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Fragenübersicht Kennst du die Zeitung "Strassen aus Zucker"? Wenn ja: was hältst du inhaltlich von ihr?
Anfang-2027 - 46 / 46 Meinungen
26
13.07.2012 15:22 Uhr
@outofvogue

Zitat:
Hier zitiere ich mal Hans-Jürgen Krahl, der über Adorno schreibt:

"Er teilte die Ambivalenz des politischen Bewusstseins vieler kritischer Intellektueller in Deutschland, die projizieren, die sozialisti­sche Aktion von links setze das Potential des faschistischen Terrors von rechts, das sie bekämpft, überhaupt erst frei. Damit aber ist jede Praxis a priori als blind aktionistisch denunziert und die Möglichkeit politischer Kritik schlechthin boykottiert nämlich die Unterscheidung zwischen einer im Prinzip richtigen vorrevolutionären Praxis und deren kinderkranken Erscheinungsformen in entstehenden revolutionären Bewegungen."


Prinzipiell ließe sich mit dieser Analyse Krahls durchaus arbeiten und in ihrem Grundzug würde ich ihr auch zustimmen.
Wobei ich jedoch zum einen anmerken würde, dass er Adorno hier zunächst einmal nur etwas unterstellt. Ob Adorno zu dieser Unterscheidung tatsächlich nicht fähig war bleibt erstmal dahingestellt.
Und zum zweiten sei kritisch angemerkt, dass er gewisse Erscheinungsformen mittels der Attributierung als „kinderkrank“ fahrlässig und gefährlich bagatellisiert. Das mag aber schlicht dem zeitbedingten Grundoptimismus seiner Schaffensphase geschuldet sein.

Zitat:
Das ist ein Widerspruch. Du verhandelst hier "Masse" ahistorisch immer schon als faschistische Massenbewegung - und selbst da blieben viele daheim. Entweder, man lässt sich auf das Agitationsfeld ein, oder man lässt es eben mit dem revolutionären Anspruch.


Natürlich ist das ein Widerspruch. Bei aufmerksamer Lektüre wäre dir aufgefallen, dass ich das selber als Widerspruch deklariere. Sieh doch erstmal das Argument statt im logischen Widerspruchsdenken verhaftet sofort zu opponieren.
Denn dieser Antagonismus ist nicht aufzulösen durch eine Entscheidung für die eine oder andere Seite, sondern er ist kritisch-praktisch aufzuheben in einem Prozess der emanzipatorischen Selbstaufhebung der Massen als Massen.

Zitat:
Woher diese Schwierigkeit? Das ist streng genommen ein soziologischer Begriff. Klar gibt es diesen unmittelbar normativen Gehalt, von wegen der Prolet könnte nie rassistisch/antisemitisch usf. sein und ist von Geburt an gegens Kapital. Ja. Aber dann muss man das mal gescheit kritisieren und nicht auf eine antideutsche Befindlichkeitspolitik umstellen!


Klasse ist ein soziologischer Begriff, Proletariat ist ein reiner Kampfbegriff. Aber davon abgesehen kann ich dir nur immer wieder empfehlen deine antiantideutschen Beißreflexe einzutauschen gegen eine differenzierte Analyse der verschiedenen und verschiedensten ideologiekritischen Eingriffe seitens des von dir stets nur pauschal verfemten Spektrums.
Dass könnte dann nämlich einen Erkenntnisgewinn dahingehend bringen, dass es dort neben vielerlei von Ideologiekritik in neuerliche Ideologie umschlagendem Mumpitz auch sehr viele gescheite Kritiken gibt.

Zitat:
Was verliert sich denn da? (...)


