Chat-Transkript vom 14.02.2007

Ciffer und Ismael,

Thema: Kanzlerschaftsübergabe

: Moderator hat den Raum betreten
Moderator: test
: Moderator hat den Raum betreten
: Moderator hat den Raum verlassen
: Moderator hat den Raum betreten
Moderator: Farbtest
: [C]Arrowman_(idl) hat den Raum betreten
[C]Arrowman_(idl): Guten Abend
Moderator: Guten Abend ;-)
Moderator: doch nicht allein ;-)
[C]Arrowman_(idl): Wer moderiert heute?
Moderator: Heute keiner aus der Redaktion ;-). Ansonsten bin ich Pascale ;-)
[C]Arrowman_(idl): Hallo Pascale ;-P
Moderator: Mal sehen wie wir das heute gemeinsam schaukeln. Hast Du den Chat organisiert?
[C]Arrowman_(idl): nein, das war bobo
[C]Arrowman_(idl): bobo15 oder so
[C]Arrowman_(idl): ich vertrete die Regierung
Moderator: Schön ;-) Du bist dann der Vertreter der Regierung, oder?
[C]Arrowman_(idl): Deshalb bin ich hier
Moderator: das zweite habe ich noch nicht gelesen ;-) War in Gedanken an die ersten Fragen ;-)
[C]Arrowman_(idl): kommen die schon
[C]Arrowman_(idl): DJ hat sich angekündigt ein paar fragen zu stellen
Moderator: nein, die können erst ab 19.00 Uhr reingestellt werden, wenn der Chat online geht.
Moderator: hab glenmeier auch gebeten. Zudem habe ich auch noch ein paar Fragen ;-)
[C]Arrowman_(idl): t - 2:00, ich habe die Thematik vorbereitet, aber Fragen werde ich wohl eher spontan stellen
Moderator: jetzt fehlt nur noch der Chatgast und schon könnte es gleich los gehen ;-)
[C]Arrowman_(idl): Im Zweifelsfall kann ich ein paar Christenwitze erzählen ;-P
: Eugen_Roth hat den Raum betreten
Moderator: öhmm. lass mich mal kurz überlegen... hmhmm. keine gute Idee ;-)
Moderator: Guten Abend Herr Roth. Ich freue mich, dass es bei Ihnen geklappt hat ;-)
Eugen_Roth: Hallo, ich freue mich auch. Habe mich durch die Anmeldung gewählt - erster Erfolg.
[C]Arrowman_(idl): Guten Abend Herr Roth, ich bin Christian Pfeil. Ich vertrete die Regierung von dol2day. Ich bin der derzeitige amteirende RL-Minister von Dol2Day.
[C]Arrowman_(idl): RL= RealLife
Moderator: Um 19.00 Uhr wird der Chat freigeschaltet und dann können alle Mitglieder von dol2day mitlesen und auch Fragen stellen.
Eugen_Roth: Hallo Herr Pfeil. Ich hoffe, dass sie gut regieren.
Moderator: Das ist immer die erste Hürde. Schlimmere kommen jetzt nicht mehr.
[C]Arrowman_(idl): Mann tut was Mann kann, oder so ;-)
Moderator: Mein Name ist Rolf Schnell, Moderator bei dol2day, aber bei dol "höre" ich auf den Namen "Pascale". Die Vorstellungsrunde können wir ja gleich starten, wenn wir "online" gegangen sind ;-)
Moderator: Punkt 19.00 Uhr damit sind wir online.
Moderator: @Herr Roth Im Namen der Redaktion von dol2day möchte ich Sie recht herzlich zu diesem Chat begrüßen. Mein Name ist Rolf Schnell (in dol: Pascale), bin ein Moderator von dol2day, und ich darf diesen Chat moderieren. Für Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Unser Thema heute lautet „Sozialpolitik in Deutschland“ und ich bitte Sie sich kurz vorzustellen. Arrowman ist Vertreter der aktuellen Regierung von dol2day und ich würde auch dich kurz bitten dich vorzustellen. Zudem möchte ich alle mitlesenden Doler/Dolerinnen begrüßen.
