: Moderator hat den Raum betreten |
Moderator: Hallo Frau Funk und herzlich Willkommen bei dolk2day :) |
Kerstin_Funk: Hallo und vielen Dank für die Einladung |
Moderator: Eigentlich sollte den Chat heute jemand anderes zu moderieren. Deswegen: entschuldigen Sie die Verspätung. |
Moderator: Würden Sie sich uns kurz vorstellen? |
Kerstin_Funk: Kein Problem wegen der Verspätung. Zu mir: ich bin Politikwissenschaftlerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Liberalen Institut der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Dort bin ich im Rahmen der Initiative "umSteuern - Freiheit braucht Mut!" auch zuständig für Gesundheitspolitik. |
Moderator: Können Sie uns kurz was zu der Friedrich Naumann Stiftung sagen? Was für Projekte fördern sie z.B.? |
Kerstin_Funk: Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit ist eine der politischen Stiftungen in Deutschland. Die Aufgabe der politischen Stiftung ist die politische Bildung, und zwar im Inland, aber auch im Ausland. In Seminaren und Tagungen vermitteln wir den Bürgern politische Fertigkeiten oder Hintergrundinformationen über unterschiedlichste politische Themen. Unsere Rolle ist dabei, vorzudenken, und nicht Tagespolitik zu kommentieren. |
Moderator: Wie beurteilen Sie die Gesundheitspolitik der aktuellen Bundesregierung? |
Kerstin_Funk: Wie gesagt: Wir denken in die Zukunft. Das gilt auch für die Gesundheitspolitik, für die wir langfristige und umfassende Strukturreformen notwendig erachten. |
Moderator: Was heisst denn ihrer Meinung nach langfristige Strikturreformen? |
Kerstin_Funk: Wir brauchen einen echten Systemwechsel im Gesundheitssystem, weg vom heutigen fast planwirtschaftlichen System, hin zu einem marktwirtschaftlichen System |
Moderator: Frage von Euronymous an Dr. Kerstin Funk: "Frau Dr. Funk, was hat die FDP gegen ein solidarisches Gesundheitssystem? Ist der Umstand einer "Zwangsversicherung" wirklich so erdrückend, das man auf allen verfügbaren Ebenen dagegen vorgehen muss?" |
Kerstin_Funk: Ich spreche hier nicht für die FDP, sondern für die Friedrich-Naumann-Stiftung: Das heutige System ist nicht wirklich solidarisch. Im Gegenteil, es ist im Grunde sehr unsolidarisch. Denn die Last wird auf wenigen Schultern verteilt. Gut verdiendene Bürger können sich privat versichern und sich damit aus dem Solidarsystem verabschieden. Das Modell der liberalen Gesundheitsreform verlagert den Sozialausgleich in das Steuersystem. Denn dort tragen alle Steuerzahler zum Solidarausgleich bei. |
Moderator: Frage von Landauer an Dr. Kerstin Funk: "Was an Solidarität ist noch gleich "Planwirtschaft"? Verennen sie sich da nicht in die Diktion des Kalten Krieges?" |
Kerstin_Funk: Nein, es geht einfach um zwei unterschiedliche Wirtschaftsordnungen. Und ich favorisiere halt die soziale Marktwirtschaft, in der der Staat lediglich einen Ordnungsrahmen vorgibt, innerhalb dem die Menschen dann genügend Freiheit haben, selbst vorzusorgen und selbst Verantwortung zu tragen - auch für ihre Gesundheit. |
Moderator: Frage von Landauer an Dr. Kerstin Funk: "Solidarischer wäre es dann doch, die Gutverdiener in die gesetzlichen Kassen zu holen, also die Privaten abzuschaffen?" |
Kerstin_Funk: Warum sollte der Staat für die Gesudheitsversorgung der Menschen zuständig sein? Das können private Unternehmen viel besser. Und in Großbritannien - wo es ein staatliches Gesundheitssystem gibt - sieht man ja, was dort geschieht: Einheitsversorgung und lange Wartezeiten. |
Moderator: Frage von *Mensch* an Dr. Kerstin Funk: "Wie stellen Sie sich denn eine Umstellung auf ihr favorisiertes System vor, ohne dass da enorme Kosten entstehen?" |
Kerstin_Funk: Ein Übergang zum Prämienmodell würde allen Menschen eine individuelle Versorgung bieten. Die Prämien wären nicht länger vom Einkommen abhängig, sondern würden nach dem Risiko berechnet. Menschen, die über einen bestimmten Betrag hinaus in der Grundversorgung belastet würden, erhielten einen Sozialausgleich aus Steuermitteln. Die Kosten würden sich daher in Grenzen halten. Jüngst haben wissenschaftliche Studien nachgewiesen, dass ein Übergang zum Prämienmodell die öffentlichen Haushalte sogar noch entlasten könnte. Und nicht zu vergessen: bereits heute fließen jedes Jahr 27 Mrd. Euro Subventionen in den Gesundheitsfonds. Da stände schon eine ganze Menge Geld zur Verfügung. |