Und hier geht das bereits apriori gefällte Urteil vollends mit dir durch, dass du anscheinend nicht mal mehr meine Argumentation überhaupt noch liest.
Denn ich kritisiere doch gerade diese These Delarues eines vermeintlich sich verlierenden Subjekts und die darin enthaltene implizite Idealisierung des bürgerlichen Fortschrittsdenkens.
Aber das nimmst du gar nicht zu Kenntnis und verrennst dich damit deine fünf Duracell-Batterien entleerend völlig umsonst ins Leere deiner Theorie darüber wie der Antideutsche an sich sei oder gar zu sein hätte, damit deine Theorie über ihn verifizierbar bleibt. ^^

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 13.07.2012 17:40 Uhr. Frühere Versionen ansehen
13.07.2012 15:28 Uhr
@ outofvogue

Vorab:
meine Zustimmungen zu deinen Statements ergeben sich aus dem Umstand, dass ich die Diskussion mit dir mehr als spannend finde und begeistert bin, dass so etwas bei dol2day noch möglich ist. Inhaltlich sehe ich natürlich so manches anders:

Zitat:
Woher weißte das so genau? Und: so abstrakt ist das nicht immer - der Chef und Unternehmer ist nunmal ein zentraler Gegner in der Klassenauseinandersetzung.


Nun, ich stütze das als Lohnarbeitender auf die Erfahrungen, die ich mit Kolleg_innen, in meiner Gewerkschaft, im DGB usw. aber natürlich auch in meiner Eigenschaft als aktives Mitglied einer Partei im Gespräch mit den Menschen mache. Und auch, was das sogenannte Prekariat angeht, das ja Teil der Klasse der Nicht-Besitzenden ist, sind meine Erfahrungen nicht besser. Eher noch schlechter.

Unabhängig davon ist es natürlich richtig, dass Verbesserungen von Gehalt/Lohn, Arbeitsbedingungen usw. in aller Regel gegen "den Chef" oder die Firmenleitung u.dgl. durchgesetzt werden müssen. Insofern bin ich selbstverständlich für die Organisierung aller, die im Bereich der Arbeit zumindest ähnliche Interessen verfolgen- beispielsweise in Gewerkschaften, Betriebsräten undsoweiter.

Ich halte aber nichts davon, die Klasse zum zentralen Begriff der politischen Auseinandersetzung zu machen. Und das liegt unter anderem daran, dass bei weitem nicht jede_r "Klassengenoss_in" auf derselben Seite steht wie ich. Mir erschliesst sich nicht, weshalb ich mich auf so etwas abstraktes wie die "Klasse" beziehen soll, die doch im ganz Konkreten oft allzu deutlich zeigt, wie es um sie bestellt ist. Die Basis der NSDAP setzte sich, ganz ähnlich übrigens wie die heutigen Neonazigruppierungen, zu einem beachtlichen Teil aus der Arbeiterklasse zusammen.


Zitat:
Ich halte da übrigens auch nicht an einem "Begriff" fest; "Klasse" ist ersteinmal analytisch zu verstehen, nicht als normatives Potential!


Ok, aber welche Praxis folgt aus dieser Analyse? Das grundsätzliche Bejahen von Organisierung der Nicht-Besitzenden? Da wäre ich d'accord, sofern es nicht mit aus meiner Sicht allzu naiven Illusionen besetzt ist.


Im Weiteren:
natürlich bin ich Pessimist, aber was bleibt mir angesichts der ganz realen Verfasstheit der Gesellschaft auch anderes übrig? Ich kann mit Blick darauf nicht mehr viel anfangen mit den Sätzen von der "Selbstaufhebung des Proletariats", und ich gestehe gern eine gewisse Ratlosigkeit ob der politischen Alternativen. Was aus meiner Sicht derzeit bleibt, ist der Versuch, das Schlimmste zu verhindern und dem schlechten Bestehenden zumindest noch einige positive Reformen abzutrotzen. Und, im Idealfall, in der entsprechenden politischen Praxis erstens neue Menschen für linke Projekte zu gewinnen und zweitens aus der Praxis heraus gangbare Antworten für die massigen Fragen zu finden, die sich der politischen Linken heute mit Blick darauf, wie eine grundsätzlich andere Gesellschaft zu erreichen sei, stellen.

Und was die bürgerliche Gesellschaft angeht:
eine Gesellschaft, aus der heraus ein Umschlagen in die bisher grösste Form der Barbarei möglich war, kann ich schlecht idealisieren. Aus ihr heraus ist die Katastrophe jederzeit wieder möglich. Nicht umsonst poche ich auch beständig darauf, dass jeder Antisemitismus entschieden bekämpft werden muss- auch jener, der sich aus verkürzter Kapitalismuskritik von links oder aus der Dämonisierung des jüdischen Staates heraus manifestieren kann.