[C]Arrowman_(idl): Guten Abend Herr Roth, ich bin Christian Pfeil. Ich vertrete die Regierung von dol2day. Ich bin der derzeitige amtierende RL-Minister von Dol2Day.
Eugen_Roth: Hallo an alle aus Saarbrücken! Ich bin Eugen Roth, Landesvorsitzender des DGB Saar und stellvertretender Vorsitzender des DGB Bezirks West ( Rheinland-Pfalz und Saarland). Ich habe diese Funktion seit 1998 inne. Ich bin außerdem Mitglied des saarländischen Landtages.
Moderator: Bitte wundern Sie sich nicht. Wir sind wegen der Übersichtlichkeit nur zu dritt im Chat. Die Doler/Dolerinnen (Mitglieder von dol2day) können den Chat von „außen“ verfolgen und können Fragen an mich schicken. Diese werden dann nach und nach Ihnen gestellt.
[C]Arrowman_(idl): Ich fange mal an: Nun Herr Roth, das Thema ist klar. Machen wir doch eine Bestandsaufnahme. Wie ist es um die derzeitige deutschen Sozialpolitik ihrer Meinung nach bestellt?
Eugen_Roth: Alles klar, einverstanden.
[C]Arrowman_(idl): Wo gibt es Probleme? Was geht, was nicht?
Eugen_Roth: Die deutsche Sozialpolitik müsste nach meiner Auffassung weniger von Kostensenkungszielen und mehr von einer modernen, sozialen Absicherung aller Menschen auf möglichst hohem Niveau geprägt sein.
Moderator: Auf welche Einschnitte muss ich mich als Bundesbürger in den kommenden Jahren noch einstellen? Ist vielleicht sogar der Sozialstaat Deutschland in Gefahr?
Eugen_Roth: Die Strategie der Deregulierung und fortschreitenden Privatisierung, d.h. die Individualisierung von Gewinnen und die Sozialisierung von Risiken, lässt diese Gefahr wahrscheinlich erscheinen. Mächtige Kräft in der Bundesrepublik geben vor, den Sozialstaat reformieren zu wollen, wollen ihn eigentlich aber abschaffen bzw. nehmen dies zumindest billigend in Kauf.
[C]Arrowman_(idl): Wie wäre das "hohe Niveau" zu finanzieren? Wir können ja nicht mehr verteilen als wir haben.
[C]Arrowman_(idl): Vor allem, da es immer mehr Rentner geben wird.
Moderator: Wer sind ihrer Meinung nach die "mächtigen Kräfte" Sind es die großen Unternehmen, die Lobbyarbeit betreiben?
Eugen_Roth: Wir haben ja so viel, dass bei Einigen der Kassendeckel nicht mehr schließt wegen überbordendem Reichtum. Reichtum ist aber wie Mist: Nur ordentlich verteilt bringt er Segen.
Moderator: Frage von rDa an Eugen Roth:    "Kann man noch wirkliche Sozialpolitik betreiben oder ist es inzwischen eher ein Bemühen, das Schlimmste zu verhindern?"
Eugen_Roth: Bei der Finanzierung wäre zwingen die Verteilungsfrage zu stellen. Einige Stichtworte: Wieder Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Vermögenssteuer usw. - Ein Staat "steuert über Steuern" ( Bischof Prof. Dr. Reinhard Marx.
Moderator: Eine interessante Frage für Sie als Gewerkschaftsvertreter:
Moderator: Frage von Isha an Eugen Roth:    "Ist Sozialpolitik inzwischen fast nur noch etwas für Gewerkschafter?"
[C]Arrowman_(idl): Würden nicht Leute die von einem solchen Spitzensteuersatz betroffen sind nicht einfach ins Ausland gehen? VIPs wie Klinsmann oder M. Schumacher machens ja vor.
Eugen_Roth: Im Moment gewinnt man den Eindruck, dass tatsächlich Schlimmeres verhindert werden muss. Vergleichen sie in Bild am Sonntag von gestern des Interview mit dem Präsidenten des DIHKT, Georg Ludwig Braun: Kündigungsschutz weg. Länger Arbeitszeiten. Lohnstillstand usw.
