Chat-Transkript vom 25.11.2005

Lars Harms, MdL in Schleswig-Holstein für den SSW

Thema: Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot

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: Moderator hat den Raum betreten
: Lars_Harms hat den Raum betreten
Moderator: Hallo Herr Harms!
Lars_Harms: Moin, Moin !
Moderator: Ich hoffe, Sie sind fit? Wir fangen gleich schon mit dem Chat an, da er auch schon öffentlich ist.
Lars_Harms: Fit wie ein Turnschuh!
Moderator: das hört man gern :)
Moderator: Herzlich Willkommen beim Chat mit Lars Harms, Vertreter des SSW, zum Thema "Koalitionsvertrag von schwarz-rot".
Moderator: Herr Harms, es wäre sehr nett, wenn Sie sich kurz vorstellen würden!
Lars_Harms: Ic h bin 41 Jahre alt, verheiratet, 6 Kinder, Abgeordneter des SSW im schleswig-holsteinischen Landtag seit 2000. Mehr kann man unter www.lars-harms.de finden.
Moderator: die ersten Fragen sind da!
Moderator: Frage von Miles an Lars Harms:    "sehen Sie, abgesehen vom Koalitionsvertrag, positive oder negative Auswirkungen der Großen Koalition für die nationalen Minderheiten in Deutschland?"
Lars_Harms: Icch glaube die behandlung von nationalen Minderheiten ist nicht abhängig von der jeweikligen Koalition, sondern eher vom gesellschaftlichen gesamtverständnis. Wenn das o.k. ist, dann können die Minderheiten sowohl mit großen wie mit kleinen Koalitionen (oder Minderheitsregierungen) leben.
Moderator: Frage von McAlphA an Lars Harms:    "Hallo Her Harms! Wie bewerten Sie den Koalitionsvertrag zwischen Schwarz-Rot, auch hinsichtlich des Bundeslandes SH?"
Lars_Harms: Eigentlich ist der Koaltiononsvertrag wie man es erwartet hätte. Es finden sich viele Kompromisse, die weder in die eine noch in die andere Richtung gehen. Und dazu werden dass die wichtigen Dinge des lebens, wie die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme ausgeklammert. Was SH angeht, so werden wir große Probleme bei der regionalen Wirtschaftsförderung und bei der Finanzierung des öffentlichen personennahverkehrs bekommen. das ist jetzt schon absehbar, weil in diesen Bereichen gespart werden soll. das ist sehr problematisch für SH.
Moderator: Frage von Appendix an Lars Harms:    "Ich interessiere mich für den Beimischungszwang für Biokraftstoffe, was genau soll das bringen, wäre der organische Wachstum von Märkten nicht angebrachter?"
: Miruna hat den Raum betreten
Moderator: Frage von miruna an Lars Harms:    "@MOD kannst du mir nen Zugang für den Chat als Co-Mod geben?"
Moderator: ah, da bist du ja schon :)
Miruna: Danke. Bin jetzt da :-)))
Miruna: Hallo Herr Harms, schön Sie zu lesen.
Lars_Harms: Im Prinzip halte ich den beimischungszwang für sinnvoll, um eine neue technologie an den Markt heranzuführen. Viel problematischer ist es, dass auf Biokraftstoffe jetzt die gleiche Steuer erhoben werden soll, wie für Mineralöl. Dann gäbe es warscheinlich keinen Preisvorteil am Markt mehr, was dazu führt, dass weiter Öl importiert wird. das halten wir nur noch wenig jahrzehte durch. besser wäre es schon jetzt an die Zukunft zu denken. Da war Rot-grün in diesem bereich weiter.
Lars_Harms: Vielen Dank, Miruna.
Miruna: Würden Sie sagen, Herr Harms, dass dieser Koalitionsvertrag Gift für die Binnenkonjunktur in Deutschland ist?