Es lässt sich m.E. aber nicht von der Hand weisen, dass die bürgerliche Demokratie die bisher fortschrittlichste Staatsform ist, die die Menschheitsgeschichte kennt. Sie zu idealisieren hiesse, sie zum Ende der Geschichte zu erklären und ihr Fortbestehen in alle Ewigkeit zu wünschen. Ich jedoch möchte ihre positive Aufhebung. Dazu gehört denn aber auch, nicht hinter sie zurück zu wollen.

Zitat:
Kann ich dir sagen: hierzulande hat es eine NSDAP geschafft, mit allen Gegnern aufzuräumen um ihr Programm durchzusetzen.


Die entscheidende Frage ist aber doch, warum sie das geschafft hat- und warum ihre Herrschaft und die deutsche Volksgemeinschaft so viel schrecklicher gewütet haben als etwa der Franco-Faschismus oder die Schwarzhemden in Italien. Und warum Oswald Mosley und Gefolgschaft es in England erst gar nicht an die Macht geschafft haben...
13.07.2012 15:42 Uhr
Ich habe mir jetzt mehrere Artikel durchgelesen und finde die Zeitung schon interessant. Die Artikel, die ich gelesen habe, sind zwar tatsächlich für "Politikeinsteiger" gedacht, was aber nicht negativ gemeint ist.

Ich werde mir die Zeitung jetzt öfter einmal ansehen.
13.07.2012 15:45 Uhr
@ Teufel100

Ha! Ziel der Umfrage ist erreicht. ;-)
13.07.2012 15:51 Uhr
Zitat:
These Delarues eines vermeintlich sich verlierenden Subjekts und die darin enthaltene implizite Idealisierung des bürgerlichen Fortschrittsdenkens.


Da wird wohl in meine Aussage interpretiert, dass ich das Subjekt in der bürgerlichen Gesellschaft für bereits konstituiert hielte. Falsch. Aber es ist in der bürgerlichen Gesellschaft durchaus auf dem Weg dorthin, wo es erst mit der positiven Aufhebung der bürgerlichen in die befreite Gesellschaft ankommen würde. Bürgerliches Fortschrittsdenken zu idealisieren würde bedeuten, sich blind machen zu lassen für die Tatsache, dass die Regression jederzeit möglich ist.
13.07.2012 15:53 Uhr
@ Irre

Zitat:
Und zum zweiten sei kritisch angemerkt, dass er gewisse Erscheinungsformen mittels der Attributierung als „kinderkrank“ fahrlässig und gefährlich bagatellisiert.

Was meinst du da für Erscheinungsformen? Und: diese Kinderkrankheiten politischer Praxis kannst du nur angehen, indem die dich ins Handgemenge begibst.

Zitat:
Natürlich ist das ein Widerspruch. Bei aufmerksamer Lektüre wäre dir aufgefallen, dass ich das selber als Widerspruch deklariere. Sieh doch erstmal das Argument statt im logischen Widerspruchsdenken verhaftet sofort zu opponieren.

Es ist einfach eine Pseudo-Dialektik die sich aus der Angst ergibt, die Masse, das wären ja vor allem die "bösen deutschen Bauarbeiter", die biertrinkend über Polen hetzen... Das ist die Idee dahinter.

Zitat:
Denn dieser Antagonismus ist nicht aufzulösen durch eine Entscheidung für die eine oder andere Seite, sondern er ist kritisch-praktisch aufzuheben in einem Prozess der emanzipatorischen Selbstaufhebung der Massen als Massen.

Es geht hier nicht um eine Entscheidung für und wider die Massen. Es handelt sich darum, dass ein Widerstand ohne die Massen nicht vorstellbar ist, weshalb man Organisationsformen haben muss, die die Massen in Bewegung setzen und verändern zugleich!

Zitat:
Klasse ist ein soziologischer Begriff, Proletariat ist ein reiner Kampfbegriff.