Eugen_Roth: Sozialpolitik machen viele: Kirchen, Wohlfahrts- und Jugendverbände, auch Stiftungen usw. Betroffen sind 90 Prozent unserer Bevölkerung. Nur die "oberen Zehntausend" können sich einen armen Staat leisten. Ich glaube auch nicht, dass diejenigen, die es sich leisten können, alle abhauen würden, den in der Nähe der Copa Cabana sind auch die Favellas - d.h., in Deutschland mit seinen Schulen, seiner Sicherheit usw. läst es sich relativ gut leben - finanziert von den "kleinen" Leuten
[C]Arrowman_(idl): In Dänemark oder anderen Skandinavischen Ländern scheint, das mit dem lockeren Kündigungsschutz zu funktionieren. Dort sind Langzeitarbeitslose selten, während sie hier die Mehrheit stellen.
Moderator: Jetzt sammeln sich schon einige Fragen aus der Communtiy, die ich jetzt nach und nach weiter einstellen werde ;-) Einige Fragen kommen zum Thema Mindestlohn.
Moderator: Frage von glenmeier an Eugen Roth:    "Die CSU in Person von Markus Söder hat vor kurzem betont Mindestlöhne ablehnen zu wollen und auf die Aufgabe der Gewerkschaften hingewiesen Mindeseinkommen tariflich zu sichern. Wäre das eine Option für den DGB?"
Moderator: Frage von Bugs Bunny an Eugen Roth:    "Ich habe gerade auf der Straße bei einem Protest gegen "Hartz IV" einen Zettel in die Hand bekommen, wo unter anderem einen "gesetzlicher Mindestlohn von 10 .- € die Stunde" gefordert wird. Halten Sie derlei Forderungen für realistisch? "
Eugen_Roth: Fehlender Kündigungsschutz schafft keine Arbeitplätze - dies ist ein Märchen. In den Nordeuropäischen Ländern gibt es z.B. drei Jahre lange ein Arbeitslosengeld in Höhe von 90 Prozent des letzten Lohnes, also eine viel höhere Absicherung für Arbeitslose als bei uns. Damit wächst natürlich die Bereitschaft zur Flexibilität. In Nordeuropa wird "sozial sein" als "modern" definiert und nicht als wirtschaftsfeindlich
Moderator: wobei es sich auch die nordischen Länder auch "leisten" können. Wenn man sich beispielsweise auch Norwegen ansieht.
Eugen_Roth: Die Gewerkschaften schaffen es leider nicht in allen Branchen, einen Lohn tarifvertraglich zu vereinbaren, damit man von seiner Arbeit leben kann. Ich habe auch von herrn Söder nie gehörft, dass er angesichts seines christlichen Menschenbildes Unternehmer aufgefordert hat, auskömmliche Löhne zu vereinbaren.
Eugen_Roth: Ein Mindestlohn von 10,95 Euro ist in Deutschland tarifvertraglich vereinbart im Bauhauptgewerbe. Am Bau kann nicht gegen ausländische Arbeitnehmer, die mit 0,50 Euro pro Stunde selbst ausgebeutet werden, konkurriert werden. Saubere Unternehmen halten sich an diesen Tarifvertrag - also keine Utopie, sondern bereits Realtität - das alles ist Deutschland.
Moderator: Frage von molson an Eugen Roth:    "Herr Roth, wie stehen Sie zur Frage des bedingungslosen Grundeinkommens?"
Eugen_Roth: Die nordischen Länder "können" es sich leisten, weil sie eine andere, bessere, weitreichendere Sozialkultur aufgebaut haben. Dort gilt nicht der Spruch "Nasen müssen weg", wenn ein Manager nicht mehr weis, wie er anders den Aktienkurs steigern kann. Dort ist es modern, dass in Arbeitslosigkeit gefallenen Menschen geholfen wird. Das ist das Geheimnis des Erfolges und deshalb können sie es sich leisten.