Moderator: Bleibt die Umweltpolitik nicht generell etwas auf der Strecke? Ich will jetzt nicht Herrn Gabriel "runterputzen", aber die Tatsache, dass ein ehemaliger Ministerpräsident, der abgewählt wurde und Landesminister für Popkultur (oder so ähnlich) wurde, jetzt das Umweltressort bekommt, welches unter Rot-Grün ja sehr gut belebt wurde, zeigt doch, dass dieses Ressort jetzt in Sachen Richtilinien sehr sehr niedrig angesehen wird...
Lars_Harms: Wenn man die MWST-Erhöhung betrachtet, kann man das wohl sagen. Das schlimme ist, dass diese Einnahmen nicht für die Senkung der Lohnnebenkosten (wie versprochen) genutzt werden. Das heißt: Arbeit bleibt teuer, die Leute haben genausoviel wie vorher im geldbeutel und die Kosten steigen. Das ist Gift für die Binnenkonjunktur. Und die Binnenkonjuktur ist unser Sorgenkind. Im Export sind wir immer noch Weltmeister.
Lars_Harms: Ich habe die Einstellung, dass man Gabriel durchaus eine Chance geben sollte. Die SPD hat durchaus die Möglichkeit sich auch zu profilieren. In SH sehen wir, dass sich im Umweltbereich unter einem schwarzen Minister nichts bewegt. Die SPD hat ein Profil im Bereich der erneuerbaren Energien und beim Atomausstieg zu verteidigen. Wenn sie das nicht schaffen, rennen ihnen auch noch die letzten menschen weg. Allerdings werden die Grünen auch ordentlich druck machen. Die SPD ist nicht zu beneiden.
Miruna: Geben Sie dieser großen Koalition 4 Jahre?
Lars_Harms: Nachdem man sehen konnte, dass die Verteilung von Ministerposten und anderen Jobs wichtiger war, als eine inhaltliche Diskussion über die Ziele einer solchen Koalition, gehen ich von einem etrem hohen beharrungsvermögen aus.
Moderator: Frage von Miles an Lars Harms:    "Sie kennen ja die Situation eines Parlaments, in dem die Opposition vergleichsweise klein ist verglichen mit der Regierungskoalition. wie bewerten Sie die Auswirkungen dieser Konstellation auf das Funktionieren eines parlamentarischen Systems?"
Lars_Harms: In SH erleben wir, dass sehr viel am Parlament vorbei geht. Die große Koalition im Parlament lässt sich gesetzesvorschläge von der regierung servieren und winkt diese dann ohne große Änderungen ab. das ist das eigentliche problem. Die drei "kleinen" Oppositionsparteien, Grüne, FDP und SSW haben sich recht gut auf diese Situation eingestellt. es ist mehr ein problem in Hinsicht auf das verständnis von parlamentarischer Atrbeit und da zwingt in der tat eine knappe parlamentsmehrheit mit einer zahlenmäßig starken Opposition zu mehr öffentlicher debatte als jetzt. Das Gleiche werden wir auch in berin erleben. Die Kompromisse werden innerhalb der großen Koalition hinter verschlossenen Türen schon vorher geschlossen, ehe eine Initiative das Licht der Welt erblickt.
Lars_Harms: Tschuldigung für meine Tippfehler.
Moderator: Frage von bobo15 an Lars Harms:    "Was würden sie am ehesten ändern am Koalitionsvertrag?"
Lars_Harms: Am liebsten würde ich die tatsache ändern, dass es diesen Koalitionsvertrag überhaupt gibt. Stichworte, die für mich wichtig sind wären: erneuerbare Energienen fördern, Sozialreformen mit dem Ziel sozialer gerechtigkeit und steuerfinanziertes Sozialsystem. - Es gibt vieles zu kritisieren. Das hauptproblem wird aber sein, dass es nicht in eine bestimmte Richtung gegen wird, sondern dass sich die ehemaligen "Todfeinde" SPD und CDU gegenseitig belauern werden und sich gegenseitig intern bekämpfen werden. das Ganze fängt in SH jetzt auch schon an.