Beide Begriffe sind jeweils zweierlei: analytische Begriffe und Kampfbegriffe. Was du da gegen das "Proletariat" hast ist mehr ein Ressentiment gegen subalterne Klassen, scheint mir.
13.07.2012 15:57 Uhr
@Delarue

Zitat:
Da wird wohl in meine Aussage interpretiert, dass ich das Subjekt in der bürgerlichen Gesellschaft für bereits konstituiert hielte. Falsch. Aber es ist in der bürgerlichen Gesellschaft durchaus auf dem Weg dorthin, wo es erst mit der positiven Aufhebung der bürgerlichen in die befreite Gesellschaft ankommen würde. Bürgerliches Fortschrittsdenken zu idealisieren würde bedeuten, sich blind machen zu lassen für die Tatsache, dass die Regression jederzeit möglich ist.


Du idealisierst das bürgerliche Subjekt ja schon wieder, indem du attestierst, dass es durchaus schon auf einem guten Wege sei sich positiv aufzuheben. Dass hiesse ja nichts anderes als sei das bürgerliche Subjekt aus seiner eigenen Subjektform heraus zu solch einem Fortschritt wie der Aufhebung der bürgerlichen in die befreite Gesellschaft hinein fähig. That's idealism and undialectical. ;-)
13.07.2012 16:08 Uhr
@outofvogue

Zitat:
Was meinst du da für Erscheinungsformen? Und: diese Kinderkrankheiten politischer Praxis kannst du nur angehen, indem die dich ins Handgemenge begibst.


Exactemente. Aber nur in einem auch ideologiekritisch fundierten Verhältnis zur im Hangemenge sich befindelichen Menge.

Würdest du dein Vorurteil darüber aufgeben, wären wir uns einig und die Debatte hier an einem fruchtbaren Ende angelangt

Zitat:
Es ist einfach eine Pseudo-Dialektik die sich aus der Angst ergibt, die Masse, das wären ja vor allem die "bösen deutschen Bauarbeiter", die biertrinkend über Polen hetzen... Das ist die Idee dahinter.(...)

Es geht hier nicht um eine Entscheidung für und wider die Massen. Es handelt sich darum, dass ein Widerstand ohne die Massen nicht vorstellbar ist, weshalb man Organisationsformen haben muss, die die Massen in Bewegung setzen und verändern zugleich!


Ja, zugleich verändern muss im Sinne einer entmassenden Emanzipationsbewegung selbstbewußt sich vergesellschaftender Indiviuen.
Die Agitation der Masse ist nur als massenuntaugliche Bewegung krtischer Intervention gleichsam einer massenhaften und mithin entmassenden Aufklärung möglich. Das ist die Dialektik der communistischen Emanzipationsbewegung, die du anscheinend nicht siehst.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 13.07.2012 18:16 Uhr. Frühere Versionen ansehen
13.07.2012 16:08 Uhr
@ Delarue

Zitat:
Nun, ich stütze das als Lohnarbeitender auf die Erfahrungen, die ich mit Kolleg_innen, in meiner Gewerkschaft, im DGB usw. aber natürlich auch in meiner Eigenschaft als aktives Mitglied einer Partei im Gespräch mit den Menschen mache. Und auch, was das sogenannte Prekariat angeht, das ja Teil der Klasse der Nicht-Besitzenden ist, sind meine Erfahrungen nicht besser. Eher noch schlechter.

Das ist ja alles geschenkt. Ich idealisiere nirgendwo die Spontaneität der Lohnarbeiter.

Zitat:
Mir erschliesst sich nicht, weshalb ich mich auf so etwas abstraktes wie die "Klasse" beziehen soll, die doch im ganz Konkreten oft allzu deutlich zeigt, wie es um sie bestellt ist.

"Klasse" bezeichnet die objektive gemeinsame Situation von Lohnarbeitern. Also hier muss man auch mal unterscheiden zwischen Produktion und politischer Arbeiterbewegung bzw. Organisationsformen des modernen Kapitalismus, die das Proletariat immer mehr aufgesplittert haben und es gerade so verallgemeinern weltweit.

Zitat:
Die Basis der NSDAP setzte sich, ganz ähnlich übrigens wie die heutigen Neonazigruppierungen, zu einem beachtlichen Teil aus der Arbeiterklasse zusammen.

Richtig.

Zitat:
Ok, aber welche Praxis folgt aus dieser Analyse? Das grundsätzliche Bejahen von Organisierung der Nicht-Besitzenden? Da wäre ich d'accord, sofern es nicht mit aus meiner Sicht allzu naiven Illusionen besetzt ist.