[C]Arrowman_(idl): Die Sozioalsysteme wie wir sie heute kennen sind in den 60, also während des Wirtschaftswunder geschaffen worden, (also Wirtschaftswachstum >5%, Bevölkerungswachstum), und wurden bis heute nicht wesentlich verändert, was wir heute zu spüren bekommen Meinen sie nicht es ist Zeit für eine Alternative? Einem bedingungslosen Grundeinkommen?
Eugen_Roth: Das bedingungslose Grundeinkommen existiert in Luxemburg, also ganz in meiner Nähe. Erst vor kurzem hat ein Expertengremium bei uns darüber ausführlich berichtet. In Deutschland halte ich die Zeit dafür noch nicht für reif, denn obwohl 20 von 27 europäischen Ländern bereits einen Mindestlohn zahlen, soll ja nichteinmal das bei uns gehen? Die Debatte um das bedingungslose Grundeinkommen, bei der es letztendlich um die Würde des Menschen geht, muss vorab noch intensiver vorbereitet werden. Finanzierbar wäre dies alle Mal.
Moderator: Frage von Isha an Eugen Roth:    "Sehen Sie manche Aktionen von Gewerkschaften derzeit auch kritisch? Manchmal hat man ja den Eindruck, die Gewerkschaften kümmern sich mehr um ihre Interessen als die der von ihnen vertretenen Arbeiter"
Moderator: Frage von Abdul Alhazred an Eugen Roth:    "Wie will der DGB den Sozialstaat schützen wenn selbst die (Bundes)SPD heute doch eher gegen den Sozialstaat arbeitet?"
[C]Arrowman_(idl): SPD MdB Carsten Schneider sieht das ja anders; er hat auf Spiegel online das Grundeinkommen ziemlich heftig kritisiert
Eugen_Roth: Die "Reform" der Sozialsysteme muss immer dem Ziel dienen, die Menschen auf möglichst hohem Niveau und unter veränderten Lebensbedingungen in einer flexibleren Gesellschaft abzusichern. Also - Schritt für Schrfitt vorgehen.
[C]Arrowman_(idl): Er kritisierte dort v.a. das Althaus-Modell das so laut Schneider aussieht: aus spiegel.de ----Finanzieren will Althaus seine Sozialrevolution mit einer einheitlichen Einkommenssteuer von 50 Prozent (Flat Tax). Wer mehr als 1600 Euro verdient, erhält die Hälfte des Bürgergeldes, zahlt dafür einen Steuersatz von nur 25 Prozent. Kein Tippfehler: Althaus will Menschen mit kleinen Einkommen doppelt so stark besteuern wie Besserverdiener!----
Eugen_Roth: DGB und SPD haben eine gemeinsame Geschichte, aber aktuell gibt es viele Auseinandersetzungen. Ich bin Gewerkschafter in der SPD - das mag meine abweichende Sichtweise zu manchem erklärfen. Zu Isha: In den Gewerkschaften sind rund 1 Million Arbeitslose organisiert. Selbstverständlich kümmern wir uns auch um sie, denn sie bestimmen unsere Strategie mit. Oft meinen diejenigen, die behaupten, wir würden uns nur um unsere Mitglieder kümmern, dass wir besser unsere Arbeitsleistung bzw. die unserer Kolleginnen und Kollegen billig verkaufen sollen - mehr nicht.
Moderator: Frage von rDa an Eugen Roth:    "Ergeben sich manchmal Interessenskonflikte zwischen ihrem Landtagsmandat und ihrem Beruf?"
Moderator: Frage von W.Crusher an Eugen Roth:    "Herr Roth, in welche berufliche Tätigkeit haben Sie ausgeübt, bevor Sie Berufspolitiker und -gewerkschafter worden? Arbeiter waren Sie doch nicht, oder???"
Eugen_Roth: Ich kenne das "Althaus Modell" nicht, finde es aber bemerkenswert, dass der thüringische Ministerpräsident gegen einen europaweit anerkannten Mindestlohn ist, jetzt aber auf ein "Grundeinkommen" ausweicht? Das verstehe ich nicht.
