Thema: Aus der SII: Zum Tod von Hugo ChavezNeuer Beitrag
Von: Parenthèse Das Volk 17.03.2013 19:08 Uhr
PFFFT, geht leider auf meine Einladung ins neue Forum nicht ein ...
Von: Irre Das Volk 16.03.2013 22:23 Uhr
Beiderseits ideologisiertes Schattenboxen ...
Von: Parenthèse Das Volk 15.03.2013 13:33 Uhr
Ich habe die Diskussion in das neue Forum für alle verlagert und würde mich freuen wenn ihr den Link dorthin nutzt und dort weiter deabttiert:

http://www.dol2day.com/index.php3?thread_id=293709&position=2221&referrer=2220&koalition_id=&ini_id=4242#
Von: Albert Jerska iGeL 15.03.2013 12:32 Uhr
Ob die IDL genauso kritisch mit dem Möllemannschen Antisemitismus umgeht?
Von: Demirtas (LinkerSozi) Das Volk 14.03.2013 23:47 Uhr
@Knox

Respekt, da habt ihr euch diesmal ja echt Mühe gegeben.
Schön das es nun die Möglichkeit gibt das Thema inhaltlich und auf hohem Niveau zu debatieren. Eine Bereicherung für dol2day, wenn man sieht wie sehr das Forum zwischenzeitlich eingeschlafen war. (Gerade was kontroverse politische Debatten betrifft)
Von: Parenthèse Das Volk 14.03.2013 20:57 Uhr
Ich erlaube mir, die Antwort hier zu zitieren, dann sind die Texte beieinander:

"Kritik der Kritik und Antwort
Die IDL zum Startseitentext der SII

Es ist grotesk und paradox, wenn (freie) Demokraten jene, die sich Linke nennen, Lob und Anerkennung aussprechen. Doch zuweilen mag auch dieser seltene Vorgang seine Berechtigung haben. Denn auch (freie) Demokraten sind nicht frei von Vorurteilen und auch der gemeine Liberale ist nur ein Mensch mit all seinen Stärken und Schwächen. Dies haben die Freunde der SII in ihrer „Antwort an die IDL“ zum Tode von Hugo Rafael Chávez Frías, zutreffend erkannt und benannt. Sie haben zutreffend erkannt und benannt, dass wir (freien) Demokraten, pauschal „jeden Sozialismusversuch in Bausch und Bogen ablehnen“.

Umso erstaunlicher bleibt die Entrüstung und Verwunderung über diese Haltung von uns (freien) Demokraten, auch und gerade im Bezug auf Hugo Rafael Chávez Frías. Unser zynischer Nachruf war sowohl eine Stellungnahme der IDL als auch eine bewusste Provokation der braunen und roten Sozialisten, die bei dieser Thematik eine perfide Querfront bilden. Und die genötigte Stellungnahme der SII bestätigt unsere Haltung: Die Linke hat ein „bemerkenswertes“ Verständnis von Demokratie und Kritik. Die Bemühung eine „objektive“ Stellungnahme zu verfassen erkennen wir an – alleine an der Umsetzung scheitert die SII grandios. Wir (freien) Demokraten haben nicht vergessen, was die Linke in diesem Text leugnet oder zynisch darstellt. Es ist bezeichnend, dass sich die Kritik auf zwei Punkte beschränkt: Kriminalitätsbekämpfung und das Verhältnis zum Iran. Die Lobpreisungen für Hugo Rafael Chávez Frías und die Huldigungen seiner „demokratischen“ Errungenschaften stellen die äußerst verkürzte und leugnerische Kritik förmlich in den Schatten.

Es erschaudert ein jeder (freier) Demokrat, wenn er lesen muss, wie lapidar und zynisch die SII die ökonomischen Zustände in Venezuela umschreibt oder leugnet. Im Bewusstsein der mangelnden Akzeptanz für Privateigentum und Unternehmertum verwundern uns die Aussagen der Linken nicht. Doch bleibt die Frage, wie eine vermeidlich humanistische Bewegung, wie sich der Sozialismus zu gerne selbst preist, die ökonomisch verheerenden Zustände in Venezuela so verklären kann? Die enormen Rohstoffvorkommen garantierten Verbesserungen, können aber nicht über die fehlende Geldwertstabilität und die exorbitante Inflationsrate von ungefähren 36,5 % hinwegtäuschen. Auch die Bekämpfung von Armut scheint mehr Propaganda als Realität zu sein. Denn trotz der gigantischen Ölvorkommen und gerade wegen den willkürlichen Enteignungsorgien leben weiterhin 1/3 der Bevölkerung in Armut, die sozialistische Misswirtschaft verursachte eine Lebensmittelknappheit, die Arbeitslosigkeit stieg rasant an, die Produktivität hat sich erheblich verschlechtert und man steckte bis Ende 2010 in einer tiefen Rezession. Das ist eine wirtschaftspolitische Bankrotterklärung.