Die Unterstützung von widerständigen Fraktionen der Lohnarbeiter, z.B. die Studentenschaft die immer mehr auch proletarisiert ist. Das müsste man aber en Detail ausführen natürlich.

Zitat:
Was aus meiner Sicht derzeit bleibt, ist der Versuch, das Schlimmste zu verhindern und dem schlechten Bestehenden zumindest noch einige positive Reformen abzutrotzen.

Reformen sind immer konterrevolutionär ;-) Es käme mal darauf an, jenseits von dieser blöden Trennung zur Masse, eine subversive Praxis zu entfalten. Und zwar nicht nach dem letztlich leninistischen Schema "Intellektuelle - Masse", was du und Irredenta hier letztlich reproduzieren. Enttäuscht ist nur, wer mal irgendwelche idealistischen Hoffnungen hatte auf eine automatische Revolution oder so. Die hatte ich nie, deshalb bin ich auch nicht enttäuscht, sondern sage diesem Laden den Kampf an, wie eh und jeh.

Zitat:
Es lässt sich m.E. aber nicht von der Hand weisen, dass die bürgerliche Demokratie die bisher fortschrittlichste Staatsform ist, die die Menschheitsgeschichte kennt.

Für Kritiker des Kapitals sollte der Begriff "Fortschritt" vorab verdächtig sein. Die bürgerliche Demokratie ist die politische Organisation von einander nichts angehenden Privateigentümern. Das kritisiert Marx allerorts.

Zitat:
Die entscheidende Frage ist aber doch, warum sie das geschafft hat- und warum ihre Herrschaft und die deutsche Volksgemeinschaft so viel schrecklicher gewütet haben als etwa der Franco-Faschismus oder die Schwarzhemden in Italien. Und warum Oswald Mosley und Gefolgschaft es in England erst gar nicht an die Macht geschafft haben...

Mal ernsthaft: Du misst hier die schlimme deutsche Geschichte mit denen anderer Länder. USA = nur Silvershirts, keine NSDAP. Deutschland = Judenvergasung. USA = gut, Deutschland = böse.
Ich halte es für gefährlich, so eine Meßlatte des Vergleichs anzulegen. Adorno/Horkheimer wussten dagegen sehr gut, wie auch in den USA usf. faschistische Tendenzen greifen. Der ist weltweit zu kritisieren und zu bekämpfen.

Und es ist auch kein Geheimnis wieso das in Deutschland so gut gegärt hat, mit Hitler. Klar ist das ein Unterschied - aber ich ergreife hier nicht im billigen Volksfront-Antifaschismus-Stil Partei für andere Nationen, die weniger faschistisch waren. Und hier fangen die meisten Antideutschen ja an mit ihren Fahnenwäldern und Lobpreisungen auf Churchill, dem alten Kolonialisten.
13.07.2012 16:08 Uhr
Zitat:
Du idealisierst das bürgerliche Subjekt ja schon wieder, indem du attestierst, dass es durchaus schon auf einem guten Wege sei sich positiv aufzuheben.


Nein. Idealisierend wäre die Behauptung, dass dieser Weg eine Einbahnstrasse in Richtung befreiter Gesellschaft ist. Das wäre undialektisch. Ich hingegen behaupte hier nichts anderes als die Möglichkeit der befreiten Gesellschaft, die aus der bürgerlichen Gesellschaft heraus erstritten werden kann. Wer steht denn schon tatsächlich ausserhalb dieser Gesellschaft?
13.07.2012 16:12 Uhr
Zitat:
Ich hingegen behaupte hier nichts anderes als die Möglichkeit der befreiten Gesellschaft, die aus der bürgerlichen Gesellschaft heraus erstritten werden kann. Wer steht denn schon tatsächlich ausserhalb dieser Gesellschaft?

Es ist aber ein großer Unterschied ob du,

a) Die bürgerliche Gesellschaft als bestehende Gesellschaft kritisierst. Was eine Banalität ist, weil man ja nicht aus der Geschichte hüpfen kann.

oder

b) Die bürgerliche Gesellschaft geschichtsphilosophisch verklärst als Durchgangsstadium zu ihrer notwendigen Aufhebung. D.h. du würdest die bürgerliche Gesellschaft verteidigen.
13.07.2012 16:17 Uhr
Zitat:
Das wäre undialektisch.