[C]Arrowman_(idl): Ist mir auch seltsam ich kenne ihn eher von Possen mit Kreationisten
Eugen_Roth: Zu rDa: Natürlich gibt es da auch Konflikte. Bisher bin ich damit klar gekommen. Zu W.Crusher: Ich war 21 Jahre lang Polizeibeamter, davon 8 Jahre im Wechselschichtdienst.
[C]Arrowman_(idl): Das Thema wird eh in allen Partein diskutiert, und jeder meint den wahren Jakob gefunden zu haben.
Eugen_Roth: Viele drücken sich aber um die Verteilungsfrage, d.h. den wachsenden Reichtum bei gleichzeitig ebenfalls wachsender Armut, vor allem Kinderarmut.
Moderator: Frage von glenmeier an Eugen Roth:    "Besteht eine Hoffung für die deutschen Einzelgewerkschaften, angesichts des rapiden Mitgliederschwundes der letzten Jahre?"
Eugen_Roth: Sicherlich, denn andernfalls käme unsere Republik und damit der soziale Friede in Gefahr. Der Mitgliederschwund hat sich jüngst deutlich verlangsamt, obwohl die Gewerkschaften ständig in den Medien "unter Feuer" genommen wurden, aus interessierten Kreisen. Gerade junge Menschen merken zunehmend, dass Etwas, dass einige so schlecht zu machen versuchen, gar nicht so schlecht sein kann. Im Saarland haben wir übrigens den höchsten, gewerkschaftlichen Organisationsgrad aller Bundesländer.
Moderator: Frage von Euronymous an Eugen Roth:    "Sollte der Generalstreik wieder vom Streikrecht gedeckt werden so wie es in anderen europäischen Ländern üblich ist?"
Moderator: Frage von Tatsu an Eugen Roth:    "Der DGB ist nur ein Dachverband der Gewerkschaften, gibt es auch Streit zwischen den Gewerkschaften, z.B. IG Metall und IG Chemie?"
[C]Arrowman_(idl): Wie wird sich der Mitgliederschwund auf die Verhandlungspositionen der Gewerkschaften auswirken? Den das "Kapital" einer Gewerkschaft, sind ihre Mitglieder.
Eugen_Roth: Wir kennen gerade hier an der saarländisch - lothringischen, d.h. deutsch - französischen Grenze den Generalstreik. Leider hat er unseren Kolleginnen und Kollegen in Frankreich nicht viel gebracht, außer im Verhältnis zu Deutschland relativ schwachen, zersplitterten Gewerkschaften. Ich halte dies leider häufig für eine Parole, wei diejenigen, die nach Generalstreik rufen, nichteinmal bei der 01. Maidemo gesehen werden.
Moderator: Frage von W.Crusher an Eugen Roth:    "Wie stehen Sie als Gewerkschafter und Saarländer zur notwendigen Streichung aller Subventionen in Bergbau etc.? Die Kosten sind nicht mehr zu rechtfertigen."
Eugen_Roth: Zu LTatsu: Auch zwischen den Gewerkschaften gibt es, wie "im richtigen Leben", Streitpunkte. Wir kommen aber bisher meist klar, einigen uns, weil wir dies unseren Mitgliedern und unseren Zielen schuldig sind.
Eugen_Roth: Der Mitgliederschwund schwächt natürlich Verhandlungspositionen. Starke Gewerkschaften, z.B. die IG Metall, bekommen dagegen viel hin. Das muss man den Menschen einfach sagen . Die Hände in den Schoss legen und "andere" machen lassen, funktioniert nicht.
Moderator: Frage von Grundy an Eugen Roth:    "Halten Sie angesichts der schwindenden Mitgliederzahlen der Gewerkschaften das bisherige Tarifsystem für zeitgemäß? Oder sollte es einer betriebsinternen Mitbestimmung der Arbeitnehmer weichen?"
Moderator: Frage von Tatsu an Eugen Roth:    "Oft kommen Forderungen sehr überzogen rüber. Liegt dies daran, dass man nur so etwas am Schluss erreichen kann oder meinen sie das ernst?"