Moderator: Ein Punkt des Koalitionsvertrages ist ja auch die Föderalismus-Debatte, die ja auch die Länder direkt betrifft. Ist die "Entzerrung" der Kompetenzen von Bund und Ländern, die ja die Blockadehaltung des Bundeslandes einschränken soll, nicht insgesamt eine Einschränkung der Länder insgesamt? Ich denke, damit kommt dieses Gleichgewicht zwischen Bund und Ländern etwas ins Schwanken...
Lars_Harms: Es gab schon vor der wahl entsprechende Initiativen. Es kann nicht funtionieren, dass 60 oder 70% aller beschlüsse des Bundestages durch den Bundesrat blockiert werden können. bei dieser Blockadepolitik (egal von wem) spielten immer nur parteipolitische Interessen eine Rolle. Die Interesssen der einzelnen Länder waren eher untergeordneter natur. Wenn nun diese Verflechtung aufgelöst wird ist das zu begrüßen. Wichtig ist aus Sichte der Länder dann aber auch,, dass die Länder auch alleinige Kompetenten zugesichert bekommen, für die vorher eine Mischzuständigkeit bestand. Wenn Umweltpolitik nur vornehmlich Bundessache werden sollte und dafür sich der Bund aus der Bildungspolitik heraushält wäre zum beispiel beiden seiten geholfen. Und solche beispiele gibt es natürlich öfter. Eine Föderalismusreform muss also nicht unbedingt zum Nachteil für die Länder sein.
Moderator: Hier zwei recht themengleiche Fragen:
Moderator: Frage von Miles an Lars Harms:    "gibt es eigentlich einen Zusammenhang zwischen der Behandlung von nationalen Minderheiten und der von Migranten? oder sind das gänzlich verschiedene Dinge?"
Moderator: Frage von Ohio an Lars Harms:    "Ist es für eine nationale MInderheit in Deutschland von Vorteil, möglichst in einem geschlossenen Gebiet zu wohnen?"
Lars_Harms: Nationale Minderheiten sind in den jeweiligen Staaten in denen sie leben seit jahrhunderten beheimatet. Ihre Sprache und Kultur ist somit auch ein teil des jeweiligen Staates. Ziel ist es diese (minderheiten)teile der Sprachen und Kulturen des jeweiligen Staates zu erhalten. Migranten kommen aus anderen Ländern neu in ein Land. Ziel ist es hier, dass diese menschen die Chance haben, sich in der jeweiligen gesellschaft zu integrieren und sich zurecht zu finden. - Es sind also zwei unterschiedliche gruppen mit unterschiedlichen Zielsetzungen. Es ist sicherlich von Vorteil in einem kompakten gebiet zu wohnen. Dänen, Friesen und Sorben wohnen relativ kompakt und können sich so innerhalb der jeweiligen Minderheit gut austauschen und haben vergleichweise kurze Wege, um ein spezifisches Angebot zu erreichen. Die Sinti und Roma in deutschland leben in der gesamten Bundesrepublik verstreut und haben es da sicher schwerer.
Moderator: Hier noch mal eine Wendung zur Bundespolitik:
Moderator: Frage von Appendix an Lars Harms:    "Gesundheitsreform, was wird kommen eine Bürgerversicherung oder die Gesundheitsprämie ? "
Lars_Harms: Wende? Hatten wir schon mal!
Moderator: Ja, zum Glück :)
Lars_Harms: Es wird natürlich etwas in der Mitte dazwischen sein! Ein großer Kompromiß, der niemanden hilft. ich für meinen teil, setze mehr auf ein steuerfinanziertes system, wie in Skandinavien.
Moderator: Was wäre der große Vorteil davon zum bisheringen System?
Miruna: Passend zur Gesundheitsreform: Was sagen Sie zu den bundesweiten Ärztestreiks, die uns wohl bald erwarten werden?