Mal eine Anmerkung: Dialektisch/undialektisch ist einfach kein Argument! Das ist hegelianisierend.
13.07.2012 16:17 Uhr
@outofvogue

Zitat:
Es ist aber ein großer Unterschied ob du,

a) Die bürgerliche Gesellschaft als bestehende Gesellschaft kritisierst. Was eine Banalität ist, weil man ja nicht aus der Geschichte hüpfen kann.

oder

b) Die bürgerliche Gesellschaft geschichtsphilosophisch verklärst als Durchgangsstadium zu ihrer notwendigen Aufhebung. D.h. du würdest die bürgerliche Gesellschaft verteidigen.


D'accord. :-)
13.07.2012 16:21 Uhr
Horkheimer, 1937:

Zitat:
Der Intellektuelle, der nur in aufblickender Verehrung die Schöpferkraft des Proletariats verkündigt und sein Genüge darin findet, sich ihm anzupassen und es zu verklären, übersieht, daß jedes Ausweichen vor theoretischer Anstrengung, die er in der Passivität seines Denkens sich erspart, sowie vor einem zeitweiligen Gegensatz zu den Massen, in den sein eigenes Denken ihn bringen könnte, diese Massen blinder und schwächer macht, als sie sein müssen. Sein eigenes Denken gehört als kritisches, vorwärtstreibendes Element mit zu ihrer Entwicklung.
13.07.2012 16:22 Uhr
@ Outofvogue

Ok, wir nähern uns einander langsam an. Das ist gut. ;-)

Zitat:
Enttäuscht ist nur, wer mal irgendwelche idealistischen Hoffnungen hatte auf eine automatische Revolution oder so. Die hatte ich nie, deshalb bin ich auch nicht enttäuscht, sondern sage diesem Laden den Kampf an, wie eh und jeh.


Jap, das liegt wohl in meiner Biographie begründet, da ich jahrelang ein Teil der selbsternannten "Parteilinken" meiner Partei und der marxistischen Linken (genauer: dem vergleichsweise unorthodoxen Anteil des Trotzkismus) war. Ich bin einfach nur noch angenervt von diesen 20er-Jahre-Revoluzzer-spielenden Kiddies jeden Alters, deren Optimismus die "sozialistische Revolution" betreffend fast noch unerträglicher ist als ihre von Lenin geborgte Selbstwahrnehmung als Avantgarde und der daraus folgende Autoritarismus. Möglich, dass ich meine Erfahrungen dort heute allzu rasch auf andere projiziere.


Zitat:
Mal ernsthaft: Du misst hier die schlimme deutsche Geschichte mit denen anderer Länder. USA = nur Silvershirts, keine NSDAP. Deutschland = Judenvergasung. USA = gut, Deutschland = böse.
Ich halte es für gefährlich, so eine Meßlatte des Vergleichs anzulegen.


Nein. Ich nenne keine einzige bürgerliche Demokratie "gut". Das singuläre Menschheitsverbrechen allerdings fand in Deutschland und durch Deutschland statt. Nichts anderes sage ich. Das bedeutet doch nicht, faschistische Bewegungen und autoritäre Politikformen bspw. in den USA auszublenden.

Zitat:
aber ich ergreife hier nicht im billigen Volksfront-Antifaschismus-Stil Partei für andere Nationen, die weniger faschistisch waren. Und hier fangen die meisten Antideutschen ja an mit ihren Fahnenwäldern und Lobpreisungen auf Churchill, dem alten Kolonialisten.