Eugen_Roth: Zu W.Crusher: Die Streichung der Bergbausubventionen wird zum Ausstieg vom Ausstieg aus der Atomkraft führen, weil der Strom halt nicht einfach aus der Steckdose kommt und die Steinkohle produzierenden Länder wie die USA und China bald nicht mehr exportieren, sondern ihre Kohle selbst brauchen werden wegen ihrem wachsenden Energiehunger. Aus saarländischer Sicht ist die Forderung nach "Auslaufbergbau" fast gleichzeitig eine Forderung nach "Auslaufsaarland".
Moderator: Aktuell hätten wir noch drei Fragen. Können wir vielleicht einige Minunten überziehen? Ca. 10 Minunten? Wäre sehr schön, wenn das gehen würde.
Eugen_Roth: Wenn man betriebsinterne Lösungen stärker favorisiert, müssten zunächst einmal überall Betriebsräte, auf gesetzlich abgesicherter Basis, existieren. Diese Forderung zusammen mit der Forderung nach betrieblicher Tarifpolitik habe ich von den "Flexibilisierern" aber noch nie gehört? Betriebsräte könnten, ohne gewerkschaftliche Absicherung, mit Unternehmensleitungen nie "auf Augenhöhe" verhandeln. Außerdem würde dann in einzelnen Betrieben öfter gestreikt.
Eugen_Roth: Vorab: 10 Minuten überziehen geht.
Moderator: Vielen Dank ;-)
[C]Arrowman_(idl): Meinen sie nicht, das der oftmals starre Flächentarifvertrag gelockert werden sollte um auf lokale Besonderheiten besser zu reagieren?
[C]Arrowman_(idl): Auch von seiten der Regierung vielen Dank ;-)
Eugen_Roth: Zu Tatsu: Der Eindruck "überzogener Forderungen" wird meist von der Arbeitgeberseite in den Medien geschickt plaziert. Dabei entstehen Tarifforderungen nach genauen Berechnungen, die immer auch die Möglichkeiten der Unternehmen der jeweiligen Branche mit einrechnen. Die Arbeitgeberverbände, die früher Jahr für jahr über die angeblich überzogenen Forderungen geklagt hatten, loben derzeit gerade die Gewerkschaften für ihre füheren, Beschäftigungsorientierten Tarifabschlüsse - alles klar?
Moderator: Frage von glenmeier an Eugen Roth:    "Wie stark ist Ihrer Ansicht nach der Ansehensverlust von gewerkschaftlicher Mitbestimmung, bzw. Modellen die Arbeitsplätze sichern sollen und zwischen Betrieben und Belegschaft ausgehandelt werden, angesichts der Skandale um VW und Hartz, bzw. der BenQ Pleite?"
Eugen_Roth: Zu Arrowman: Die Flächentarife haben Deutschland kalkulierbare Stabilität gebracht. Sie wurden immer von Arbeitgebern und Gewerkschaften gemeinsam unterschrieben. Gleichzeitig sind in Deutschland rund 60.000 "Öffnungsklauseln" tarifvertraglich vereinbart worden. Ist das kein flexibles Angebot?
[C]Arrowman_(idl): Ein umfangreiches und für den Laien undurchsichtiges Angebot, würde ich meinen.
Eugen_Roth: Zu VW: Durch die Modelle "5000 mal 5000" oder "28 Stunden woche" wurden Zehntausende Arbeitsplätze gerettet. Dann kam der "Skandal." Bei BenQ haben die Gewerkschaften keinerlei Schuld. Als Vorwurf an die "Mitbestimmung" kann BenQ nicht herangezogen werden.
Moderator: @Arrrowman dafür gibt es ja die Gewerkschaftsvertreter, dass sie es den "Laien" erklären. Viele Gesetze verstehen normale Bundesbürger auch nicht.
Moderator: Frage von Abdul Alhazred an Eugen Roth:    "Gibt es überhaupt noch "Sozialen Frieden"? die Arbeitgeber Vertreter fordern heute Ungeniert Soziale Rechte abzuschaffen."