Doch neben dem fehlenden Verständnis für Ökonomie erschüttert uns vielmehr das inakzeptable Demokratieverständnis einer selbsternannten demokratischen Partei wie der SII. Es ist perfide von Demokratie zu sprechen und es alleine mit Plebisziten und Parlamentswahlen zu begründen, wenn gleichzeitig systematisch die unveräußerlichen Menschenrechte in Venezuela missachtet werden. Wenn man in der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit der Menschenrechtsorganisation „Reporters sans frontières“ auf Platz 133 von 178 verweilt, ist es wahrlich zynisch von Demokratie zu sprechen. Wenn man alleine am 01. August 2009 genau 34 verschiedene Medienanstalten schließt und gleichzeitig die Mediengesetzgebung umfangreich verschärft (seit dem droht jedem Journalisten und Verleger eine Haftstrafe zwischen zwei und vier Jahren, wenn sie „öffentliche Panik“ verbreiten oder „die Sicherheit der Nation“ gefährden), kann man da noch die unfreien Zustände leugnen? Die SII kann es mit Bravour. Es wird nicht einmal im Ansatz dieser elementare, inakzeptable und demokratieverachtende Aspekt erwähnt. Das ist einer demokratischen Partei unwürdig.

Es ist somit wenig verwunderlich, dass sich selbst in der Kritik auf Seiten der SII gegenüber Hugo Rafael Chávez Frías etliche, wichtige Aspekte geleugnet werden. Die Beziehung und Kooperation mit der iranischen Administration wird von ihnen zu Recht scharf kritisiert. Doch wird nicht Hugo Rafael Chávez Frías angesprochen, mehr wird die Haltung des Irans kritisch betrachtet. Der antisemitische Grundton seiner Gesamtpolitik und seine Verbindungen zu weiteren Despoten wie Lukaschenko, Castro, al-Assad oder al-Gaddafi wird, wie bei der Pressefreiheit, mit keiner Silbe oder nur unzureichend erwähnt. Kein Wort über die Weihnachtsansprache 2005 des Comandante, als Hugo Rafael Chávez Frías von einer jüdischen Weltverschwörung spricht, kein Wort über die staatlich propagieren Theorien einer angeblichen amerikanisch-zionistische Verschwörung, kein Wort über die Plünderung einer Synagoge oder den Sprengstoffanschlag am jüdischen Gemeindezentrum in Caracas. „Israel verübt an den Libanesen dieselben Handlungen, wie sie Hitler an den Juden verübt hat – die Ermordung von Kindern und Hunderten unschuldigen Zivilisten“ oder die Aussage, dass Israel einen „Holocaust am palästinensischen Volk“ verübt – alles bleibt von der SII unerwähnt. Das Hugo Rafael Chávez Frías mehr mit dem Iran verbindet, als die bloße Abneigung gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika möchten sie weder erkennen noch erwähnen.