Lars_Harms: Alle würden einzahlen. Niemand könnte sich dadurch entziehen, dass er seinen Wohnsitz beispielsweise ins Ausland verlegt. jeder, der in Deutschland einkauft zahlt direkt auch ins soziale system ein. jeder Hot-Dog in Dänemark sichert sozusagen die dortige Volksrente und das Krankenhauswesen ab. Zweitens wäre es dann auch möglich eine Mindestrente festzulegen, die aus diesen Steuermitteln gezahlt werden könnte. das geht in einem versicherungssystem so nicht. Da bestimmt die Einzahlung auch die spätere Auszahlung (wenn man die renten betrachtet). Drittens wäre dies ein beitrag zur senkung der Lohnnebenkosten: Arbeit wäre billiger (weil sie nicht extra belastet würde) und Dienstleitungen und Güter für alle teurer, was im übrigen auch den Anreiz für schwarzarbeit senken würde. u.v.m.
Lars_Harms: Das heutige gesundheitsystem wid wie ein Markt betrachtet, obwohl es kein markt ist. Man kann nämlich als marktteilnehmer nicht festlegen, wann man seine Leitung kaufen will. Wenn man sich ein bein bricht, kann man nicht warten, bis besondere Operationsangebote zu haben sind. Und wenn man gesund ist, nützemn einem auch keine Dumpingangebote für einemagenoperation. Wenn also die Ärzte demonstrieren, so demonstrieren sie auch gegen das gesamte system. ich glaube, wir müssen uns wirklich gedanken machen, ob diese betriebswirtschaftlichen betrachtungsweisen wirklich noch zeitgerecht sind, oder ob es nicht doch bereiche der daseinsvorsorge geben muss, die einer stärkeren Steuerung durch den Staat unterliegen müssen. So lange das nicht der Fall ist, werden die Krankenkassen sich nur über Einsparungen refinanzieren können und das geht eben nur bei einer belastung der Ärtze und der partienten. das sind die Krankenkassen am längeren hebel; egal wie man das system aufzieht (P.S. Das ist keine BWLer-Schelte - ich bin selber einer).
Moderator: Haben Sie noch Zeit für eine Frage?
Lars_Harms: Klar!
Moderator: Wunderbar :) Kommen wir zur letzten Fragen von heute:
Moderator: Frage von Karl V. an Lars Harms:    "In welchem Ressort wird es die größten Veränderungen zur rot-grünen Politik geben?"
Lars_Harms: Umwelt und Energie - ich glaube, gerade in der Umweltpolitik wird man jetzt dreizehn gerade sein lassen und naturverträglchkeit als eine finanzielle belastung definieren. nachhaltigkeit und Orientierung an Zukunftsfragen, werden für kurzfristige finanzielle Entlastungen geopfert. Nicht geändert wird die Sozialpolitik und die Arbeitsmarktpolitik. Die war schon vorher nicht gerade prickelnd.
Moderator: Ich hätte noch 3 Fragen über. Die jetzt noch zu stellen würde nicht viel bringen, da der Chat mittlerweile schon nicht mehr öffentlich ist. Wäre es ok, wenn ich Ihnen die Fragen per email schicke? Ich würde die Antworten dann bei dol2day gesondert veröffentlichen.
Lars_Harms: Gerne!
Moderator: Vielen Dank! :) Dann werde ich sie Ihnen gleich zu schicken
Moderator: Damit endet der Chat heute mit Lars Harms. Vielen Dank, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben. Ich bedanke mich auch bei allen Zuschauern und Fragestellern und wünsche allen noch einen schönen Abend und ein schönes Wochenende! Tschüß!
Lars_Harms: Vielen Dank! Mange tak! Foole tunk! Und noch einen schönen Abend an alle!
Miruna: Ich danke Ihnen auch für den Chat un dem Moderator für diese gute Führung dieser Diskussion.
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