Eugen_Roth: Die "60.000" Öffnungsklauseln mögen für einen Laien undurchschaubar sein. Die Arbeitgeberverbände kennen sie aber alle, da sie sie ja mit unterschrieben haben. Also müssen sie ihre Unternehmen über die mit den Gewerkschaften vereinbarten, flexiblen Angebote ordentlich informieren.
Moderator: und die letzte Frage für heute ;-)
Moderator: Frage von Leo Navis an Eugen Roth:    "Ist die Lösung der Frage der Armut in Deutschland nicht langerfristig nur über Steuersenkungen und dementsprechend Stärkung der Wirtschaft möglich?"
Eugen_Roth: Zu Abdul Ahazred: Ich meine, es gibt bei uns im internationalen Vergleich noch sozialen Frieden, der aber laufend leider gering geschätzt oder gar angegriffen wird. Unsere Gewerkschaften und der DGB können aber auch mobilisieren, wenn es darauf ankommt. Wir machen dies, in Abstimmung mit unseren Mitgliedern, aber nur dann, wenn es wirklich gilt und nicht jede Woche. Das würden die Menschen nicht wollen.
[C]Arrowman_(idl): Z.B. die deutsche Unternehmensteuern abschaffen?
Eugen_Roth: Zu Leo Navis: Wie sollten dann die Schulen, Kindergärten, Strassen usw., die gesamte, öffentliche Infrastruktur bis hin zu den Universitäten, finanziert werden? Nur von den "kleinen" Leuten allein? Dann wäre der Teufel los. Ich halte es für ein Märchen, dass Steuersenkungen mit der Gieskanne Arbeitsplätze schaffen. Betrachtet man die sogenannte "große" Steuerreform aus dem Jahre 2000 mit Steuernachlässen von 60 Mrd. Euro per anno, dann sieht man, dass danach die Arbeitslosigkeit sogar gestiegen war, auch die Armut. Das bringt nichts. Steuern sind nichts Schlechts, übrigens genau wie Gewinne. Entscheidend ist, dass sie auch für das Gemeinwohl eingesetzt werden.
Moderator: @Herr Roth bevor ich mich bei Ihnen bedanke, gehören Ihnen die abschließenden Worte zu diesem Thema ;-)
Eugen_Roth: Ich zitiere Prof. Herberft Ehrenberg, Arbeitsminister a.D. und Gewerkschafter: "Es gibt eine Renaissance des Sozialstaates". Wir müssen ordentlich daran arbeiten, denn soziale Sicherheit ist Basis und Motor für Innovationen. Danke an alle für die rege Diskussion! Glück auf von der Saar" Euer Eugen Roth
[C]Arrowman_(idl): Im Namen der Community und der 23. Internetregierung danke ich ihnen für das Gespräch. Auf Wiedersehen und viel Erfolg.
: Eugen_Roth hat den Raum verlassen
Moderator: Im Namen der Redaktion von dol2day möchte ich mich bei Ihnen für den heutigen interessanten und vielschichtigen Chat bedanken. Es hat mich gefreut diesen Chat mit Ihnen zu moderieren und ich würde mich freuen, wenn wir Sie vielleicht später (in einigen Monaten ;-)) nochmals im Chat begrüßen dürfen. Ansonsten Danke ich den Dolern/Dolerinnen für die vielen verschiedenen Fragen und auch Danke an den Vertreter der aktuellen Regierung. Hat wirklich Spaß gemacht ;-) Allen noch einen schönen Abend.
[C]Arrowman_(idl): zu spät ;-P
Moderator: Danke dir auch ;-)
Moderator: jo. ahhh
Moderator: dem schreibe ich das noch in einer e-mail ;-)
Moderator: Wünsche Euch jetzt alle noch einen schönen Abend. rmi wird heute Abend das Chatlog machen.
[C]Arrowman_(idl): jo ich verabscheu mich dann auch ;-)
: [C]Arrowman_(idl) hat den Raum verlassen
Moderator: jo
: Moderator hat den Raum verlassen