Es gibt noch viele, weitere Beispiele für die autoritäre Staatsführung und antisemitische Gesinnung eines Hugo Rafael Chávez Frías (z.B. die Tasco-Liste, unberechtigte Strafzahlungen von 2.1 Millionen US-Dollar für Globvision, die Buchempfehlung der „Protokolle der Weisen von Zion“ über den staatlichen Radiosender NVR, die Ausweisung von Human Right Watch-Mitarbeitern, der Fall Uson oder das Regierung durch ein Ermächtigungsgesetz) , selbstredend würde es den Rahmen dessen Sprengen, welche Widmung ein solcher Despot verdient hat. Doch was unsere Freunde der SII betrifft, haben wir erhebliche Bedenken, welches Verständnis sie eigentlich von Menschenrechte und Demokratie haben. Es ist unredlich, zynisch und fast schon pervers, wie man hier versucht die IDL zu diskreditieren und einen Diktator wie Hugo Rafael Chávez Frías zu heiligen. Wer eine solche Propaganda schreibt und veröffentlich, kann sich weder Demokrat nennen noch zur Demokratie bekennen. Die SII hat eindrucksvoll und mit Nachdruck bewiesen, dass Demokratie und Sozialismus einander widersprechen – immer und überall. Und das, obwohl die vermeidlich "gemäßigten" Linken in der SII diesen Text verfasst haben. Das gibt uns sehr zu bedenken. Mit keiner Silbe werden wir, die IDL, unseren zynischen Nachruf revidieren, relativieren oder korrigieren."
Von: Road to Knox (still radical) Das Volk 14.03.2013 10:03 Uhr
Die IDL hat eine Stellungnahme zu eurem Text verfasst. Zu finden auf unserer Startseite.
Von: Demirtas (LinkerSozi) Das Volk 13.03.2013 09:13 Uhr
Die Frage ob und inwieweit Chavez Politik auch nationalistisch gewesen sein mag, wäre natürlich durchaus interessant zu diskutieren. Ich denke dies lässt sich gar nicht leicht beantworten.
Wobei nationalistisch im Europäischen Kontext (gerade im heutigen Kontext) denke ich hier eher nicht passend wäre, weil gerade unter Chavez die Minderheitenrechte z.B. der indigenenen Bevölkerung und die Gleichstellung von Indio-Sprachen mit dem Spanischen vorangebracht wurde, was ja eher das Gegenteil dessen ist.
Außenpolitisch ist es streitbarer, auf der einen gibt es eine extrem "selbstbewusste" Außenpolitik die dann auch anfällig für Fehler war, auf der anderen spricht ja das Besteben einer politischen Einigung und Inner-Lateinamerikanischen Harmonie eher gegen ein nationalistisches Abschottungsprinzip.
Von: Wiolant (Bimbiss) Das Volk 13.03.2013 08:47 Uhr
Passt schon, aber die Kritik kommt zu kurz: das nationalistische Prinzip muss viel stärker im Fokus der Kritik stehen, nicht die Kriminalität. Und Antiamerikanismus als politisches Prinzip birgt stets die Gefahr eines dahinter versteckten latenten Antisemitismus - vielleicht auich das ein Bindeglied zum Iran?
Von: Parenthèse Das Volk 12.03.2013 17:27 Uhr
10.März 2013SII

Zum Tod von Hugo Chavez - Ein Nachruf - und eine Antwort an die IDL- von LinkerSozi, Reim-und-Klang

Die SII ist bekanntlich eine lebendige, diskutierende und plurale linke Partei. Es gibt also auch in der Frage der Bewertung des politischen Wirkens von Hugo Chavez intern durchaus Diskussionen, unterschiedliche Akzentierungen und Ansätze. Deshalb ist dieser Text eine Meinungsäußerung aus der SII, die nicht den Anspruch erhebt, die Meinung aller Mitglieder der Partei auszudrücken.

Bei dol2day hat bereits die IDL ihre Meinung zum Tode des venezolanischen Präsidenten kundgetan. Als Pendant zur FDP muss sie jeden Sozialismusversuch in Bausch und Bogen ablehnen. Vom politischen Stil her völlig verfehlt ist die zynische Freude über den Tod: - "Am 05.03.2013, fand dieses Trauerspiel in Caracas endlich (s)ein Ende. Eine weitere unrühmliche Karriere der proletarischen Schauspielkunst erlag allen irdischen. Es hat sich für Hugo Rafael Chávez Frías endgültig ausgespielt."-

Der Tod ist es etwas, was man selbst dem politischen Gegner nicht wünschen sollte, da auch immer ein Mensch dahinter steht. Wir haben hingegen mit Bedauern und Betroffenheit vom Tode des langjährigen Venezolanischen Präsidenten "Comandante" Hugo Chavez erfahren. Er erlag einem längeren Krebsleiden. Nach mehreren Behandlungen schien er zwischenzeitlich auf dem Weg der Besserung, sodass die Nachricht von seinem Tod viele Menschen doch unvorbereitet traf.

Als linke Partei, nicht nur der deutschen Linken, sondern der Linken weltweit solidarisch, wenn auch nicht unkritisch, gegenüberstehend, kann diese Nachricht daher weder uns noch unser RL-Pendant "kalt" lassen. Klar ist natürlich, dass dies hauptsächlich aber die Linke Südamerikas trifft, denn sein Tod hinterlässt ein politisches Vakuum in Venezuela. Sein Stellvertreter Maduro wird nun die Amtsgeschäfte weiterführen.