Moderator: Frage von Cambria an Dr. Kerstin Funk: ""Planwirtschaft" ist also das Schreckgespenst... Wo ist das Problem dabei, Menschen ohne Rücksicht auf ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ein Gesundheitssystem zu geben? Denn darauf, dass finanzschwache Personen dann aus dem "Kundenkreis" der Privatversicherer fallen, wird es wohl hinauslaufen." |
Kerstin_Funk: Nein, das wird nicht passieren. Denn die Bürger haben eine Versicherungspflicht und die Krankenkassen im Gegenzug die Pflicht, die Versicherten aufzunehmen. Niemand wird ohne Versicherung bleiben. |
Moderator: Frage von Landauer an Dr. Kerstin Funk: "In den USA sieht man, wohin ein überwiegend privates Gesundheitssystem führt. Einzelfallbeispiele sind keine Agrumente in der Sache. Was in GB passiert ist, ist einfach eine schlechte Organisation, übrigens an der Seite massiver Privatisierungen andernorts. Gesundheitsversorgung gehört in die öffentliche Hand, weil sie niemals unter Finanzierungsvorbehalt stehen darf. Meinen sie, die Gesundheit muss man sich leisten können?" |
Kerstin_Funk: In den USA fehlte bisher eine Ordnung, die den Markt regelte. Das sollte mit der Gesundheitsreform nachgeholt werden. Und eben diese Ordnung, die letztlich dafür sorgt, dass der Markt gerechte Ergebnisse liefert, ist übrigens ein fundamentaler Bestandteil des gerne verschmähten Neoliberalismus. |
Moderator: Frage von Cambria an Dr. Kerstin Funk: "Klasse, dann hat man eine Pflichtversicherung, die man nicht bedienen kann, weil die risikobasierten monatlichen Beiträge durch die Decke gehen... wie soll das sozial gerecht sein oder bürgerfreundlich?" |
Kerstin_Funk: Die Gesundheitssysteme in der Schweiz oder in den Niederlanden zeigen, dass es funktioniert. Denn die Pflichtversicherung ist für jeden Bürger bezahlbar - und wird in Härtefällen sozial ausgeglichen. |
Moderator: Frage von *Mensch* an Dr. Kerstin Funk: "Und was ist mit den sog. "Sozial Schwachen"? Für die käme weiterhin doch der Staat für die Kosten auf, oder?" |
Kerstin_Funk: Der Staat - oder besser: der Steuerzahler - hilft dort, wo Hilfe nötig ist. Konkret bedeutet das: Menschen, die nicht selbst in der Lage sind, ihre Krankenversicherung zu bezahlen, bekommen einen sozialen Ausgleich. Dieser Sozialausgleich wird aus Steuermitteln finanziert, zu denen alle Bürger beitragen - nicht, wie im heutigen GKV-System, nur jene, die in der gesetzlichen Krankenversicherung zwangsversichert sind. |
Moderator: Frage von Cambria an Dr. Kerstin Funk: "Das heißt soviel wie: die Armen bekommen Hilfe aus Steuergeldern (okay), die Reichen können es sich sowieso leisten (kein Problem hier), was aber ist mit der MIttelschicht?" |
Kerstin_Funk: Das ist eine sehr gute Frage, vielen Dank dafür. Die Mittelschicht wird deutlich entlastet und ist der große Gewinner des Prämienmodells. Denn im Prämienmodell wird nicht mehr das Einkommen Bezugsgröße für die Versicherungsbeiträge sein, sondern das Risiko. Und gerade die Mitte der Gesellschaft sind jene, die Verantwortung übernehmen, die zum Beispiel auf ihre Ernährung achten, Sport treiben und gesundheitliche Risiken vermeiden. Sie werden daher deutlich niedrigere Beiträge zahlen als im heutigen System. |
Moderator: Frage von Landauer an Dr. Kerstin Funk: "Also mehr Staat für die "Schwachen", weniger Staat für die "Starken"? Wieso solte der Staat nicht bei den Gutverdienern nehmen, was bei den anderen fehlt? Woher kommen die Steuermittel?" |
Moderator: Frau Funk, sind sie noch anwesend? |
Kerstin_Funk: Sorry, das System hat mich rausgeworfen. Nein, weniger Staat für alle. Denn für die Bedürftigen werden ja heute schon die Beiträge zur Krankenversicherung aus Steuermitteln gezahlt. Da wird sich also nichts ändern. |
Moderator: OK, kein Problem...aber damit hätten wir auch schon das Ende der vorgegebenen Zeit erreicht. Ich bedanke mich sehr herzlich für Ihre Zeit und Ihre Antworten |
Kerstin_Funk: Sehr gerne, vielen Dank zurück und noch einen schönen Abend. |
Moderator: das wünschen wir Ihnen auch. Auf Wiedersehen! |
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