noch 1945: Bei rund der Hälfte handelte es sich um „minderbelastete“, ehemalige NSDAP-Mitglieder, die 1945 von der Wahl ausgeschlossen, 1949 aber wieder wahlberechtigt waren. Die andere Hälfte waren Personen, die sich 1945 noch in Kriegsgefangenschaft befunden hatten sowie Flüchtlinge, die seit 1945 eingebürgert worden waren. Die Stimmen all dieser seit 1945 hinzugekommenen Gruppen verteilten sich relativ gleichmäßig auf ÖVP (31%), SPÖ (31%) und WdU (24%). Beim deutlich kleineren WdU kam jedoch jede zweite Stimme aus dieser Gruppe.


https://www.sora.at/wahlen/index.html?year=1949

Die Wähler mussten auch bedient und integriert werden, das schlägt wohl auch durch.

PS: Nochmal in Zahlen

Nichtwb. → SPÖ: 292.000
Nichtwb. → ÖVP: 294.000
Nichtwb. → KPÖ: 61.000
Nichtwb. → WdU: 229.000
Nichtwb. → Sonstige: 7.000
Nichtwb. → Nichtw.: 60.000

Nichtwahlberechtigte sind ehemalige Nazis und Kriegsheimkehrer.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 20.07.2020 12:40 Uhr. Frühere Versionen ansehen
21.07.2020 11:29 Uhr
Als die Nazis eben langsam wegstarben und auch keinen politischen Einfluss mehr ausüben konnten. Ich denke, das hat so in den 60ern angefangen und wurde bis heute immer stärker.

Ich kann es überhaupt nicht verstehen, dass in den 50ern selbst konservative, sich von der Naziherrschaft distanzierende Politiker den Widerstand vom 20.Juli so negativ betrachteten. Es muss doch zumindest im Sommer 1944 jedem klar gewesen sein, dass dieser Krieg nicht mehr zu gewinnen ist und es für ein Ende des sinnlosen Sterbens die Beseitigung von Hitler gebraucht hat.
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