Es ist nicht auszuschließen, dass Teile der Opposition versuchen werden, dieses Vakuum zu nutzen, gleichwohl dürfte ein erneuter Putschversuch derzeit nicht zu befürchten sein, da eine breite Mehrheit der Bevölkerung Venezuelas hinter dem Kurs von Hugo Chavez und der Bolivarischen Revolution stand und steht. Auch scheint die Gefahr eines Putsches derzeit eher gering, da die USA unter ihrem derzeitigen Präsidenten Obama weniger Ambitionen haben dürften, sich so massiv in die Belange Lateinamerikas einzumischen. Dies war bei weitem nicht immer so - und manchem "Falken" aus der politischen Szene der Vereinigten Staaten schwebt weiter eine zur Not auch gewaltsame Restauration alter Verhältnisse in Venzuela vor.

Chavez politisches Wirken war aus linker Sicht interessant und sorgte nicht zuletzt aufgrund seiner Komplexität und der Individualität seiner Standpunkte für lebendige innerlinke Diskussionen. Vor allem lässt sich sein Weltbild nicht als dogmatisch geschlossen in eine Schublade sortieren. Er war Linker, er war Sozialist, gleichzeitig aber auch ein sehr gläubiger Katholik. Er vertrat auch in vielen Fragen eher Ansichten, die man heute in europäischen Ländern eher im rechten Flügel der konservativen Parteien verorten würde: so sprach Chavez von Heimat, Nation und dem venezolanischen Vaterland.

Sein Sozialismuskonzept war recht fern von Dogmen. Bei aller Ablehnung von Ausbeutung, Großbesitz und Konzern-Monopolen war Chavez stets um ein gutes Verhältnis zum venezolanischen Mittelstand bemüht. Demokratiepolitisch war insbesondere lobenswert, dass er sich nicht nur einfach in demokratischen Wahlen bestätigen ließ, sondern die Bevölkerung über Volksentscheide und Plebiszite in den Prozess der Bolivarischen Revolution einband. So konnte die Bevölkerung aktiv den politischen Kurs des Landes mitgestalten. Was eben mit einschließt, dass die Bevölkerung auch eine geplante Verfassungsänderung von Chavez mehrheitlich zu Fall brachte, die einen weiterreichenden Sozialisierungskatalog vorsah.

Auch die Vergesellschaftung großer strukturbestimmender Monopole, eine gerechte Verteilung der Einnahmen aus dem Erdölgeschäft an breite Teile der Bevölkerung, eine aktive Armutsbekämpfung - und damit Verbunden eine drastische Reduzierung der Armutsrate - sowie der erfolgreiche Kampf gegen den Analphabetismus gehören zu den Verdiensten von Hugo Chavez. Dies erklärt natürlich auch seine große Popularität unter großen Teilen der Bevölkerung. Vor allem aber zeigt sein Sozialismusversuch - wie auch der Salvador Allendes seinerzeit in Chile oder Alexander Dubceks Reformen des Prager Frühlings - dass Sozialismus und Demokratie eben keine Gegensätze sind, wie manch einer gebetsmühlenartig behauptet. Es wäre wünschenswert, wenn auch Kuba mehr und mehr den Weg eines demokratischen Sozialismus einschlägt. Die Potenziale dafür sind durchaus vorhanden, der "demokratische" Zentralismus und Einparteiensysteme sind von gestern und können für Linke kein gangbarer Weg sein.

Aber nun zur Kritik! Chavez ist wie jeder Mensch nicht fehlerfrei gewesen. Eine kritiklose Glorifizierung von Persönlichkeiten passt nicht zu demokratisch-sozialistischen Überzeugungen.

Zunächst einmal hat es seine Regierung leider nicht vermocht, die hohe Kriminalitätsrate des Landes einzudämmen und in den Griff zu kriegen (die immerhin einer der höchsten der Welt ist). Chavez außenpolitisches Prinzip ließ sich leider allzu oft von der Parole leiten: der Feind meines Feindes ist mein Freund. Dies greift für einen linken Politiker zu kurz, Bündnispartner sollte man auch auf inhaltliche Übereinstimmung abklopfen. Und so vertritt z.b. der iranische Präsident viele Standpunkte, die mit linken unvereinbar sind, wie zum Beispiel Diskriminierung von Frauen, Befürwortung der Todesstrafe oder eine sehr einseitige Positionierung im Nahostkonflikt. Nun ist kaum davon auszugehen, dass Chavez politisch mit dem iranischen Präsidenten auf einer Wellenlänge lag, vielmehr verband beide die Ablehnung der Politik der USA, übrigens im Falle Venezeuelas und Lateinamerikas geschichtlich gesehen höchst nachvollziehbar. Nichtsdestotrotz ist dies natürlich auch eine Frage des politischen Prinzips.

Es bleibt abschließend nur noch zu sagen:

Ruhe in Frieden, Hugo Chavez!