Ich ergreife auch nicht Partei für andere Nationen, indem ich Partei gegen Deutschland ergreife. In der Tat gibt es unter "Antideutschen" das Problem einer unkritischen Affirmation des "Westens", aber das ist meiner Einschätzung nach das Problem einer Minderheit unter den "Antideutschen". Was die "Fahnenwälder" angeht, so sind sie nicht mehr und nicht weniger als die optische Darstellung der Anti-Hitler-Koalition. Ich finde daran nichts Schlechtes, besitze jedoch selbst keine Nationalflaggen. Naja, bis auf eine. ;-)

13.07.2012 16:22 Uhr
Adorno, 1942 (!):

Zitat:
Das macht es notwendig, den Begriff Klasse selber so nah zu betrachten, daß er festgehalten wird und verändert zugleich. Festgehalten: weil sein Grund, die Teilung der Gesellschaft in Ausbeuter und Ausgebeutete, nicht bloß ungemindert fortbesteht sondern an Zwang und Festigkeit zunimmt. Verändert: weil die Unterdrückten, heute nach der Voraussage der Theorie die übergroße Mehrheit der Menschen, sich selber nicht als Klasse erfahren können. Diejenigen unter ihnen, welche den Namen reklamieren, meinen zumeist ihr partikulares Interesse im Bestehenden, etwa so wie die industriellen Spitzen den Begriff Produktion verwenden. Der Unterschied von Ausbeutern und Ausgebeuteten tritt nicht so in Erscheinung, daß er den Ausgebeuteten Solidarität als ihre ultima ratio vor Augen stellte: Konformität ist ihnen rationaler. Die Zugehörigkeit zur gleichen Klasse setzt längst nicht in Gleichheit des Interesses und der Aktion sich um.
13.07.2012 16:25 Uhr
Zitat:
Die bürgerliche Gesellschaft geschichtsphilosophisch verklärst als Durchgangsstadium zu ihrer notwendigen Aufhebung.


... tu' ich nicht. Ich sehe lediglich ihre Möglichkeiten und Potentiale, die sie anderen Gesellschaftsformen durchaus voraus hat.

Geschichtsphilosophische Verklärung und das Behaupten einer "notwendigen" Aufhebung wäre ja eine Reminiszenz an den historischen Materialismus. Igitt, da hüte ich mich doch!
13.07.2012 17:10 Uhr
Zitat:
Zitat:
b) Die bürgerliche Gesellschaft geschichtsphilosophisch verklärst als Durchgangsstadium zu ihrer notwendigen Aufhebung. D.h. du würdest die bürgerliche Gesellschaft verteidigen.


D'accord. :-)


Ich möchte nochmal die Gelegenheit ergreifen mein "D'accord" etwas zu spezifizieren.
Selbstredend ist die bürgerliche Gesellschaft ein notwendiges Durchgangsstadium mitsamt der bürgerlichen den Gebrauch der eigenen Vernunft aktivierenden Aufklärung. Nur ihre Aufhebung ist eben keine Notwendigkeit im Sinne einer teleologischen Bestimmung, weswegen die bürgerliche Gesellschaft (selbst in irgendwelchen sie abstrakt vervollkommenden Vorstellungen) eben auch nicht das Ende der Geschichte sein darf.
13.07.2012 17:17 Uhr
@ yoda:

Zitat:
ein notwendiges Durchgangsstadium mitsamt der bürgerlichen den Gebrach der eigenen Vernunft aktivierenden Aufklärung. Nur ihre Aufhebung ist eben keine Notwendigkeit im Sinne einer teleologischen Bestimmung


Never meant anything else. ;-)
13.07.2012 17:30 Uhr
@Delarue

Zitat:
Zitat:
ein notwendiges Durchgangsstadium mitsamt der bürgerlichen den Gebrach der eigenen Vernunft aktivierenden Aufklärung. Nur ihre Aufhebung ist eben keine Notwendigkeit im Sinne einer teleologischen Bestimmung


Never meant anything else. ;-)


Diese "Aktivierung der Vernunft", wie ich es genannt habe, ist aber nur als instrumentelle Vernunft in der bürgerlichen Subjektform verwirklicht. Jede Vervollkommnung im Sinne eines fortschrittlichen "auf dem Wege seins", wie du es nanntest, wäre immer nur eine Vervollkommnung dieser instrumentellen Vernunft.
Die Anwendung der reflexiven die Widersprüchlichkeit der eigenen Existenz innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft transzendierenden Vernunft wäre stets immer nur als eine gegen die bürgerliche Subjektform gerichtete subversiv-kritische denkbar.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 13.07.2012 19:30 Uhr. Frühere Versionen ansehen
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